1616 - Mörderengel
vor?«
»Ich weiß nicht, ob ich schlafen kann. Ich werde noch ein wenig nachdenken.«
Suko stand auf. »Sollte dir noch etwas einfallen, sag mir Bescheid.«
»Mach ich.«
Er ging zur Zimmertür und zog sie auf. »Bis morgen dann.«
»Okay.«
Es wurde still, als er die Tür hinter sich zugezogen hatte. Ich hing wieder meinen Gedanken nach, die mich nicht unbedingt bewusst erreichten.
Eine innere Unruhe hatte mich überfallen, die mich nicht mehr losließ.
Es hing mit dem Fall zusammen. Mit den Toten, den Geistern - und mit Luzifer.
Was führte er im Schilde? Warum hatte er sich zurückgezogen, ohne mich direkt anzugreifen oder seine Helfer zu schützen? Da musste es einen Grund geben, und den wollte ich herausfinden.
Aber wo? Oder wie sollte ich das anstellen?
Darüber hatte ich in den letzten Stunden nachgegrübelt, und das tat ich auch jetzt. Aber ich bekam die Dinge nicht so richtig in die Reihe. Ich hatte zu wenige Ansatzpunkte.
Etwas aber kristallisierte sich immer stärker aus meinen Überlegungen hervor. Es war das Haus!
Und nicht nur das allein, sondern auch dessen Umgebung, und besonders der Weg, der zum Gebäude führte.
Es war eine normale Straße, die von Bäumen flankiert wurde, sodass sie eine Allee bildete. Ich hatte sie als Allee der Toten erlebt. Auf ihr hatten die seelenlosen Körper gelegen und waren letztendlich verbrannt, woran Luzifer die Schuld getragen hatte.
Ich griff zur Wasserflasche und trank einen großen Schluck. Das trockene Gefühl in der Kehle war zwar verschwunden, aber wohler fühlte ich mich deswegen nicht. Ich würde die Nacht schlaflos verbringen, wenn ich nichts unternahm.
Nach diesem Gedanken fasste ich einen Entschluss, der mir als schwacher Gedanke schon zuvor in den Sinn gekommen war.
Ich konnte nicht mehr länger hier im Zimmer bleiben. Ich musste zurück zum Ort des Geschehens. Egal, was mich dort erwartete.
Hier im Haus konnte ich einfach nicht bleiben. Ich wollte auch ohne Suko fahren. Er hätte mich nicht verstanden, und da machte ich ihm auch keinen Vorwurf, denn er hatte mit Luzifer direkt nichts zu tun gehabt.
Mein Entschluss stand fest.
Ich holte meine Jacke vom Garderobenständer und verließ auf leisen Sohlen das Zimmer…
***
Der Rover stand in der Nähe und war auch in der Dunkelheit leicht zu finden. Den Schein einer Laterne suchte ich vergebens, erst auf der Hauptstraße gab es Licht. Von einer Hauptstraße in dem Sinne konnte man auch nicht sprechen. Es war einfach nur ein etwas breiterer Weg, der durch den Ort führte.
Die Leute hielten sich in ihren Häusern auf, und damit war auch die Hektik aus Bellever verschwunden. Die Bewohner hatten genug zu diskutieren, das jedoch taten sie zu Hause und nicht im Freien.
Ich rollte durch die Stille und war froh, dass ich den Weg kannte.
Das Haus lag außerhalb der Ortschaft, und es war von den Dorfbewohnern gemieden worden. Sie wussten zwar nicht genau, was dort ablief, aber sie waren ihren Gefühlen gefolgt und nicht hingefahren, und das hatte sich für sie auch als gut erwiesen.
Nicht für den Regisseur des Films und seine drei Darsteller. Sie hatten den Besuch des Hauses mit ihrem Leben bezahlen müssen.
Bellever blieb hinter mir zurück. Ich musste von der Straße ab, ließ die Kirche links von mir liegen und geriet in eine bekannte Gegend, in der sich als einziges Gebäude das Haus mit dem kleinen See daneben befand - und die Allee, die zum Gebäude hinführte.
Am Anfang der Straße hielt ich an und schaltete kurz das Fernlicht ein.
Plötzlich wurde der Weg hell. Er bekam sogar einen Glanz, der bis zum Haus reichte und dort die Fassade berührte.
Ich schaltete das Fernlicht wieder aus, blieb für die Dauer von einer halben Minute im dunklen Wagen sitzen und machte mich mit der neuen Umgebung vertraut.
Ich horchte in mich hinein. Ich suchte nach Hinweisen auf eine Gefahr und spürte nichts.
Auch mein Kreuz reagierte nicht. So ging ich davon aus, dass sich keine Gefahr in der Nähe befand.
Beruhigt war ich trotzdem nicht. Ich trat auch nicht den Rückweg an, sondern löste den Gurt und stieg aus.
Mit der Dunkelheit war auch die Kühle gekommen. Hinzu kam ein schwacher Wind, der mein Gesicht streichelte und einen Geruch mitbrachte, der irgendwie faulig roch. Nach altem Wasser und langsam verwesenden Pflanzen.
So hatte ich die Umgebung vorher nicht wahrgenommen. Jetzt war alles anders geworden. Ich ging zudem davon aus, dass meine Sinne sensibilisiert worden waren.
Die Geräusche
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