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159 - Schimären der Wüste

159 - Schimären der Wüste

Titel: 159 - Schimären der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Gekreisch und Gezeter. Es war die Geräuschkulisse vieler Menschen, die sich auf einem Marktplatz trafen. Konnte es sein, dass dort unten tatsächlich so etwas wie eine Stadt existierte?
    Aber warum nur, bei Wudan? N’oia und Izo’sch hatten doch erzählt, wie sehr sie im Einklang mit der Natur, mit der Bruchsteppe lebten? Warum dann diese Zurückgezogenheit in der Tiefe des Gesteins? Irgendetwas stimmte hier nicht.
    Sie taten ein paar letzte Schritte eine Treppe hinab. Hier war das aus dem Fels herausgeschlagene Gestein glitschig und gefährlich nass. Mehr als einmal strauchelte Aruula und konnte nur mit Mühe einen Sturz zur Seite hin vermeiden. Das Fackellicht reichte nicht aus, um zu zeigen, was sich in der Dunkelheit rechts von ihr verbarg. Die knackenden Geräusche, die sie vernahm, waren keinesfalls angetan, ihre Beklommenheit zu lösen.
    Ein breiter Lichtschein – endlich!
    Es ging nun um eine von Ruß schwarz gefärbte Wand herum nach links. Merkwürdige Zeichen waren in den Fels geritzt. Symbole von Mündern und Zähnen, von Monstern mit weit aufgerissenen Augen, die auf sie herab starrten…
    N’oia und Izo’sch vollführten eine Art Hofknicks, als sie die primitiven Zeichnungen passierten. Das Fackellicht zeigte die Angst in ihren Augen…
    Der Raum verbreiterte sich, wurde zu einer riesigen Höhle.
    Weiter hinten stand eine Gruppe barhäuptiger Menschen beisammen. Sie diskutierten angeregt; doch sobald sie ihrer ansichtig wurden, unterbrachen sie das Gespräch und wickelten ihre Gesichter rasch und sorgfältig ein.
    »Wir bringen die hässliche Frau!«, schrie N’oia in den Höhlenraum hinein.
    »Ich weiß, ich weiß!«, kam es zurück. Eine hohe, aber angenehm klingende Stimme. »Bringt sie erst einmal in ein Krustenhaus und lasst sie herrichten. Ich werde sie zu späterer Stunde empfangen.«
    Die beiden Schimären erwiderten nichts darauf. Wortlos schoben sie Aruula weiter, hinab in die unheimliche Felsstadt.
    »Wo ist euer verfluchter Anführer?«, rief sie laut. So laut, dass sie damit rechnen musste, dass jedermann sie hörte. »Ich will ihn sofort sehen und ihm meine Meinung über die hiesige Gastfreundschaft einbläuen.«
    Die beiden Schimären zuckten zusammen, als hätte Aruula wuchtige Schläge ausgeteilt.
    »Wenn dir etwas an deinem Leben und deinem Seelenheil liegt«, herrschte Izo’sch sie an, »dann hältst du den Mund. Moogan, unser Herr, verdient Respekt.«
    »Lass das kleine Vögelchen ruhig singen«, unterbrach sie dieselbe Stimme wie vorhin. Sie hallte durch die Höhle, füllte sie aus. »Es ist schön zu wissen, dass es noch Wesen gibt, die sich nicht sofort in Demut ihrem zukünftigen Herrn ergeben.«
    Lautes Lachen ertönte. »Ich wünsche, dass sich das Weib erholen soll. Ich möchte sie im Vollbesitz ihrer Kräfte wissen, wenn sie mir gegenüber tritt. Ich werde sie brechen. Aber ich sehe schon, dass ich vorher viel Spaß mit ihr haben werde.«
    ***
    Izo’sch führte sie zur Sohle der großen Höhle hinab.
    Der Raum durchmaß vielleicht einen halben Kilometer und war sicherlich einhundert Meter hoch. Von überall her drang Röcheln und Husten. Kein Wunder; die Luft schmeckte widerlich und ungesund. Rußflocken schwirrten durch den Raum; es roch süßlich nach Abfällen.
    »Hier entlang«, murmelte ihr Begleiter. »Du wirst in Rium’lis Krustenhaus übernachten.«
    »Ich will augenblicklich diesem Moogan vorgeführt werden…«
    Izo’sch schlug ihr mit dem Handrücken quer über den Mund. Sein Arm zitterte hernach unkontrolliert, die Augen flackerten. »Beherrsch dich gefälligst, Weib! Mit deinen Frechheiten stürzt du dich immer weiter ins Unglück. Genieße die letzten freien Stunden deines Lebens.«
    »Du Feigling!« Aruula spuckte vor seinen Füßen aus.
    »Deine Tapferkeit beschränkt sich auf eine Frau, deren Arme gefesselt sind. Aber wenn dein Herr nach dir ruft, kommst du gekrochen und leckst ihm den Hintern.«
    »Du…« Izo’sch hob erneut die Hand. Seine Augen waren im Zorn weit aufgerissen. Ein kurzes, gekrümmt geformtes Messer lag in seiner Rechten, bereit, zuzustechen …
    Aruula blickte ihn furchtlos an, erwartete den Hieb. Dieser Mann war verkommen, hatte nicht einmal einen Funken Ehre in seinem Leib. Er würde sie trotz ihrer Wehrlosigkeit töten.
    »Halt ein!« N’oia warf sich schützend dazwischen. »Du weißt, was dich erwartet, wenn du dich Moogans Befehlen widersetzt«, sagte er eindringlich zu seinem Kumpanen. »Er wird dich leiden

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