168 - Das fremde Leben
mit einer Antwort rechnen darf.«
»Einverstanden.«
»Seit wann bist du zu zweit?«
Gilam'esh fuhr in seiner Sitzkuhle hoch.
Seine Kiemenspalten bebten, sein Scheitelkamm verfärbte sich hochrot. »Woher weißt du…?«
»Ich habe den anderen gespürt. Ihr sprecht sehr oft miteinander, wenn man das ›sprechen‹ nennen darf. Seit wann?« Der Ditrydree blickte sich um. Nur Manil'bud saß mit ihnen in der Steuerzelle. Sie hatte er eingeweiht.
»Seit meiner Bluttaufe«, sagte Gilam'esh heiser. »Er fuhr einfach in mich.«
»Einer der Schöpfer?«
»Das frage ich mich auch manchmal.« Gilam'esh zuckte mit den Schultern. »Er nennt sich Maddrax und behauptet, der Geist eines Menschen zu sein. So nennt sich das Volk aus der Zukunft von Ork'huz…«
»… den du bei dir selbst auch ›Erde‹ nennst, nicht wahr?«
»So ist es. Ich will versuchen, mit dem Tunnelfeld einen Weg dorthin zu schaffen. Ich weiß, es ist gefährlich und so gut wie unmöglich. Aber da wir sonst keine Möglichkeit haben, versuche ich es. Jetzt beantworte meine Frage.«
»Ja, ich habe das Tunnelfeld getestet.«
»Du kennst also eine Möglichkeit, zurückzukehren?«
»Ja. Doch diese Möglichkeit steht nur sehr wenigen Hydree offen. Vielleicht sogar nur uns beiden.«
Wieder beobachtete Gilam'esh den anderen von der Seite.
»Uns beiden?« Er runzelte die Schuppenstirn. Die Spitzen seines Scheitelkamms vibrierten.
»Haben wir etwas gemeinsam?«
»Wir können unseren Geist dazu bringen, den Körper zu verlassen. Ich kenne sonst niemanden, der diese Kunst beherrscht. Körperlich war ich nicht im Strahl; natürlich nicht, sonst säße ich nicht hier…«
Der Unterkiefer sank Gilam'esh nach unten. Er war völlig perplex. »Auch das weißt du?«, flüsterte er.
»Auch das. Und ich glaube auch zu wissen, dass du das Tunnelfeld sehr bald schon auf die gleiche Weise testen willst, wie ich es getan habe.«
»Was hast du erlebt?«
»Nicht viel, Gilam'esh. Vergiss nicht, dass wir das Tunnelfeld vor der Kriegszeit gegen die Patrydree auf keinen bewusst gewählten Zielpunkt richten konnten, weder räumlich und schon gar nicht zeitlich. Ich fand mich plötzlich in einem unbekannten Gewässer wieder. Es war dunkel und es muss kalt gewesen sein, denn über mir dehnte sich eine Eisfläche aus.«
»Im Eismeer einer zukünftigen Eiszeit Rotgrunds?«
»Möglich, sehr wahrscheinlich sogar. Jedenfalls geriet mein Geist in eine Art Sog, der mich immer weiter in die Zukunft reißen wollte. Ich musste meine gesamte Willenskraft aufbieten, um mich dagegen zu stemmen und in die Ausgangszeit und den Ausgangspunkt auf Rotgrund zurückkehren zu können.«
»Man kann also auch verloren gehen, wenn sein Geist den Strahl betritt?«
»Es könnte sein, Gilam'esh. Wie auch immer: Ich bin froh, einen Hydree getroffen zu haben, der so viel Mut besitzt wie du und der sein Leben für die Rettung unserer Völker aufs Spiel setzt. Dennoch lass dich warnen: Es ist sehr gefährlich, was du planst…«
***
»Gilam'esh von Tarb'lhasot schickt dir eine Botschaft, verehrter Mosh'oyot von Dibr'dryn.« Ramyd'sam sank vor dem Ersten Hochrat der Ditrydree auf den Boden.
»Und er schickt dich?« Mosh'oyot wunderte sich, denn der ehemalige Schwarmmeister von Gilam'esh diente ihm schon seit sechs Umläufen als treuer Kundschafter. Ramyd'sam arbeitete im Forschungsteam Gilam'eshs mit, und Gilam'esh wusste genau, dass er dem Ersten Hochrat treu ergeben war.
Was auch immer in der Tunnelfeldanlage geschah – jede neue Erkenntnis, die man gewann, jeden daraus folgenden Planungsschritt, den man einleitete – Ramyd'sam schickte Boten in die Hauptstadt, damit Mosh'oyot davon erfuhr.
»Er schickt mich, und er lässt ausrichten, dass er das Tunnelfeld in sechs Lichtern und sechs Finsternissen testen wird.«
»Schon?!« Mosh'oyot stieß sich aus seiner Liegekuhle ab und tauchte zum Zenit seiner Wohnkuppel hinauf. »Warum bekomme ich diese Botschaft nicht früher?« Er aktivierte die Sichtfeldmembran im Kuppelzenit. Die Wasserwelt über der Stadt wurde sichtbar.
»Ich habe Gilam'esh schon vor sieben Lichtern gedrängt, einen Boten zu schicken.« Ramyd'sam tauchte seinem Ersten Hochrat hinterher. »Er hörte nicht auf mich. Und mir selbst bürdete er so viel Arbeit auf, dass ich erst jetzt kommen konnte.«
»Schon wieder erdreistet er sich, mir erst im letzten Moment Bescheid zu sagen!« Finster starrte Mosh'oyot in die Sichtfeldmembran. Seegras wiegte sich in der Strömung,
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