176 - Insel der Fledermäuse
Aypayat fest, entlastete Aruula.
Sechs Atemzüge waren vergangen, seitdem sie die Eiseneier hatte fallen lassen. Gleich würde…
Ein unfassbares Krachen betäubte sie trotz der Ohrstöpsel. Zwei gewaltige Explosionen erfolgten knapp hintereinander. Gesteinsbrocken, Fetzen von Fleisch, Feuerholz und nicht identifizierbare Metallteile schossen waagerecht und knapp neben Aruula durch die Luft. Die Luft war durchmischt von widerlichem Gestank, dem Brüllen des Berges und dem Fiepen sterbender Batangs.
Etwas, das einmal ein Hydrit gewesen sein mochte, flog davon, durchbohrt von Splitterteilen der Eiseneier.
Die Felswand bröckelte unter ihren Fingern weg!
Aypayat, der heilige Berg, zeigte sich – zu Recht! – erbost über jene Wesen, die in seiner Flanke saßen und seinen mächtigen Leib piesackten.
Aruula drängte Yngve seitwärts weg. Schon regneten losgelöste faustgroße Gesteinsbrocken von oben herab, bildeten sich breite Risse im Fels.
Wie ein Gebirgstier stieg sie nun zur Seite, hoffend, dass Yngve wach genug war, ihr in ähnlichem Tempo zu folgen. Das Grollen und Donnern und Wüten des Berges wollte kein Ende nehmen, während Aruula kletterte, kletterte, kletterte…
8.
Der Morgen dämmerte, als sie müde und entkräftet den Fuß des Aypayat erreichten. In wenigen hundert Metern Entfernung lag der Offene Kreis. Die Gerölllawine, die von den Explosionen ausgelöst worden war, staute sich hingegen hier.
»Ein Batang«, keuchte Yngve. Er zog eine durchsiebte Flügelschwinge unter dem Gestein hervor.
»Wir sollten uns das Biest genauer ansehen«, sagte Aruula. Mit ihren Waffen hebelten sie den halb verdeckten Kadaver des Tieres hervor. Er stank bestialisch. Der Unterleib war aufgerissen. Kolonnen kleiner scharfzahniger Aastiere hatten sich bereits vorgearbeitet.
»Dieser Geruch ist nicht normal«, sagte Aruula.
Angewidert vertrieb sie grün glänzende Fleggen und schnüffelte über die durchlöcherte Lederhaut.
»Jedes Aas riecht anders«, entgegnete Yngve. Er schüttelte angewidert den Kopf.
Aruula schwieg. Sie wollte sich auf keine Diskussion mit ihrem Begleiter einlassen. Der Noorwejer hatte die Erlebnisse bei den Batangs noch nicht ganz verdaut. Auch weigerte er sich, über seine Erlebnisse nach der Gefangennahme zu sprechen. Zweifelsohne hatte er in den Gedanken des Hydriten gelauscht. Irgendwann würde sie ihn darauf ansprechen müssen…
Aruula vertrieb lästige Käfer und tastete den leblosen Batang-Körper ab. Seltsamerweise wirkte er weniger…
kompakt, als sie ihn in Erinnerung hatte. Die Flügel waren dünn, fast fragil, die Krallen gerade mal bessere Greifhilfen. Und sie fühlten sich nass an.
»Was tust du da?«, fragte Yngve angewidert.
»Die Flüssigkeit, mit dem der Batang bedeckt ist, schmeckt salzig«, sagte Aruula.
»Und?«
»Für was würdest du das hier halten?« Sie zog einen zwei oder drei Zentimeter starken Hautlappen unter dem Kadaver hervor. Er war schwabbelig, grau und relativ schwer. Aruula wollte das Teil zerreißen, schaffte es aber nicht.
»Keine Ahnung«, sagte Yngve ohne besonderes Interesse und gähnte unverhüllt. »Ich hab so was noch nie gesehen.«
Aruula zog ihr Schwert und versuchte das Hautstück erst entzwei zu säbeln, und als das nicht funktionierte, zu zerhacken. Trotz aller Anstrengungen dauerte es lange, bis es gelang.
»Das gehört doch nicht zum Körper des Batang«, sagte Yngve. »Vielleicht zum Hydriten?«
»Nicht zu ihm selbst…«, murmelte Aruula halblaut.
»Aber es erinnert mich an dieses Zeug, aus dem sie alles anfertigen, was sie zum Leben brauchen… wie hieß es noch gleich?« Sie dachte nach, dann fiel es ihr ein: »Bio … tekknik, nein: Bionetikk!«
»Was soll das sein?« Yngve hatte sich in einigen Schritten Entfernung niedergesetzt.
»Die Hydriten benutzen das Zeug als Baustoff, so wie wir Lehm und Stroh«, erklärte sie, was sie selbst nicht ganz begriff. »Irgendwie… ist es lebendig. Und unglaublich widerstandsfähig. Den Jüngern des Mar'os-Kults muss es gelungen sein, es um die Batangs zu legen und sie damit zu steuern!«
»Mar'os-Kult? Was ist das schon wieder?«
Aruula seufzte – und erklärte es ihm.
»Aus irgendeinem Grund müssen sie auf den Geschmack von Landlebewesen gekommen sein«, fuhr sie dann fort, während sie hin und her ging. »Das Fleisch treibt sie zur Raserei, steigert ihren sexuellen Appetit und macht sie richtiggehend süchtig.« Aruula blieb stehen.
»Solange wir diese Mar'os-Jünger nicht
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