15 - Im Schatten des Grossherrn 04 - In den Schluchten des Balkan
Paß auf! So!“
Und sie nahm mir den Kürbis aus der Hand, um einen langen, langsamen, schlürfenden Zug zu tun. Dabei machte sie ein Gesicht, als ob sie den Extrakt des himmlischen Nektars trinke.
Es kam mir dabei der Gedanke an den entsetzlichen Kumis, den ich in der Kirgisensteppe getrunken hatte. Bei den ersten Versuchen hätte ich in Ohnmacht fallen mögen. Man riet mir, beim Trinken die Nase zuzuhalten, und in der Befolgung dieses guten Rates war es mir wirklich gelungen, diesen mephitischen Trank später ohne Abscheu zu genießen.
Dieser Most hier in Dschnibaschlü war jedenfalls ein weit schlimmeres Kunstprodukt; da ich mich aber stets eines ausgezeichneten Magens erfreut habe, blieb der Mordversuch der schönen Bäckers- und Färberstochter ohne alle Folgen.
Als sie nun den Kürbis zur Erde setzte, kam ein alter, dreifarbiger Kater, welcher bisher in einer Ecke gelegen hatte, herbei, tauchte rekognoszierend den Schnurrbart in den Most, schüttelte bedenklich den Kopf, begann aber doch zu lecken, erst leise und mißtrauisch, dann aber mit sichtbarem Behagen.
„Kätschük kedi-im itsch; aschyk-üm, tatlylyk-üm, benim, dschanymlyk, itsch, itsch, itsch – trink, mein Kätzchen; sauf, sauf, sauf, meine Süße, meine Teure!“ sagte die Türkin, indem sie das Tier streichelte.
„Halt, halt!“ rief ich, und zwar so laut, daß sie ganz erschrocken emporfuhr.
„Was ist's? Warum rufst du so?“ fragte sie.
„Laß deinen Liebling doch nicht von diesem Most trinken!“
„Warum nicht?“
„Er wird das Bauchgrimmen bekommen, vor welchem du mich gewarnt hast?“
„O nein! Er ist den Most gewöhnt.“
„Ah, er trinkt den Most öfters?“
„Ja.“
„Aus diesem Kürbis?“
„Ja. Er trinkt ihn sehr gern; er hat erst vorhin daraus getrunken, der Gute, der Liebe.“
Also auch das noch! Erst hatte der ‚Liebling‘ getrunken, dann ich, dann sie! Und dazu die unübertreffliche Unbefangenheit, mit welcher sie mir das sagte! O Ikbala, wie wenig bist du doch von den guten Sitten des westlicheren Europa übertüncht!
Ich hätte recht zornig werden mögen, brachte aber im Gegenteil, aller Rachsucht bar, das Gespräch auf den Gegenstand, welcher ihr jedenfalls der allerliebste war:
„Trinkt Ali, der Sahaf, auch zuweilen von dem Most?“
Als ich diese Frage in aller Gleichmütigkeit aussprach, blickte sie mich überrascht an.
„Herr, kennst du den Sahaf?“ fragte sie.
„Ja, ich kenne ihn.“
„Wo hast du ihn kennengelernt?“
„Auf dem Weg von Koschikawak hierher, und zwar heute, vor ungefähr zwei Stunden.“
„Hat er von mir gesprochen?“
„Ja. Ich soll dir einen Gruß von ihm sagen.“
„So hat er dir gesagt, daß er mich liebt?“
„Das hat er gesagt und auch noch etwas.“
„Was denn?“
„Daß du ihn ebenso liebst.“
„Ja, das ist wahr. Wir lieben uns von ganzem Herzen. Er ist um meinetwegen aus Arabien zurückgekehrt.“
„Und soll doch nicht mit dir sprechen!“
„Leider! Der Vater will es nicht.“
„Aber deine Mutter ist der Schutzgeist, welcher euch umschwebt.“
„Ach ja! Hätten wir diese nicht, so wäre unser Herzeleid so groß wie das höchste Minarett im ganzen Reich des Beherrschers aller Gläubigen. Wir würden uns töten, entweder durch Rattengift, oder durch Ersäufen, da wo das Wasser am tiefsten ist.“
„Du meinst draußen im fließenden Wasser?“
„Ja, das meine ich.“
„Aber, sagtest du nicht, daß sich dort Frösche und Kröten befinden, so groß und so dick wie ein Igel?“
„Ja. Und das ist wahr. Aber wir würden uns eine Stelle suchen, wo sich keine Frösche befinden.“
„Und woher würdet ihr das Gift bekommen?“
„Ali würde nach Mastanly reiten. Dort gibt es zwei Apotheker, welche alle Gifte haben.“
„Vielleicht ist es nicht nötig, daß ihr in das Wasser oder in die Apotheke geht. Dein Vater wird wohl noch freundlicher gesinnt gegen Ali werden.“
„O nein! Mosklan gibt das nicht zu.“
„Wer ist dieser Mosklan?“
„Er handelt mit Pferden und tut auch noch allerlei anderes. Doch du kennst ihn nicht. Ich soll zur Ehe mit ihm gezwungen werden.“
„Ich weiß es.“
„Hat Ali es dir erzählt?“
„Ja. Führt dieser Mann nicht noch andere Namen?“
Sie zögerte mit der Antwort.
„Du kannst aufrichtig mit mir sein; ich meine es sehr gut mit dir“, bemerkte ich.
„Nein, er führt keinen andern Namen“, sagte sie.
„Das sagst du aus Angst vor ihm und vor deinem Vater!“
„O nein! Ich weiß von
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