1514 - Zombie-Dämmerung
zulassen konnte. Sie hatten vor, meine Lieblinge zu verbrennen. Dazu ist es aber nicht mehr gekommen. Sie schienen mich vergessen zu haben, aber ich habe sie nicht vergessen. Meine Zombies gibt es nicht mehr in dieser Form. Ich habe sie dem Spuk geopfert. Er hat ihre Seelen an sich reißen können, und aus Dankbarkeit bekomme ich seine Hilfe, denn seine Existenz und seine Welt sind zugleich ein Schutz für mich.«
»Und wie soll das aussehen?«
Aus der Dunkelheit erreichte mich sein Lachen. »Es ist ganz einfach. Ich weiß, dass man sich wieder an mich erinnert hat. Da ist ja schon eine Frau in Ratursk erschienen. Ich habe sie gewarnt, ich habe sie sogar laufen lassen, aber sie hat nicht auf mich gehört und ist zurückgekommen - zusammen mit dir. Und so habe ich euch in den Opferkreis meiner Rache aufgenommen.«
»Ja, das habe ich mir gedacht. Und du hast vor, uns zu vernichten wie deine Zombies.«
»Ja, ich will euch als Skelette sehen, und es hätte schon längst passieren müssen…«
»Und warum ist es nicht passiert?«
»Weil ich noch nicht weiß, wer du bist.«
Es war bisher eine recht schlichte Unterhaltung gewesen, und so hatte ich meine Antworten auch in einem gebrochenen Russisch geben können. Diesmal nannte ich meinen Namen.
»John Sinclair heiße ich.«
»Ich kenne dich.«
»Wer hat ihn dir denn mitgeteilt? Es kann nur der Spuk gewesen sein.«
»Mein Herr und Meister.«
»Und was will er genau?«
»Mir ist er dankbar.«
»Und was hat er mit mir vor?«
»Das weiß ich nicht. Er gibt mir nur Rückendeckung. Er will dich vernichtet sehen, und das überlässt er mir. Ich darf dich unter seinem Schutz umbringen.«
»Deshalb bist du also hier?«
»Genau.«
»Und welches Ende habe ich zu erwarten?«
»Es wird dir nicht gefallen. Es kann keinem Menschen gefallen, das sage ich dir. Du wirst langsam sterben. Dir wird zuerst die Haut abfallen, und dabei wirst du noch bei Bewusstsein sein. Die Zombies haben nicht geschrien, sie konnten es nicht, denn sie besaßen keine Gefühle. Du aber wirst schreien, denn du bist ein Mensch, und Menschen haben nun mal Gefühle.«
»Dann versuch es!«
Ich hatte ihn bewusst provoziert. Ich zog keine Waffe, denn in dieser Finsternis war er geschützt. Aber für mich gab es noch eine andere Waffe, und die hatte ich noch nicht eingesetzt.
»Ja, ich bin bei dir«, sagte Kolew.
»Dann zeig dich!«
»Nein, wozu soll ich das? Ich stehe in deiner Nähe, ich bin dicht vor dir, und wenn du gleich meine Macht spürst, wirst du eine Folter erleben, wie du sie dir nicht mal im Traum hättest ausdenken können.«
Derartige Reden kannte ich. Mir fiel auch ein, dass es schon mal eine Waffe gegeben hatte, die Menschen zu Skeletten gemacht und ihnen buchstäblich die Haut und das Fleisch von den Knochen gelöst hatte.
Das war der Todesnebel gewesen, den ich aber mit meinem Kreuz hatte stoppen können.
Und jetzt?
Hatte der Spuk den Nebel in seine absolut finstere Welt geholt, um ihn dort wirken zu lassen? Wenn das so war, dann brauchte ich mir keine großen Gedanken über mein Schicksal zu machen, denn das Kreuz würde den Nebel abwehren.
»Wo bist du, Kolew?«
Ich hörte ihn atmen. Das musste dicht vor mir sein, und plötzlich sah ich eine Bewegung. Ein Schatten innerhalb der Finsternis, der aus dem Nichts kam und so aussah, als hätte er eine große Entfernung hinter sich gebracht.
Allmählich wurden seine Konturen deutlicher, denn der Spuk hatte ihm eine Lücke gelassen.
»Es ist gut, dass ich dich sehe«, sagte ich. »Und was hast du jetzt vor, Schamane?«
»Deine Vernichtung.« Er hob die Arme und nahm eine Haltung ein, als wäre er der große Guru persönlich.
Etwas veränderte sich in meiner unmittelbaren Nähe. Ich spürte auf meiner Haut leichte Berührungen, von denen mir schon Karina berichtet hatte.
Es ging langsam los und würde irgendwann tödlich enden.
Dem musste ich einen Riegel vorschieben.
Und deshalb rief ich die Formel, um die Kräfte des Kreuzes zu aktivieren.
»Terra pestem teneto - salus hie maneto!«
Licht gegen Finsternis, so sollte es aussehen. Das musste einfach die Folge sein.
Zwei Kräfte, die gegeneinander standen, die sich nicht aufheben würden, denn es musste einen Gewinner geben. So war es immer gewesen, und ich war froh und dankbar, dass sich das Licht zeigte und nicht von der absoluten Finsternis verschluckt wurde.
Ich kannte es. Ich sah sein wunderbares Strahlen, seine gleißende Helligkeit, die nicht blendete, aber
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