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159 - Schimären der Wüste

159 - Schimären der Wüste

Titel: 159 - Schimären der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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antwortete Izo’sch nach einer Weile.
    Täuschte sich die Barbarin, oder klang da Ärger und Verbitterung in der Stimme des Schimärenkriegers durch?
    »Und dorthin marschieren wir?«
    »Ja.«
    Die Ungezwungenheit zwischen ihnen war plötzlich dahin.
    Aruula hatte ein Thema angesprochen, das ihren beiden Rettern sichtlich nicht behagte.
    Einmal mehr zog sie fest am Zügel Rapushniks, der immer wieder aufbegehrte. Auch diesmal schien er mit der Richtung, in die sie sich bewegten, nicht einverstanden zu sein. Aruula hatte es längst aufgegeben, sich über das sture Kamshaa zu ärgern. Zumal sie dem feinen Instinkt des Tieres mehr und mehr zu vertrauen begann.
    ***
    Sy’cho wanderte die Wege ihrer unbeschwerten Jugend entlang. Er watete durch flache Tümpel, über messerscharfe Hügelgrate hinweg, durch Höhlen und Schlupflöcher, die vor vielen Jahren eine Sandqualle gegraben hatte. Ein Hauch jener Abenteuerlust, die er damals verspürt hatte, kehrte zurück und erfüllte seine Brust. Er war noch immer jung, spürte das heiße Blut seines stolzen Volkes durch die Adern pulsieren. Sie würden es schaffen, würden die Grenze überschreiten und irgendwo ganz weit weg von vorne anfangen. Wenn er ausreichend Reichtümer angehäuft hatte, würde er ein Heer aufstellen und hierher zurückkehren, um ein letztes Mal in die Kruste vorzudringen.
    Wie hatten sie es jemals zulassen können, dass sich Moogan in ihre Herzen und in ihre Seelen geschlichen hatte? Was hatten sich die Älteren dabei gedacht, als sie den bettelnden Asfig vor mehr als vierzig Jahreswechseln in ihrem Lager aufgenommen hatten? War er ihnen nicht von Anfang an unheimlich gewesen?
    Sy’cho drehte sich um und half der ächzenden Rium’li über mehrere Felsgeröllstufen hinweg. Die Frau, eigentlich noch ein junges Mädchen, besaß prächtige körperliche Voraussetzungen, um Mutter seiner Kinder und zugleich angesehenes Weib eines glücklichen Haushaltes zu werden.
    Schwabbeliges Fett hing ihr bereits jetzt gut sichtbar von der Wampe, so wie es sich ein Mann seines Volkes nur wünschen konnte.
    Und ein Mann, das war er! Haare sprossen ihm im Gesicht und dort, wo niemals das Licht hinfiel. Auch seine Stimme hatte sich vor vielen Monaten geändert. Die hoch geachtete Stammeshure Es’par hatte ihn längst zeremoniell in die Geheimnisse der Liebe eingeweiht.
    Zornig ballte Sy’cho die Hände.
    Moogan mochte zwar weit weg sein; dennoch war er in seinen Gedanken präsent. Auf seine Anweisung hin waren die Stammeshure und der Schimärenpriester dem Feuer geopfert worden. Und keiner der Älteren war aufgestanden und hatte
    »Nein!« gebrüllt. Warum waren sie so elendiglich feige, warum wandten sie sich nicht wie ein Volk gegen dieses widerliche Wesen?
    Rium’li schnaufte und keuchte schwer. Kalter Schweiß bedeckte ihre Tücher, klebte sie am Körper fest.
    Gefühle wallten in Sy’cho hoch, wirbelten seine Sinne durcheinander. »Wir müssen weiter, Weib!«, befahl er und schubste sie vorwärts. Gröber, als er es beabsichtigt hatte.
    Sie reizte ihn nun mit ihrem Hintergestell, das vor ihm auf und nieder wackelte.
    Moogan, dachte er. Verfluchter Moogan – wie konntest du es uns jemals verbieten, in der Vereinigung mit den Frauen unserer eigenen Wahl Glück zu finden?
    ***
    Ein Tag verging.
    Wüstenlupas heulten schließlich den Untergang der Sonne herbei, während Aruula nach wie vor den stummen Schimären hinterher trapste. Längst hatte die Aufmerksamkeit der Wüstensöhne nachgelassen. Es wäre ihr ein Leichtes gewesen, an die Waffen heranzukommen, die die beiden Männer abwechselnd trugen.
    »Es ist nicht mehr weit«, sagte N’oia. »Nur noch über den nächsten Hügel.«
    Mit gleichmäßigem und kräftesparendem Schritt überwanden die Männer die schwierigsten Marschpassagen.
    Ohne Pause, ohne eine Spur von Unsicherheit zu zeigen. Ihre Füße waren in weiche Lederstiefel gebunden, mit denen sie auf Geröllfeldern genauso wie auf sandigem Untergrund perfekten Halt fanden.
    Aruula, die sich stets als geschickte und gewandte Frau empfunden hatte, kam sich in dieser ungewohnten Umgebung neben den beiden Schimären wie ein tollpatschiger Trampel vor. Selbst Rapushnik, der für sie von Zeit zu Zeit ein verächtliches Grunzen übrig hatte, überstieg trotz seines Gewichts die meisten Hindernisse mit aufreizender Lässigkeit.
    Die Barbarin fühlte sich unwohl wie ein Fisch an Land. Es war nicht nur jene dumpfe Benommenheit als Spätfolge ihrer Vergiftung. Sie

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