1496 - Keltenzauber
eine verdammte Angst, denn ich weiß, dass ich dir nicht helfen kann. Du hast dir den Verkehrten geholt, glaub es mir.«
»Nein, das glaube ich nicht.«
»Was soll ich denn tun?« schrie Johnny.
»Uns den Weg öffnen.«
Johnny hätte beinahe gelacht. Nur mit großer Mühe konnte er es unterdrücken.
Er fragte: »Und wohin soll ich euch bringen?«
»Nach Avalon…«
***
Jetzt war es gesagt worden, und Johnny Conolly stand da, ohne etwas erwidern zu können. Erneut durchrasten Gedankenfetzen seinen Kopf, und sie blieben immer wieder bei dem Namen Avalon hängen.
Die Nebelinsel, die Insel der Äpfel, die Heimat King Arthurs und der Ritter der Tafelrunde, die auf der geheimnisvollen Insel ihre letzten Ruhestätten gefunden hatten. Das alles war Johnny bekannt, aber er hätte nie gedacht, dass einmal dieser Wunsch an ihn herangetragen würde, und deshalb fühlte er sich wie vor den Kopf geschlagen.
Zwar stand er mit beiden Beinen auf dem Boden, doch er hatte das Gefühl, als ob er darüber schweben würde. Es dauerte seine Zeit, bis er sich wieder gefangen hatte und seine Augen wieder die normale Größe hatten.
Er wiederholte den Namen der Insel stockend. Er sah auch das Nicken der Keltin und schüttelte den Kopf.
»Du willst nicht?«
»Ich kann nicht, verdammt!«
Myrna nickte. »Aber du weißt, dass dieses Tor der Weg nach Avalon ist?«
Es hatte keinen Sinn, wenn Johnny log, und deshalb sagte er auch die Wahrheit.
»Ja, das ist mir bekannt.«
»Sehr gut, dann habe ich auf den Richtigen gesetzt. Bisher war Dagda und mir der Weg versperrt. Man wollte uns nicht haben, aber es ist unser Wunsch, die Insel zu erreichen, und genau den wirst du uns erfüllen. Wir haben lange genug gewartet und einige Male den richtigen Zeitpunkt verpasst. Jetzt aber halte ich ihn für gekommen.«
Johnny konnte nicht begreifen, dass es Myrna so ernst war. Er sah sie als mächtig an, und deshalb wunderte er sich, dass sie es noch nicht geschafft hatte, die Insel der Äpfel zu erreichen.
»Wie kommst du darauf, dass ich es schaffen könnte? Ich habe mit Avalon nichts zu tun.«
»Warum lügst du?«
»Ich lüge nicht!«
»Doch!«
»Nein!« Johnny war von seiner Antwort voll und ganz überzeugt.
Er wollte Myrna nicht belügen, er meinte es ehrlich, aber er traf auf taube Ohren.
»Ich glaube dir nicht. Ich kann dir nicht glauben, verflucht. Es ist anders.«
Johnny hob nur die Schultern. Er wusste nicht, was er noch sagen sollte. Es war einfach zu schrill, was er hier erlebte.
Die Augen der Keltin hatten wieder diesen bösen Blick angenommen, der Johnny fast durchbohrte.
»Wie sollte ich denn…«
»Hör jetzt auf! Es ist genug geredet worden. Ich werde dir noch einmal auf den Weg helfen.«
»Und dann?«
»Du kennst ihn. Du weißt Bescheid, denn aus Avalon wird dir jemand zur Seite stehen. Eine Person, die dort lebt und deren Existenz du nicht anzweifeln kannst.«
Genau in diesem Moment fiel es Johnny wie Schuppen von den Augen. Er hatte das Gefühl, in einem Karussell zu sitzen, aber er wusste Bescheid, und sie wusste es auch.
»Nadine Berger«, flüsterte er.
»Genau die!«
Nach dieser Bestätigung wusste Johnny Conolly, welchen Weg er einschlagen sollte. Er war noch so geschockt, dass er zunächst mal schwieg und nur die Lippen zusammenpresste. Automatisch schüttelte er den Kopf, was Myrna nicht gefiel, denn sie fuhr ihn an.
»Keine Lügen mehr!«
»Ist schon klar. Es war auch vorher keine Lüge. Ich hatte nur nicht an Nadine gedacht, bestimmt nicht.«
»Dann kennst du sie näher?«
»Ja, sie und ihr Schicksal, das sich auf der Insel der Äpfel erfüllt hat. Dort ist ihre Heimat. Da fühlte sich Nadine wohl. Avalon hat sie akzeptiert.«
»Siehst du? Da kommen wir uns schon näher, mein Freund. Eine Nadine Berger wird dich nie im Stich lassen. Das hat sie doch schon immer so gehalten. Auch in den Zeiten, als sie kein Mensch mehr gewesen war, sondern eine Wölfin mit menschlicher Seele und menschlichen Augen. Da ist sie auch an deiner Seite gewesen und hat dich beschützt.«
»Du kennst dich gut aus«, flüsterte Johnny, »Verdammt gut sogar.«
»Ja, ich lebe oder existiere schon lange genug in dieser Welt. Ich habe schauen können, und ich habe stets einen Weg gesucht, um auf die Insel zu gelangen.«
»Hat man dich nicht hineingelassen?«
»So ist es.«
»Warum nicht?« Johnny hatte seine eigene Lage irgendwie vergessen. Plötzlich waren die anderen Dinge wichtiger geworden. Er spürte das Klopfen seines
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