1627 - Die Arcoana am Scheideweg
kann. Nicht von einem Sonnenlauf zum nächsten, auch nicht von Weltenlauf zu Weltenlauf. Aber wenn es soweit ist, daß ich sterbe, dann wird sich etwas verändert haben.
Ich warte auf eure Stimmen.
Es ist mir bewußt, daß ein Großdenker der Arcoana noch niemals vorher einer Zustimmung bedurfte. Der Großdenker ist in diese Position hineingewachsen, es hat niemals einen Zweifel gegeben.
Heute ist das anders. Auch das soll ein Zeichen der Veränderung sein.
Gibt es auch nur einen einzigen Arcoana, der gegen mich spricht, so gehe ich zurück nach Deumdashor, in die Eisebenen des 37. Planeten."
Er verstummte.
Auf ein Zeichen hin brach die Verbindung zu allen Planeten des Systems zusammen. Mehr gab es in diesem Augenblick nicht für ihn zu sagen, und im Grunde hatte er das Gefühl, er habe ohnehin zuviel geredet. Doch in ihm waren so viele Gedanken, ein so großes Bedürfnis, sich mitzuteilen, daß er es nicht anders hinbekommen hätte. Er war nicht perfekt, beileibe nicht, aber nun war ihm bewußt geworden, daß keiner sich an der Perfektion messen durfte. Er genausowenig wie Affraitancar oder andere vor ihm.
Qeyonderoubo und Xhanshurobar warteten in der Zentralmulde der OUCCOU lange ab. Das Volk der Arcoana zählte immer noch zwanzig Milliarden - trotz der Selbstmordwelle. Zuerst hatte es nur die Weisen getroffen, dann immer häufiger auch diejenigen, die in ihrer festgefügten Welt am stärksten gefangen waren.
Es war leicht, sich die reine Zahl vor Augen zu halten. Einige zehntausend Tote. Mehr nicht. Doch die Grenze der Anfälligkeit sank immer mehr. Zuerst nur die sogenannten Weisen ihres Volkes. Dann die nächste, niedrigere Stufe. Und der nächste Schritt, so schätzte er, würde mindestens drei- bis vierhunderttausend Arcoana betreffen, am Ende gar Millionen.
Dann wäre die Katastrophe nicht mehr aufzuhalten. Dann würde auch er nicht mehr leben wollen, und das Ende der Arcoana wäre längst gekommen.
Allmählich verstrich ein ganzer Sonnenlauf. Er ließ sämtliche Supra-Webfäden-Empfänger überprüfen - doch ohne Resultat.
Die technischen Anlagen befanden sich in bestem Zustand. Am Ende hatte sich keine einzige Gegenstimme erhoben.
Es war ein so unglaubliches Ergebnis, daß er es zuerst nicht glauben wollte. Zwei weitere Sonnenläufe lang hielt die Unsicherheit an, und er harrte nach wie vor an den Empfängern aus, um den vielleicht entscheidenden Spruch nur nicht zu versäumen. Die Nachricht, die ihn zurück nach Deumdashor brachte. Noch einmal das eisige Gefühl unter seinen Kammkrallen, den Anblick der zerklüfteten Weite rings um seine Station ...
Aber der Spruch kam nicht.
Die einzige, die sich endlich meldete, war die Konstrukteurin Colounshaba. „Du hast es geschafft, Qeyonderoubo", sang sie. „Ich bin froh darüber. Das Ergebnis stellte auch eine Bestätigung meiner Auswahl dar. Denn hättest du den Schritt nicht tun können, ich wäre ebenfalls gescheitert."
„Das ist wahr."
Qeyonderoubo starrte nachdenklich auf das Abbild ihrer Mundzangen und Punktaugen, auf den glänzenden Ausschnitt ihres Hinterleibs und auf die schmale, sexuell erregbare Zone zwischen Kopf und Panzer. Ein Gefühl der Sympathie wollte sich beim besten Willen nicht einstellen. Dazu waren die Wunden, die sie ihm mit der neuen Aufgabe zugefügt hatte, noch zu frisch. „Nun bist du der neue Großdenker der Arcoana. Was hast du vor, Qeyonderoubo? Wie soll es von nun an weitergehen?"
„Ich weiß es selbst noch nicht. Aber ich bin davon überzeugt, daß die Zeit großer Taten erst einmal vorbei ist.
Wir haben viele Schläge eingesteckt. Ich werde keine Zeit der Entdeckungen einleiten, sondern eine Phase der Konsolidierung. Die Arcoana sind ein altes Volk. Wenn ich es bewegen will, so mit der nötigen Geduld."
„Vielleicht bist du doch weiser, als du selbst glaubst."
„Zur Weisheit gehört mehr."
„Mag sein, Qeyonderoubo."
„Ich weiß es genau. - Wie dem auch sei, wir werden aufmerksamer als zuvor beobachten, was sich rund um dieses System ereignet.
Und wir denken an die Sriin. Wir werden unsere Lehren ziehen."
ENDE
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