1616 - Mörderengel
anzutreten, musste ich den Wagen wenden. Der Weg hier war recht schmal, und so machte ich es mir einfach und fuhr vor bis zum Haus, wo Platz genug war.
Diesmal strich das Licht der Scheinwerfer aus der Nähe über die alte Fassade hinweg. Sie sah trotzdem nicht besser aus. Der Zahn der Zeit hatte schwer an ihr genagt.
Für Eile gab es keinen Grund. Dementsprechend langsam rollte ich in Richtung Bellever, musste natürlich auch den Teich passieren und warf automatisch einen Blick nach rechts.
Sofort trat ich auf die Bremse!
Die Oberfläche des Teichs hatte sich abermals verändert. Sie lag nicht ruhig dort, und sie zeigte auch kein Wellenmuster. Diesmal war das Wasser regelrecht aufgewühlt, als wäre plötzlich ein Sturm über den Teich hergefallen. Nur war das nicht der Fall. Die Kräfte, die mit dem Wasser spielten, kamen woanders her. Ich ging davon aus, dass sie innerhalb des Teichs stecken mussten.
Meine Neugierde war stärker als die Vorsicht.
Den Motor ließ ich laufen, als ich mich aus dem Rover drückte und sofort das Klatschen und Rauschen hörte, das das aufgewühlte Wasser hinterließ. Seltsamerweise schwappte es nicht über die Uferränder hinweg, und ich bekam auch keine Spritzer ab.
Schaum, Wellen, hohe Spritzer aus Gischt bildeten das, was ich als Bild vor mir sah. Es war mir kein Blick in die Tiefe mehr möglich, und ich sah auch nicht die Andeutung eines blauen Lichtstreifens.
Meine Neugierde war nach wie vor ungebrochen.
Was tat sich dort unten? Wer sorgte dafür, dass sich das Wasser so verhielt?
So sehr ich auch schaute, ich erhielt keine Antwort. Der Teich war zu einem Kessel geworden, in dem der Inhalt zum Brodeln gebracht worden war.
Sehr lange hatte ich noch nicht am Ufer gestanden, als sich das Wasser wieder beruhigte.
Ich rechnete damit, dass noch etwas passieren würde.
Doch das war nicht der Fall. Das blaue Licht war verschwunden.
Beruhigt war ich deshalb nicht. Ich war überzeugt davon, dass dieser Vorgang nicht grundlos über die Bühne gelaufen war. Irgendetwas musste dort passiert sein. Nur war es leider nicht an die Oberfläche gelangt. Oder zum Glück nicht.
Ich drehte mich um, ging zurück zum Rover und setzte mich wieder hinter das Lenkrad.
Ich fühlte mich zwar nicht persönlich durch Luzifer manipuliert, aber er hatte doch noch einen Trumpf im Ärmel, wie ich es mir vor einer Stunde vorgestellt hatte.
Jetzt wusste ich Bescheid und konnte mir gegenüber zugeben, dass es mich nicht weitergebracht hatte. Es konnte etwas gewesen sein, das erst in der Zukunft Wirkung zeigen würde. Der Gedanke daran machte mir bestimmt keine Freude Den Weg in den Ort hatte ich schnell zurückgelegt. Ich stellte den Rover vor dem Haus der beiden Schwestern ab, in dem wir uns einquartiert hatten. Es gab an der Seite noch einen zweiten Eingang, den ich benutzte. Ich wollte keiner der geschwätzigen Schwestern begegnen und neugierigen Fragen aus dem Weg gehen.
Ein kurzer Flur führte bis zur Treppe, die ich hochgehen musste. Eine geschlossene Tür ließ ich links liegen. Dahinter hörte ich Musik und die Stimmen der Schwestern.
Auf leisen Sohlen schlich ich hoch bis in die erste Etage. Dort musste ich das Licht einschalten. Im unteren Bereich des Hauses hatte es gebrannt.
Die Beleuchtung war recht schwach und erreichte kaum den Boden.
Meine Zimmertür sah ich trotzdem, aber dort wollte ich nicht hin, sondern klopfte nebenan, wo Suko schlief.
Er schlief noch nicht, denn er öffnete sofort. Er hielt sein Handy gegen das linke Ohr gedrückt, winkte mich hinein und telefonierte dabei weiter.
»Gut, Shao, ich denke, dass wir morgen Abend wieder in London sind. Wir werden in einer Tour durchfahren.« Er hörte kurz zu und sagte dann: »Ich dich auch.« Danach steckte er das Handy weg und drehte sich mir zu, wobei er mir einen Finger entgegenstreckte. »Du bist noch nicht im Bett gewesen - oder?«
»Du auch nicht.«
»Stimmt.« Suko schnüffelte. »Deine Klamotten riechen, als hättest du einige Zeit im Freien verbracht.«
»Habe ich auch.«
Suko lächelte schief. »Lass mich raten, John. Du bist am Haus oder am Teich gewesen.«
»Stimmt.«
»Und weiter? Hat dich der Gedanke an Luzifer nicht losgelassen?«
»So ist es, und ich weiß auch, dass es richtig gewesen ist. Der Fall geht weiter.«
»Da bin ich gespannt.«
Suko wartete darauf, dass ich berichtete.
Ich setzte mich erst mal hin, dann fing ich an zu erzählen, was mir widerfahren war.
Mein Freund hörte zu, ohne sich zu
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