160 - Der untote Kreuzritter
muß ihn befolgen."
„Dann erlösen wir dich von deinen Leiden, Heinrich."
Dies war ein zu verlockendes Angebot. Alles in ihm drängte danach, es anzunehmen.
„Das willst du für mich tun?" fragte er erstaunt. „Ihr wollt mich in den Burghof tragen und dem Tageslicht aussetzen, das mein unmenschliches Leben beendet?"
„Wir werden es tun!"
„Ich vertraue dir, Fremder. Ich werde in der Burg schlafen, dort wirst du mich leicht finden. Herr, ich flehe dich an, halte dein Versprechen."
„Ich schwöre, daß wir deinen Wunsch erfüllen werden, Heinrich."
„Danke, ich danke dir."
Das war vielleicht eine merkwürdige Nacht gewesen. Die Vampirin, die sich praktisch selbst getötet hatte, und dann der untote Kreuzritter, der den endgültigen Tod herbeisehnte.
Vor dem Magnetfeld unweit der Ruine blieben Unga und ich stehen.
„Wie fühlst du dich, Unga?" fragte ich besorgt.
„Die Wunden brennen ein wenig, aber das ist nicht weiter schlimm. Ein wenig schwach bin ich auf den Beinen. In ein paar Tagen habe ich mich wieder erholt. Ich springe jetzt nach Castillo Basajaun und lasse mich von Burian behandeln. Im Morgengrauen treffen wir uns hier. Dann erfüllen wir den letzten Wunsch des Kreuzritters."
Er verschwand im Magnetfeld. Ich rauchte eine Zigarette und starrte den nun sternenklaren Himmel an. Ein paar Minuten später erreichte ich die Jagdhütte.
Rebecca und ihre Fledermausgeschöpfe waren natürlich schon längst verschwunden.
Sabrina stellte mir ihre Bekannten vor, und endlich schnallte ich den Flammenwerfer ab, legte das Schwert zur Seite und ließ mich auf einen Stuhl fallen.
Die gespannte Atmosphäre fiel mir natürlich auf. Es dauerte auch nicht lange, dann verabschiedeten sich Lilo, Nick und Freddie.
„Hoffentlich bleiben sie nicht im Schnee stecken", sagte ich, als sie die Hütte verlassen hatten.
„Das ist mir herzlich egal", sagte Sabrina, „mit diesen drei will ich nichts mehr zu tun haben."
Coco sah ziemlich erschöpft aus. Sie wußte, daß Unga und ich noch etwas zu erledigen hatten.
Auf die bohrenden Fragen gab ich nur ausweichende Antworten.
Ich war glücklich, als Coco und ich endlich in eines der schmalen Betten kriechen konnten.
Es war noch dunkel, als Coco und ich aufbrachen. Die anderen schliefen noch.
Wir waren beide nicht ausgeschlafen, doch das konnten wir in ein paar Stunden gründlich nachholen.
Das Magnetfeld verschluckte uns, und spie uns vor der Ruine aus.
Kurze Zeit später traf Unga ein.
„Wie geht es Phillip?" fragte Coco.
„Schon wesentlich besser. Einmal ist er aufgewacht, da gab ihm Burian einen Kräutertrank, und er aß auch ein paar Bissen. Lebensgefahr besteht keine mehr."
Das hörte ich gern.
Schweigend betraten wir den Burghof. Ein grauer Morgen kroch herauf. Die alten Mauern sahen im fahlen Licht bedrohlich aus.
Als es hell war, holten wir Heinrich von der Laufen aus der Ruine und schleppten ihn zum Ziehbrunnen.
Sein endgültiges Vergehen wollten wir nicht mit ansehen.
Zwei Stunden später kehrten wir zurück.
Ein grauer Aschenhaufen war alles, was von dem Kreuzritter übriggeblieben war. Unga hatte eine kleine Urne mitgebracht, die wir mit den Überresten Heinrichs füllten.
Nach kurzem Suchen fanden wir das Gewölbe mit der Schatztruhe, die leer war.
Unga und ich hoben eine kleine Grube aus, in die wir die Urne legten, danach stapften wir den Boden glatt.
Vielleicht findet jetzt deine Seele die endgültige Ruhe, Heinrich von der Laufen, dachte ich.
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