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159 - Schimären der Wüste

159 - Schimären der Wüste

Titel: 159 - Schimären der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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schwer auf ihrem Rücken, rollte sich augenblicklich zur Seite. Gelenkig federte sie in die Höhe, ignorierte die Schmerzen. Es blieb keine Zeit, nachzudenken.
    Agieren – nicht reagieren! Sie umkreiste behände die Kreatur aus dem Untergrund. Sie musste an ihr Schwert gelangen, es noch tiefer in den Gallertleib hineinstoßen…
    Die Erdkruste bebte und bröckelte in die aufgebrochenen Hohlräume hinab, während das Tier tobte und schrie. Die scheinbaren Gehirnwindungen verschoben sich in irrwitzigem Tempo; dort, wo Aruulas Schwert steckte, spritzte grünes Blut aus dem Körper.
    Eine Lamelle fuhr unkontrolliert auf sie zu. Die Barbarin duckte sich, konnte dem Hieb weitestgehend ausweichen; lediglich ein kurzer Schnalzer über ihre rechte Schulter erzeugte weiteren Schmerz. Auch die Wunde in ihrem Oberschenkel spürte sie jetzt wieder.
    Das ohrenbetäubende Geschrei des Tiers ging nach und nach in konvulsivisches Ächzen über, schrill und enervierend.
    Dann verstummte die Kreatur der Tiefe, blieb ruhig zwischen zertrümmerten Felsen und inmitten einer Staubwolke liegen.
    Noch war sie nicht geschlagen; es schien, als atme sie lediglich tief durch, um sich ein weiteres Mal auf die Barbarin zu stürzen.
    Nun – diese Zeit der Erholung gönnte ihr Aruula nicht. Drei Schritte Anlauf genügten ihr. Mit aller Kraft stieß sie sich ab, sprang, landete auf dem Rücken des Käfers, klammerte sich am Griff ihres Schwertes fest. Sie zog sich hoch auf den Rundbuckel, spreizte die Beine und klemmte sie kraftvoll über den Leib, als wolle sie das Tier reiten. Die transparente Chitin-Haut fühlte sich seltsam kühl an; auch das grüne Blut, in dem sie bereits nach wenigen Augenblicken gebadet war, erzeugte Kälteschauder.
    Einmal, zweimal zuckte die Kreatur noch unter ihrem Schenkeldruck. Die verwirrenden Bilder der Gehirnwindungen wurden weniger; selbst das Geschrei verstummte.
    War der Riesenkäfer tot?
    Nein. Die verbliebenen sechs Lamellen bewegten sich ruhig und langsam, griffen nach Felsstückchen, zerquetschten sie wie kleine Tofanen.
    Seltsam. Je fester sie mit dem Schenkeln zudrückte, desto ruhiger wurde das Tier.
    »Bist du etwa daran gewöhnt, geritten zu werden?«, fragte Aruula verblüfft. »Wer, bei Wudan, würde sich auf ein Monstrum wie dich setzen wollen?«
    Sie hielt die Hände am Schwertgriff, bereit, die Klinge jederzeit aus der Wunde zu reißen und erneut zuzustoßen.
    Sie fühlte sich erschöpft. Dennoch nahm sie sich die Zeit, die Umgebung mit Blicken abzusuchen.
    Gab es tatsächlich einen Besitzer für dieses Tier?
    Eine müde Sonne, wie schon seit ihrem Abschied vom Kratersee von Staubwolken verdunkelt, sandte trübes Licht herab, das nur wenig wärmte. Das Gestirn stand bereits tief über den Felsen, würde sie in wenigen Minuten berühren und die Wüstenlandschaft in Dunkelheit zurücklassen.
    Nein. Hier war nichts und niemand. Lediglich Rapushnik wartete in sicherer Entfernung und starrte zu ihr herüber. Seine Verblüffung schien groß zu sein, denn er hatte aufgehört zu kauen.
    »Was mache ich bloß mit dir?«, fragte Aruula den seltsamen Käfer. »Sobald ich von deinem hässlichen Rücken steige, fällst du erneut über mich her. Aber wenn du tatsächlich jemandem gehörst, wird derjenige gar nicht erfreut über die Wunden sein, die ich dir beigebracht habe.«
    Aruula spürte, wie die Schmerzen kamen. Kleinste Zerrungen und Prellungen machten sich unangenehm bemerkbar. Ebenso zwei heiß brennende Stellen; dort, wo die Lamellen des Käfers über sie hinweggezuckt waren. Lange, so ahnte sie, konnte sie hier nicht mehr sitzen bleiben und ausreichenden Schenkeldruck ausüben.
    Die Blutung der Schwertwunde im Rücken des Tieres versiegte. So leicht war es wohl nicht umzubringen.
    Vorsichtig und langsam zog Aruula die Klinge aus dem Chitin. Der Körper des Käfers zitterte leicht, zeigte aber sonst keine Reaktion.
    Prüfend betrachtete Aruula die Klinge, über und über mit grünem Blut bedeckt.
    Sie traf eine Entscheidung, von dem Willen gelenkt, überleben zu wollen. Wuchtig rammte sie die Waffe erneut in den Leib des Tieres, diesmal bis zum Heft, bis jegliche Bewegung endete.
    Aruula ließ sich in den Sand hinab gleiten. Müde richtete sie sich auf und marschierte davon, die Blicke auf das sterbende Tier gerichtet. Noch zuckten seine Glieder, noch pulste Blut aus den vielen Wunden.
    »Aus welcher Hölle bist du nur gekrochen?« Kopfschüttelnd drehte sie sich einmal um die eigene Achse. Rund um sie

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