1743 - Die Templer-Gruft
Das kleine Café lag im Schatten der mächtigen Stadtmauern von Carcassonne, dieser historischen Stadt, in der der Einfluss der alten Templer noch immer zu spüren war.
Die Sonne eines Spätsommertags vergoldete vieles. Sie ließ die Laune der zahlreichen Menschen – Einwohner und viele Touristen – steigen. Diese Umgebung brachte ihn nicht so durcheinander wie das Foto, zu dem Godwin langsam seinen Kopf hinsenkte.
»Sie sagen ja nichts, Monsieur.«
Godwin atmete tief durch. »Pardon, aber ich muss erst nachdenken. Das Foto hat mich doch aufgewühlt.« Er zuckte mit den Schultern und schaute seinen Besucher an.
Viel wusste er nicht von ihm. Er hatte sich ihm als Henri Graham vorgestellt. Ein ungewöhnlicher Name, der auf einen Franzosen, aber auch auf einen Briten hinwies. Der Mann hatte sich unbedingt mit Godwin treffen wollen. Er war um die vierzig Jahre, und seine Haarfarbe bestand aus zwei Teilen. Zum einen waren die Haare angegraut, zum anderen zeigten sie rötliche Strähnen, wobei Godwin glaubte, dass diese nicht eingefärbt worden waren. Über sich hatte der Mann nicht viel erzählt, der so locker dem Templer gegenübersaß.
Helle Jeans, eine beige Jacke, Sneakers an den Füßen, ein dunkelblaues T-Shirt, so machte er den Eindruck eines Touristen, der sich die Stadt anschaute.
»Und?«
Godwin de Salier runzelte die Stirn. »Ich bin wirklich überrascht«, gab er zu.
»Das habe ich mir gedacht.«
Der Templer nahm das Bild an sich und betrachtete es genau. Es war kein schönes Foto, das man Kindern gezeigt hätte. Es konnte in einer Höhle aufgenommen worden sein, musste aber nicht. Im Vordergrund war kein Boden mehr zu sehen, weil er von zahlreichen Schädeln bedeckt war, die dicht an dicht lagen. Auch steckten Schwerter oder Streitäxte zwischen ihnen, die hier jedoch wie das Zeichen einer furchtbaren Niederlage wirkten.
Das alles hätte den Templer nicht so fasziniert. Es ging um etwas anderes, das ihn geschockt hatte. Und das malte sich im Hintergrund ab.
Es war eine Rüstung. Ein Panzer für den Oberkörper. Aber nicht nur eine gewöhnliche Rüstung, denn diese bestand aus Gold. Sie stand dort wie ein Fanal, und im Gegensatz zu den zahlreichen Schädeln strahlte sie einen Glanz ab, der den Betrachter blendete. Man konnte auch sagen, dass sie wie eine Sonne leuchtete. Die Rüstung war nicht nur ein Brustpanzer. Sie schützte auch die Schultern und einen kleinen Teil der Oberarme.
»Und?«, flüsterte Graham.
Godwin nickte. »Ich hätte es nicht für möglich gehalten. Aber wenn das Foto echt ist, dann...«
»Es ist echt!«, unterbrach Graham ihn.
Godwin sprach weiter. »Okay, wenn es also echt ist, dann muss es die Templer-Gruft sein.«
Henri Grahams Lippen zogen sich in die Breite. »Sie haben es erfasst. Es ist die Templer-Gruft.«
»Und Sie haben es geschafft, sie zu fotografieren.«
Graham lächelte weiter. Dabei trank er sein Glas leer, in dem sich Wasser befunden hatte. »Wer sagt Ihnen denn, dass ich sie fotografiert habe?«
»Nicht?«
»Nun ja – möglich.«
Godwin hasste es, hingehalten zu werden. In diesem Fall saß der Mann am längeren Hebel. Da konnte er nichts machen. Aber er kannte die Geschichte, die das Bild zeigte.
Es ging um den Tod zahlreicher Templer. Sie waren vor Jahrhunderten in eine Falle gelockt worden. Ihre Feinde hatten keine Gnade gekannt und die Ritter bis zum letzten Mann niedergemetzelt. Man hatte sie in eine Gruft geworfen, in ein Massengrab, und so war der Name Templer-Gruft entstanden.
Über Jahrhunderte war dieser Begriff immer wieder mal aufgetaucht. Es gab Beschreibungen des Ortes, die irgendwelche Unbekannte hinterlassen hatten, doch in allen Beschreibungen war diese goldene Rüstung erwähnt worden, die den Mittelpunkt der Gruft bildete.
Dass es ein Foto von ihr geben würde, das hatte Godwin nicht für möglich gehalten. Jetzt sah er es, und er ging davon aus, dass es keine Fälschung war.
Graham schien Gedanken lesen zu können, denn er fragte: »Denken Sie darüber nach, ob es eine Fälschung sein könnte?«
»In der Tat.«
Henri Graham schüttelte den Kopf. »Das ist es aber nicht, ja, das schwöre ich Ihnen.«
»Gut, ich akzeptiere es, Monsieur Graham. Aber wo ist diese Aufnahme geschossen worden?«
Plötzlich fing Graham an zu lachen. Er legte dabei den Kopf in den Nacken und streckte die Hände in die Luft. »Bitte, Monsieur de Salier, Sie glauben doch nicht, dass ich Ihnen mein Wissen so mir nichts dir nichts
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