1548 - Orbit im Nichts
Kunstplaneten handelte. Der echte Wanderer ließ sich nirgendwo sehen. Für Myles Kantor und sein Vorhaben spielte dies nur eine geringe Rolle, solange nur eine ausreichende Menge an Informationen zusammenkam. Auch Fiktiv-Wanderer-Daten waren für die Weiterverarbeitung durch ALGOMYLES geeignet. Sie besaßen statistisch jedoch geringeres Gewicht, deswegen brauchte man mehr von ihnen.
Beim Morgengrauen - der Yling-Tag dauerte 28,3 Standardstunden - war der Datenbestand auf sieben Manifestationsereignisse angewachsen. Myles Kantor war zuversichtlich. In ein paar Tagen würden sie sich ihrer Aufgabe entledigt haben. Er ertappte sich dabei, wie er an Kallia dachte. Es würde guttun, sie wiederzusehen.
Er gönnte sich ein paar Stunden Ruhe. Danach rief er seine Mitarbeiter zu einer Besprechung zusammen.
Während er geschlafen hatte, waren weitere Daten eingetroffen. Derivoor Ken hatte eine Skelettversion von ALGOMYLES mitgebracht, nur „um ein Gefühl dafür zu entwickeln", wie er sagte, ob die Informationen auch wirklich in das von Myles entwickelte theoretische Schema paßten. Die bisherigen Ergebnisse waren vielversprechend. Deris fragmentarische Software erlaubte zwar keine exakten Schlüsse. Aber die Zuversicht War wenigstens da, daß man sich auf dem richtigen Weg befand.
Zwei weitere Tage vergingen. Myles Kantor verbrachte den größten Teil der Zeit in seiner Kammer, der Mannschaft und Projektteam inzwischen den Spitznamen „die Meisterklause" verliehen hatten.
Auch in dieser Nacht saß er wieder über seinen Geräten und sichtete die Daten. Am kommenden Tag würde die DEAUVILLE aufbrechen. Das gesammelte Informationsmaterial war mehr als ausreichend. Es gab zwei Möglichkeiten.
Entweder man überließ die Datensammlung der Verarbeitungskette, und ALGOMYLES produzierte daraus die Bahndaten des echten Wanderer, die daran erkenntlich waren, daß alle Strangeness-Koeffizienten den Wert Null besaßen. Oder Myles’ Theorie war falsch Dann stand man wieder am Anfang.
So darf es nicht kommen, dachte Myles. Wir haben keine Zeit, noch mal von vorne anzufangen.
Der Melder summte. Myles bewegte das Schott durch Zuruf, sich zu öffnen. Er war ein wenig überrascht, Konsella Upton, die Chemikerin, zu sehen.
Sie wirkte ein wenig verlegen. Das mochte damit zusammenhängen, daß sie nicht so recht wußte, warum man sie zu diesem Unternehmen mitgenommen hatte. Chemiker wurden auf Yling nicht gebraucht. „Ich habe mich ein bißchen mit der Bordtechnik befaßt", sagte sie und setzte ein Lächeln auf, das um Entschuldigung zu bitten schien. „Ich meine, irgendwie muß der Mensch sich schließlich beschäftigen, nicht wahr? Ich habe da etwas beobachtet. Kann sein, daß es völlig harmlos ist. Aber ich meine, du solltest es dir ansehen."
Myles wendete das Kantormobil und steuerte es behutsam durch die Schottöffnung. Eigentlich, gestand er sich ein, war er für die Abwechslung recht dankbar.
*
Harmlos mochte es sein, aber man mußte sich darum kümmern. Im Bergland östlich der Hochebene, auf der die DEAUVILLE gelandet war, wies die Ortung eine Streuemmissionsquelle auf, die erst vor kurzem aktiv geworden zu sein schien. Eine Nachfrage im Kommandoraum ergab, daß man dort die Fremdemission ebenfalls bemerkt hatte. Nein, es gab vorläufig keine Erklärung dafür. Nein, es war kein Fahrzeug im Anflug auf Yling geortet worden.
Myles Kantor wußte später nicht mehr zu sagen, was ihn dazu bewegen hatte, der Sache nachzugehen. Es wäre verständlich gewesen, wenn er beschlossen hätte, sich um die mysteriöse Streuemission überhaupt nicht zu kümmern, seine Datensammlung zu vervollständigen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Richtung Heimat aufzubrechen. Aber der geheimnisvolle Reflex auf der Orterbildfläche erfüllte ihn mit Unruhe. Er hatte das Empfinden, er machte sich einer Pflichtverletzung schuldig, wenn er es versäumte, eine Erklärung für das plötzliche und unmotivierte Auftauchen einer Streuemissionsquelle zu finden.
Er machte dem Kommandanten der DEAUVILLE von seinem Vorhaben Mitteilung. Man bot ihm eine Eskorte an, aber Myles lehnte ab. Konsella Upten wollte ihn unbedingt begleiten. Er hatte nichts dagegen, bat darüber hinaus auch Derivoor Ken, sich an dem Ausflug zu beteiligen. Eine halbe Stunde später waren sie unterwegs, Konsella und Derivoor jeweils mit einem SERUN bekleidet, Myles auf dem Kantormobil, in einer Spezialmontur, die, was die Ausstrahlung mit Meß- und Nachweisgeräten
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