1530 - Sturm in der Dunkelwolke
Himmel verfinsterte sich. Eine gewaltige Scheibe erfüllte von einem Horizont bis zum nächsten die Sicht.
Welch ein Phänomen ...
Das Tränensekret der Erregung trat ihm in die Augen.
Romantischer Narr. Staune nicht. Denke nach.
Doch Atlan ließ sich von den Worten seines Logiksektors nicht beirren. Selten zuvor in seinem Leben hatte er ein derart beklemmendes, aber auch schönes Schauspiel erlebt.
Ein Planet materialisierte, eine scheibenförmige Kunstwelt von achttausend Kilometern Durchmesser. Der Arkonide sah Gebirgszüge, wie aus größter Höhe, ein unbewegtes Meer, eine riesenhafte Stadt aus glitzernden Lichtern.
Das war Wanderer! Die Kunstwelt des Geistwesens ES, der Superintelligenz der Lokalen Gruppe. Die Welt des lebensspendenden Physiotrons, der makabren Scherze, der unerschöpflichen Arsenale. „Etwas stimmt nicht, Arkonide ...", murmelte neben ihm Perry Rhodan. „Verdammt! Wanderer kann den Sprung nicht schaffen."
„Unmöglich!"
Windstöße schüttelten ihn durch.
Willom stieß einen langgezogenen, dumpfen Schrei aus, der Atlan durch Mark und Bein fuhr.
Nie zuvor hatte er einen solchen Laut gehört, schon gar nicht von einem Nakken. „Wanderer verschwindet wieder!" schrie Eirene. „ES verschwindet!" Die Scheibe am Himmel verblaßte Allmählich; die Katastrophe wurde tatsächlich Wirklichkeit. Wie sehr waren sie darauf angewiesen, endlich Kontakt zu ES zu finden. Und jetzt schien das Geistwesen fort zu sein, bevor sie hur ein einziges Wort hatten loswerden können. „Verdammt, tausendmal verdammt", fluchte neben ihm Perry Rhodan. Der Terraner rammte seine Stiefel tief in den Pudersand der Wüste von Dizzkel-Point. „Wir stehen wieder am Anfang."
*
Deprimiert zogen sie sich in das Steingebäude zurück. „Was geschieht nun?" fragte Mieka.
Atlan verzog sarkastisch die Mundwinkel. „Jetzt kümmern wir uns um die Muschelschiffe.
Deswegen sind Wir ja in erster Linie hier. Vielleicht haben sie das angerichtet. Denkt an die Sabotage von UBI ES!
Vielleicht haben sie den Staubmantel nur deshalb aufgeheizt, um Wanderers Ankunft zu stören ..."
„Halt, Arkonide."
Rhodan deutete auf die Zwotterfrauen, die sich in einer Ecke des Raumes versammelt hatten.
Helle Aufregung hatte die Zwerginnen erfaßt.
Sie sind nicht traurig. Siehst du? Dabei sagten sie, daß sehr viel für sie von Wanderers Erscheinen abhängt.
Atlan konnte sich keinen Reim darauf machen. „Was ist mit euch?"
Er trat ein paar Schritte auf die Zwotterin namens Keemila zu. „Nichts, wir sind in Eile", gab die Zwotterfrau mit sich überschlagender Stimme zurück. Sie stand kurz vor dem Wechsel zur Mann-Phase. „Störe uns nicht. Wir müssen uns zum Aufbruch bereit machen."
„Zum Aufbruch?" staunte der Arkonide. „Ja! Von ganz Zwottertracht werden die Frauen aufbrechen und den Pilgerzug antreten."
„Wohin? Weshalb?"
„Das mußt du nicht wissen", wehrte Keemila seine Fragen ab. „Das ist allein Sache der Zwotter."
Die Zwerginnen setzten sich gemeinsam in Bewegung. Bevor noch jemand protestieren konnte, hatten sie das Haus bereits verlassen. „Wartet!" rief Mieka. „Ich gehe ihnen hinterher. Vielleicht verrät sie mir, was los ist."
Die Arkonidin verschwand nicht länger als fünf Minuten. Dann kehrte sie mit staubbedecktem Gesicht wieder.
Aus den weißen Haaren rieselte goldbrauner Sand auf den Boden. „Und? Sag schon!"
Mieka lächelte geheimnisvoll. „Keemila sagt, sie pilgern zum Tal der Ankunft. Hier in der Nähe, nur zwanzig Kilometer entfernt. Dort soll sich das Objekt ihrer Anbetung befinden."
„Was für ein Objekt?" fragte Atlan verständnislos zurück.
Erinnere dich der Gesichte, Narr.
Mieka lächelte erneut. „Wißt ihr noch, daß die Zwotter ein bestimmtes Wesen gesehen haben? Es sollte aussehen wie ein idealisierter Menschling, ein Wesen von großer Reinheit und unglaublicher Bedeutung. Dieses Wesen ist angekommen."
„Hinterher!" rief Rhodan.
Atlan und die anderen folgten dem Terraner. Selbst Willom, Eirene und Manurod traten hinter Rhodan hinaus in den Sturm.
*
Auf dem Weg zum Tal der Ankunft stießen fünfzig weitere Zwotterfrauen zu ihnen. Sogar ein paar männliche Zwotter gesellten sich lärmend und plappernd hinzu. Der Sturm machte ihnen wenig aus. „Wie sieht es mit der psionischen Aufladung aus?" fragte Atlan Eirene. „Nichts mehr. Sie ist versiegt."
„Hm."
Drei Stunden lang folgten sie zu Fuß dem Zug.
Niemand störte sich an ihnen.
Dann endlich das Tal:
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