1780 - Blick in die Hölle
Trippelschritten auf mich zu. Die Sense hatte sie geschwungen, ein Windzug erwischte seine Kapuze und wirbelte sie von seinem Kopf.
Ich sah ihn jetzt besser.
War das Matthias? Trotz der stahlblauen und gefühllosen Augen glaubte ich nicht, dass er es war. Das wurde mir innerhalb einer Sekunde klar, doch das half mir wenig, denn ich musste auf das blutige Sensenblatt achten, das auf mich niederfuhr.
Wieder rette ich mich mit einer schnellen Bewegung. Ich schwang dabei herum und zog meine Beretta, denn jetzt wollte ich der Gestalt zumindest zeigen, dass sie mit mir noch zu rechnen hatte. In der Bewegung schoss ich.
Die Kugel schlug unterhalb des Kinns in den Hals des Kuttenträgers, der aber nicht verging, sondern zu einem regelrechten Wirbelsturm wurde, als er sich zurückzog. Er floh. Nein, das war keine Flucht im eigentlichen Sinne. Er floh nicht, er wurde geholt. Mir kam es vor, als hinge er an einem dicken Gummiband, das ihn in eine bestimmte Richtung zerrte.
Die Kraft war so stark, dass er vom Boden abhob und rücklings ins Nichts des Himmels raste, der auch in dieser Dimension vorhanden war.
Ich konnte nichts tun, als nur hinter ihm her zu schauen. Er war weg, aber er war leider nicht vernichtet. Einer wie er kam manchmal wieder, um sich zu rächen.
Das war mir in diesen Momenten allerdings egal. Es hätte mir wirklich keinen Spaß bereitet, gegen die Schlangen zu kämpfen. Ich hätte mein Magazin leeren müssen, aber alle Schlangen hätte ich nicht vernichten können.
Was taten sie? Sie zogen sich zurück. Schnell und geschickt glitten sie über den Boden und verschwanden in irgendwelchen Löchern. In diesen Verstecken waren sie vor meinen Kugeln sicher.
Und was passierte mit mir?
Eigentlich nichts. Ich stand in dieser anderen Welt, war auch bereit, mich zu verteidigen, und erlebte, wie sich meine Umgebung auflöste. Ja, sie verschwand – bis auf mich.
Ich tat auch nichts, um etwas daran zu ändern, ich blieb einfach auf der Stelle stehen.
Die andere Welt entfernte sich von mir. Sie wurde blasser und blasser, während diejenige, in der ich lebte, wieder zurückkehrte.
Ja, sie war plötzlich da.
Ich bekam das Innere des Hexenhauses zu Gesicht und hörte die Stimme meines Freundes Bill Conolly.
»Du bist auch für jede Überraschung gut, Alter...«
***
Ich musste lachen, dann schüttelte ich den Kopf und sah drei Personen in meiner Nähe stehen. Da war zum einen Bill, der mich so nett begrüßt hatte, seinen Sohn Johnny sah ich ebenfalls, und zwei Schritte von ihm entfernt stand Maggy Cole, die nichts sagte, mich aber anstarrte, als wäre ich ein Geist.
»Was ist los?«, fragte ich in die Runde.
Bill hob die Schultern. »Wie es aussah, hattest du nur wenige Chancen, aber die hast du genutzt.«
»Es ging. Ich wollte zuerst zusehen, dass ich rauskam. Ist mir gelungen, denn die Welt hat sich zurückgezogen, was mir natürlich entgegenkam.«
»Kann ich mir denken. Jetzt bist du hier und kannst dir die Wand anschauen.«
Das tat ich in aller Ruhe, aber da war nichts mehr zu sehen. Die beiden Welten waren wieder voneinander getrennt. Es gab keinen Hinweis mehr auf die Hölle, und ich war gespannt darauf, zu hören, was Maggy Cole dazu sagte.
Von allein reagierte sie nicht. Sie stand da und hatte ihre Hände zu Fäusten geballt. Sie wusste offenbar nicht, wohin sie schauen sollte. So richtig wohl schien sie sich nicht zu fühlen. Ich glaubte auch nicht, dass sie voll auf der anderen Seite stand. Für mich war sie eine Person, die in einen Teufelskreis geraten war und alles getan hatte, um zu überleben.
Sie sah aber, dass ich ihr zunickte und reagierte auf der Stelle. »Bitte, fragen Sie mich nichts. Ich weiß nämlich nichts. Es ist alles viel komplizierter, als Sie denken.«
»Wieso?«
»Sie wollen nun bestimmt von mir wissen, was hier alles passiert ist?«
»In der Tat.«
Sie winkte heftig ab. »Vergessen Sie es. Ich kann es Ihnen nicht sagen.«
»Sie wissen doch noch gar nicht, was ich Sie fragen wollte.«
»Doch, Sie machen sich Gedanken über das Geschehen, aber damit habe ich nichts zu tun. Ich kann Ihnen nicht helfen. Was dort abläuft, das geschieht ohne mein Zutun. Ich habe nur das Haus zur Verfügung gestellt und halte mich ansonsten aus allem heraus.«
Jetzt meldete sich Bill Conolly. »Dabei hätten Sie längst zur Polizei gehen müssen, was die Vermissten angeht.«
Ich wurde hellhörig. »Welche Vermissten?«
Bill winkte ab. »Das erkläre ich dir später. Nur so viel, die
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