1619 - Krisenherd Bolan
wuchs.
Myles Kantor und seine Leute hatten sich weit aus dem Sektor Neu-Moragan-Pordh zurückgezogen. Etwas Entscheidendes schien nun ganz unmittelbar bevorzustehen -und daß aus dem Gebilde in M3, das die ganze Galaxis durchäderte, eine neue Tote Zone wurde, war eben nur eine Möglichkeit.
Mit Bitterkeit dachte Rhodan daran, daß seit Wochen viele Galaktiker ihr Heil in der Flucht suchten. Wer die Möglichkeit dazu besaß, der verließ die Umgebung des Solsystems oder sogar die Milchstraße. Auf vielen Planeten brach Panik aus.
Perry hielt es für sinnlos und dumm, blind vor etwas zu fliehen, das noch nicht existent war und überall zuschlagen konnte.
Andererseits konnte er die Flüchtenden auch verstehen. „Atlan hat bereits wiederholt auf ein Zusammentreffen mit mir gedrängt", sagte Perry. „Er will eine galaktische Verschwörung der Akonen aufdecken. Es geht doch darum, oder?"
Dabei trommelte er unruhig mit den Fingerspitzen auf das Kästchen. „Ja", erwiderte Tydon, wieder viel zu langsam. Rhodan wollte nicht unhöflich sein. Er schätzte den Arkoniden wirklich als scharfsinnigen und tatkräftigen Mann ein, aber jetzt gefiel sich Tydon zu sehr in seiner Rolle als Botschafter des Wunschimperators. Also antwortete Rhodan wieder für ihn. „Die Kurskoordinaten bezeichnen den Ort, an dem Atlan mich treffen will", sagte er. Tydon nickte. „Du weißt, daß der Zeitpunkt dafür nicht gerade günstig ist, zumal Atlan mich schon seit fast einem Monat warten läßt?"
„Dafür hatte er seine Gründe", nahm der Galaktische Rat sein großes Idol in Schutz. Plötzlich schien er aufzuwachen, beugte sich vor und sagte in beschwörendem Tonfall: „Aber die Dinge haben sich zugespitzt. Du mußt sofort mit der ODIN zu dem Treffpunkt starten, den du an Bord erfahren wirst. Es ist sehr wichtig, glaube mir das. Du mußt unverzüglich aufbrechen, oder..."
Die Art, wie Tydon das Oder betonte, ließ gar nicht erst den Eindruck entstehen, daß er es als Drohung verstanden wissen wollte. Er besaß Informationen, die er Rhodan jetzt nicht mitteilen durfte, möglicherweise sogar auf Anweisung Atlans nicht. Dabei war ihm anzusehen, daß er gerne weitergesprochen hätte.
Dieser wahrscheinlich nur scheinbar in sich widersprüchliche Mann übte in diesem Moment eiserne Selbstdisziplin. Jemand, der sich wichtig machen wollte, hätte weitergeredet, unter dem meistens ziemlich verlogenen Signal der Verschwiegenheit.
Tydon von Tramis schwieg wirklich. „Atlan äußerte schlimme Befürchtungen für das Arkon-Imperium", versuchte Rhodan, dennoch etwas aus ihm herauszubekommen. Je mehr Konkretes er wußte, desto besser konnte er sich vorbereiten - falls er sich tatsächlich dazu entschloß, das Solsystem in diesen Stunden zu verlassen. „Er sprach mir gegenüber von einer >Blauen Schlange <, vor der ich mich hüten sollte. Er erwähnte die Blaue Legion der Akonen, die eine Nachfolgeorganisation des ehemaligen Energiekommandos sein soll. Geht es darum, Tydon von Tramis?"
Rhodan sah, wie es in dem Arkoniden arbeitete, von dem alles pompöse Gehabe abgefallen war. Aber der Rat ließ sich nicht dazu bringen, Atlan etwas von dem vorwegzunehmen, was dieser wohl nur Perry offenbaren wollte. „Es geht um viel mehr", verkündete der Arkonide nur. „Du wirst es am Treffpunkt erfahren."
Damit, erkannte Perry Rhodan, war alles gesagt.
Das Weitere hing nun von ihm ab. Er verabschiedete sich und verließ mit dem Datenträger Tydons Residenz.
Seine Entscheidung gab er Reginald Bull eine Stunde später bekannt. Sie hatte mit Einsicht in das zu tun, was Bully und Adams von ihm gefordert hatten. Die anderen Aktivatorträger befanden sich außerhalb des Solsystems und standen ihm für persönliche Beratungen vor Ort nicht zur Verfügung. Letztlich war es für ihn von Ausschlag, daß er die Gefahr eines galaktischen Konflikts zu einem Zeitpunkt hinaufdämmern sah, da alle Kräfte innerhalb der Milchstraße gebraucht wurden, um einer immer noch unbekannten, nicht einzuschätzenden Gefahr von außen zu begegnen. Als er am anderen Tag, dem 2.
August, mit der ODIN von Terra aufbrach, ahnte er noch nicht, auf welch dramatische Weise sich diese beiden potentiellen Bedrohungen miteinander verbinden würden
3.
Bolan Tenesch von Valvaar stand mit versteinertem Gesicht vor dem Bild seiner Tochter auf dem kleinen Krankentisch neben dem zwei Meter langen Tank, der in dreißig Zentimeter Höhe über dem Boden des Zimmers in Schwerelosigkeit
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