1651 - Höllenkreis
Aber ich sage dir, dass die Welt morgen schon wieder anders aussieht.«
»Hoffentlich…«
***
Aus den feuchten Klamotten herauszukommen war eine Wohltat. Und noch besser ging es mir, als ich mich unter die Dusche stellen konnte, um die heißen Strahlen zu genießen. Danach führte mich mein Weg ins Bett, und das war für mich die große Erlösung. Ich schlief sofort ein. Sackte traumlos weg und vergaß alles, was an Ärger hinter mir lag. Einen Wecker hatte ich nicht gestellt, es war mir auch egal, ob ich verschlief, und das passierte tatsächlich. Es wurde schon hell, als ich erwachte, und Suko hatte mich auch nicht geweckt.
Er rief mich erst an, als ich mich schon angezogen hatte.
»Na, schon auf?«
»Soeben. Warum hast du mich nicht geweckt?«
»Weil es draußen regnet.«
»Toll.«
»Und auf dem Picadilly leuchtet schon der Weihnachtsbaum, hat Shao gesagt.«
»Ist ja nicht zu fassen.«
»Wann können wir los?«
»In ein paar Minuten, Suko. Ich esse nur eine Scheibe Brot, dann bin ich fertig.«
»Gut, ich warte.«
Das Brot war irgendein Körnerzeug. Ich aß es nur, damit der Magen etwas zu arbeiten hatte. Auf einen Kaffee verzichtete ich, den würde mir Glenda zubereiten, die ich von der Wohnung aus noch mal anrief.
»Bist du noch unterwegs?«, fragte sie.
»Nein. Noch gar nicht losgefahren.«
»Hatte ich mir gedacht. Freund Tanner hat schon angerufen.«
»Super. Und was wollte er?«
»Das hat er mir nicht gesagt.«
»Klang seine Stimme denn wichtig?«
»So wie immer.«
»Okay, ich werde ihn anrufen.«
»Und wann darf ich euch hier erwarten?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Möglicherweise fahren wir erst zu Tanner. Es kommt darauf an, was er herausgefunden hat.«
»Okay, wir sehen uns.«
Ich hatte mir schon gedacht, dass sich der alte Haudegen melden würde. Er war unerschütterlich. So einen wie ihn gab es nicht zweimal. In seinem Job war er exzellent und einfach nicht wegzudenken.
Ich rief ihn erst an, als ich in Sukos Wohnung stand. Er hielt sich natürlich in seinem Büro auf.
»Du wolltest uns sprechen?«
»Ja, das wollte ich. Und meine Leute haben nicht geschlafen. Ganz im Gegensatz zu euch.«
»Jeder Mensch ist anders. Was habt ihr denn herausgefunden?«
»Ich weiß nicht, ob es euch weiterbringt. Jedenfalls wissen wir jetzt, wo dieser Adrian Cox seine Behausung hatte.«
»Und wo ist das?«
»Eine Bude in der Frome Street.«
»Und wo ist das?«
»Das liegt zwischen Hoxton und Islington. Nicht weit vom Grand Union Canal entfernt.«
»Alles klar.«
»Das hörte sich nicht begeistert an.«
»Egal. Man kann sich die Gegend nicht aussuchen. Bist du schon dort gewesen?«
»Nein, das wollte ich euch überlassen. Ich wäre hingefahren, wenn mir nicht ein neuer Fall dazwischengekommen wäre. Ein Doppelmord in einem Krankenhaus. Er hat Vorrang.«
»Dann gib mir bitte die genaue Anschrift durch.«
»Ja, schreib auf.«
»Kann ich so behalten.«
»Fein, fein, Geisterjäger.«
Wir wünschten uns gegenseitig viel Glück, dann wurde es Zeit für uns, loszufahren. Bei dem Wetter war das alles andere als ein Vergnügen.
Suko übernahm das Lenkrad und ließ mich telefonieren. Diesmal sprach ich mit Sir James Powell, unserem Chef, und erklärte ihm die Lage. Er erfuhr auch, was wir in der Nacht erlebt hatten und gab uns freie Bahn. Eine Frage stellte er auch noch.
»Haben Sie denn einen konkreten Verdacht, wer dahinterstecken könnte?«
»Nein. Auf jeden Fall tendiere ich nicht zu den Engeln.«
»Und sonst?«
»Nichts, Sir. Wir hoffen, dass wir in der Wohnung des Mannes Spuren finden.«
»Dann halten Sie mich auf dem Laufenden.«
»Das versteht sich.«
Stoppen, fahren, wieder anhalten, weiter durch die Straßen schleichen und einer Musik zuhören, die durch zahlreiche Regentropfen auf den Auto scheiben hinterlassen wurde. Es war alles andere als ein Vergnügen, sich durch das morgendliche London zu quälen, wobei nicht nur Berufspendler unterwegs waren, sondern auch zahlreiche Shopper, die ihre Weihnachtseinkäufe schon jetzt tätigten, um nicht kurz vor dem Fest in den ganz großen Stress zu geraten. Es war wie immer. London kochte über, wenn das Fest der gegenseitigen Erpressung näher kam. Ich ließ Suko in Ruhe fahren und dachte intensiv über das Wesen nach, das wir nur für einen kurzen Moment zu Gesicht bekommen hatten. Es war kein Engel gewesen, auch kein Mensch. Aber auf seinem Rücken waren Flügel gewachsen, und es trug auch keinen Fetzen Kleidung am Leib, hatte
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