1676 - Die Jenseits-Kutsche
mich auf die Conollys. Bill deutete ein Schulterzucken an. Sheila hatte den Kopf zur Seite gedreht und kämpfte mit den Tränen.
Was sollte ich tun?
Vielleicht war es besser, wenn ich mit den beiden redete und wir die Dinge noch mal durchgingen.
Ich drehte mich zur Seite und wollte dabei das Kreuz wieder von Johnnys Brust nehmen, als ich mit einem letzten Blick sein Gesicht streifte. Da sah ich das Zucken!
Mich durchfuhr es wie ein elektrischer Schlag.
Hatte es das Zucken auf Johnnys linker Wange wirklich gegeben oder hatte ich es mir nur eingebildet?
Sicher war ich nicht. Um mir die Sicherheit zu verschaffen, riskierte ich einen zweiten Blick.
Das war kein Zucken zu sehen.
Also doch nicht.
Eine Täuschung, eine Einbildung, ich hätte es so gern gehabt, aber das Schicksal stand in diesem Augenblick nicht auf meiner Seite. Also mussten wir… Da bewegten sich Johnnys Wimpern.
Das war auch Sheila aufgefallen. »Mein Gott, da war doch was an seinen Augen!« Sie wollte zum Bett laufen, doch Bill hielt sie zurück.
»Was sagst du, John?«
»Ich denke, dass Sheila recht haben könnte. Das will ich genau wissen.«
Sheila war noch immer mehr als nervös. Sie sprach auf Bill ein, der-sich ruhig verhielt, sie mit Worten zu besänftigen versuchte und ihr zudem erklärte, dass sie mich nicht stören durfte.
Ich konzentrierte mich auf Johnnys Gesicht. Es war wieder in die alte Starre verfallen, dann aber erlebte ich die nächste Überraschung, denn plötzlich zitterten seine Lippen. Tatsächlich drang so etwas wie eine Mischung aus Flüstern und Atmen durch den Spalt.
Sheila hatte sich wieder gefangen. Sie hielt jetzt den Mund, und ich beugte mich zu Johnny hinunter, weil ich damit rechnete, dass er mir etwas zu sagen hatte. Das Kreuz lag nach wie vor wie ein Mittler auf seiner Brust. Ich besah es mir jetzt genauer und wartete eigentlich darauf, dass es sich erwärmte und ein anderes Zeichen von sich gab, was momentan noch nicht geschah.
Nur die leichten Bewegungen der blassen Lippen blieben bestehen. Ich versuchte es anders und flüsterte: »Kannst du mich hören, Johnny? Hörst du mich?«
Zunächst erhielt ich keine Antwort. Ich gab nicht auf, sondern fragte weiter: »Kannst du mich hören?«
Johnny versuchte es. Sein Mund nahm eine andere Form an. Es sah so aus, als wollte er etwas Bestimmtes sagen, wobei er Mühe hatte, die richtigen Worte zu finden.
»Bitte, wenn du mich hörst, dann…«
Ein leises Stöhnen erreichte mich. Darüber freuten wir uns alle. Bill musste Sheila weiterhin zurückhalten. Auf keinen Fall sollte sie ihren Sohn ansprechen und ihn womöglich durcheinanderbringen.
»Die Kutsche…«
Es war der erste Begriff, den ich zu hören bekam. Und ich hatte ihn auch verstanden.
»Was sagt er?«, flüsterte Sheila.
»Er hat von einer Kutsche gesprochen.«
Damit konnte Sheila nichts anfangen. Ich hoffte für uns alle, dass es so etwas wie ein Anfang gewesen war und Johnny noch mehr sagen würde.
Wieder konzentrierten wir uns ausschließlich auf ihn. Emeut übernahm ich das Wort.
»Hast du uns noch etwas zu sagen?«
Was keiner von uns für möglich gehalten hatte, trat nun ein. Johnny meldete sich erneut.
»Die - die Vogelscheuche…«
Wieder hatte ich einen Begriff gehört, mit dem ich nichts anfangen konnte. Bill und Sheila hatten das Wort nicht verstanden. Sie wollten wissen, was ihr Sohn gesagt hatte. Ich sagte es ihnen.
Sheila schüttelte den Kopf. »Was soll das denn? Hast du wirklich Vogelscheuche verstanden?«
»Ja.«
»Und jetzt lass John in Ruhe, Sheila«, murmelte Bill.
Ich sah, dass Johnny sich anstrengte. Aus seinem Mund drang ein leises Stöhnen, aber in den Augen tat sich nichts.
Ich musste Geduld haben. Mein Gefühl sagte mir, dass wir noch etwas zu hören bekommen würden, und da hatte ich mich nicht getäuscht, denn wieder verstand ich ein Wort.
»Der Prinz…«
Ich schüttelte den Kopf. Die Kutsche, die Vogelscheuche, der Prinz - das waren Begriffe, die jeder kannte, doch in welcher Verbindung standen sie hier miteinander?
»Was sollte das?«, fragte Bill.
»Ich weiß es nicht, Bill.«
»Er hat Prinz gesagt?«
»Ja.«
»Und glaubst du, dass er noch mehr von sich geben wird?«
»Ich hoffe es.«
Es blieb uns nichts anderes übrig, als abzuwarten und auf Johnny zu hoffen. War es vorbei? Hatte er alles gesagt, was es zu sagen gab? Oder riss er sich zusammen?
Erneut begann die Zeit des Wartens. Es blieb still, bis Sheila die Stille unterbrach.
»Ich halte
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