1623 - Dimension des Grauens
Grenzen lagen. Vielleicht brauchten sie wirtschaftliche Hilfe, Hochtechnologie oder dergleichen. Das konnten sie meinetwegen haben. „Womit können wir euch helfen?" fragte ich, liebenswürdig die harte Forderung des Ennox in ein weitaus freundlicher klingendes Hilfeersuchen uminterpretierend; in solchen Künsten wurde man auf Arkons Diplomatenschulen seit mehr als zehntausend Jahren unterwiesen.
Philip indes zeigte sich von dem kleinen Manöver gänzlich unbeeindruckt. Er starrte teilnahmslos drein, stieß ein paar flötende Laute aus und bedachte mich mit keinem Blick. Er kratzte sich ausgiebig hinter dem rechten Ohr, es war, als würde ein Hund sich flöhen.
Er kontert mit anderen psychologischen Tricks, warnte mich der Extrasinn. „Was verlangt ihr Ennox von uns?" präzisierte ich meine Frage; erst danach stellte Philip seine kleinen psychologischen Manöver ein. Dieser Bursche war wirklich mit allen Wassern gewaschen, wenn auch nicht gründlich genug. „Wir sind nicht bereit, lediglich für Botengänge eingesetzt zu werden", sagte Philip und sah mich dabei an. Der Ausdruck seiner Augen war ernst, sein Grinsen hingegen wurde immer spöttischer und dreister. „Sondern?"
„In Zukunft", sagte der Ennox mit ruhiger Stimme, und seine Augen bekamen dabei einen träumerischen Glanz, „in Zukunft werden wir überall aktiv mitmischen."
Ich legte zweifelnd ein wenig den Kopf zur Seite.
Was wollte er damit ausdrücken? Doch wohl nicht etwa, daß sich die Ennox insgesamt als gleichberechtigte Partner von Arkoniden und Terranern betrachteten und auf dieser Ebene in die galaktische Politik einzusteigen gedachten. „Wie meinst du das?" fragte ich vorsichtig nach. „Wir sind dabei, Alter", erklärte der Ennox; er unterstrich seinen Standpunkt mit einem grollenden Rülpsen. „Wir räumen auf, ab, um, überall in der Galaxis, wir mischen mit, Ist doch wohl klar, was das heißt, oder, wie?"
Philip feixte mich an. „Akzeptiert, Arkon-Häuptling, es wird so kommen. Wir sind nicht länger bloß eure Botenjungen, wir sind Partner auf der galaktischen Bühne. Ich erwarte von dir Handlungsvollmacht, Prokura, du verstehst, würdiger Greis?"
Ich erstarrte für einen Augenblick.
Nicht nur diese Forderung war erschütternd - sie war schlichtweg unannehmbar! -, mich beschäftigte auch die Frage, wie ausgerechnet dieser clowneske Spaßvogel an so spezialisierte sprachliche und wirtschaftstechnische Kenntnisse kam. „Ausgeschlossen", stieß ich hervor. Eigentlich wollte ich nicht so grob sein, aber das Extrahirn marterte mich mit den entsetzlichsten Horror-Szenarien, die sich unweigerlich einstellen mußten, wenn man die Ennox auf galaktischer Bühne auf eigene Faust handeln ließ, daher fiel meine Reaktion ein wenig spontan und ungewollt drastisch aus. „Niemals!"
Es lief in der Tat auf einen Wirklichkeit gewordenen Alptraum hinaus. Wenn ich mir ausmalte; wie ein Ennox vom Schlage unseres Freundes Philip mit einem der manchmal überaus empfindsamen Gataser verhandelte, krampfte sich mir der Magen zusammen. Man stelle sich das vor: Philip im Humanidrom, eine saumäßige Ansprache mit einem krachenden Rülpser eröffnend. Und wenn er das tat, befleißigte er sich noch der konservativsten Umgangsformen, deren er fähig war. Wahrscheinlich würde er halutischen Abgesandten zweideutige sexuelle Angebote machen, ehrwürdige Springerpatriarchen beleidigen und Überschwere mit Hartbrandwichteln vergleichen. „Nur über meine Leiche!"
Philip zuckte die Achsel und massierte angelegentlich den Zwischenraum zwischen seinen krummen und nicht eben sauberen Zehen. Zwischen seinen Zähnen wälzte er dabei einen grünspanbedeckten Zahnstocher hin und her.
Philip zuckte, sichtlich gelangweilt, mit den Achseln und widmete sich da- nach dem Studium seiner Fingernägel mit einer Ernsthaftigkeit und Konzentration, als handele es sich bei dem Vorgang um ein religiöses Ritual. „Das wird sich arrangieren lassen", kommentierte der Ennox in unerschütterlichem Selbstbewußtsein. „Ich brauche dir nur einen von unseren alten, erprobten und einmaligen Witzen zu erzählen, dann ist es aus mit dir."
„Ich weiß!" seufzte ich. In der galaktischen Politik war hinter vorgehaltener Hand die Rede von nachgerade schauerlichen Szenen und Ereignissen im Zusammenhang mit Philip und Witzen. „Du weißt selbst, daß das nicht geht", appellierte ich an seine Intelligenz. „Wetten, daß doch?"
Der Ennox zeigte sich von meinen Argumenten gänzlich
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