1619 - Krisenherd Bolan
diese zwanzig Jahrtausende der Geschichte wieder ein, als sie damit begannen, sich gegenseitig zu vermischen.
Auch im Jahr 1200 NGZ gab es zwar noch „reinrassig" gebliebene Akonen und Arkoniden, doch deren Zahl wurde immer geringer. Sie waren im Grunde bereits Randexistenzen.
Die typischen Bolaner hatten die etwas dunklere Haut und Haarfarbe der Akonen und die rötlichen Albinoaugen der Arkoniden. Natürlich gab es Unterschiede. Je nachdem, welches Erbgut noch dominierte, glichen die Planetarier mehr dem einen oder dem anderen Volkstypus.
Vollkommen einheitlich waren dagegen ihre Sitten und Gepflogenheiten. Die Vorteile der beiden verschiedenen Kulturen hatten sich im Laufe der Zeit herausgefiltert und waren zum Standard geworden. Die Mode war bolanweit die gleiche, die Architektur ebenfalls. Flache, helle Häuser schmiegten sich rund und mit sanft nach außen geschwungenen Dächern in geschmackvoll gestaltete Gärten voll von üppigem Grün, was sich in der Dachmitte wiederholte - eine moderne Variante der herkömmlichen Trichterbauten. Zur Hauptblütezeit glichen die Anlagen farbigen Mosaiken. Überhaupt war Bolan eine blühende Welt. Eine Zersiedelung und technische Aufrüstung ohne Rücksicht auf die Umwelt hatte nie stattgefunden. Potentiell umweltzerstörende Industrien waren von Anfang an auf den drei Monden angesiedelt worden. Wer über leistungsfähige Großtransmitter verfügte, für den war es egal, wo produziert wurde. Die Monde waren atmosphärelose Brocken und weitgehend ausgehöhlt.
Dort gab es auch riesige Werftanlagen, in denen ebenfalls arkonidisches (Schiffbau und Waffensysteme) wie auch akonisches (Steuer- und Defensivsysteme) Knowhow eingesetzt wurde.
Denn trotz aller Bescheidenheit im alltäglichen Leben wollten die Bolaner auf Wohlstand nicht verzichten. Mit seinen Industrien und dem Kennen und Können der Planetarier war Bolan eine wirtschaftlich überaus potente Welt. Der Erlös vom Verkauf der Raumschiffsproduktion und anderer Technologie wurde immer wieder neu in Rohstoffe und Forschung investiert. Bolan selbst brauchte keine Raumflotte. Man lebte lieber für sich, und wenn man außerhalb des Pungin-Systems Dinge zu erledigen hatte, dann kaufte man sich Leute, die das machten.
Nicht unwesentlich war der Gesichtspunkt, immer so viel Geld zu haben, um sich im Fall einer Bedrohung eine kleine Kriegsflotte dingen zu können. Trotz Galaktikum und des augenblicklich herrschenden Friedens verließ man sich nicht allein darauf, daß das Pungin-System offiziell zum arkonidischen Sternenreich gehörte und sich jeder, der es auf Bolans Reichtümer abgesehen hatte, zweimal überlegen würde, ob er sich mit Arkon anlegen wollte.
Das heißt, so weit war es mit dem Frieden im Jahr 1200 NGZ auch nicht gerade her, was Bolan anging.
Bei allem guten Willen und Aufeinanderzugehen hatte es in der Vergangenheit immer wieder auch Unabhängigkeitsbestrebungen der akonischen Bevölkerungsgruppen gegeben - ob „reinblütig" oder vermischt mit noch starkem akonischem Erbanteil. Diese Separierungsversuche waren allerdings nie mit letzter Konsequenz betrieben worden, weil sie von Minderheiten kamen, die erstens keine größere Resonanz fanden und zweitens bald einsahen, daß es sich unter arkonidischer Führung doch recht gut leben ließ. Nur darum war es gegangen, um die Zugehörigkeit zum Imperium der Arkoniden; nicht etwa darum, vor zweitausend Jahren glücklicherweise Versäumtes nachzuholen und die Machtfrage auf Bolan zu stellen.
In den letzten Jahren hatte sich das geändert.
Wieder hatten sich verschiedene politische Strömungen und extremistische Gruppierungen gebildet, doch diesmal propagierten sie ihre Forderungen hartnäckiger und gingen ganz allgemein gezielter vor. Angesichts des unter Atlans Führung so verblüffend wiedererstarkten Arkonidenreiches forderten sie die Souveränität Bolans oder sogar ganz offen die Untergliederung ins akonische Sternenimperium.
Vor einem halben Jahr hatte dann der Terror begonnen.
Auf einer Welt, die zwanzig Jahrhunderte lang als galaktisches Musterbeispiel für den Frieden hätte dienen können und auf der es nie auch nur den kleinsten bewaffneten Konflikt gegeben hatte, wurden plötzlich Anschläge verübt, Menschen auf offener Straße erschossen oder entführt, Ultimaten gestellt und grausame Drohungen wahr gemacht.
Viele Unschuldige hatten schon sterben müssen. Darunter war bisher noch kein einziger Angehöriger des akonisch orientierten
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