1780 - Blick in die Hölle
meine Richtung nicht geändert und bewegte mich weiterhin auf die Stelle zu, an der ich den Kuttenträger zum ersten Mal gesehen hatte.
Da stand er nicht mehr!
Ich ging einige Schritte weiter und schaute mich dabei um. Wieder hatte ich Pech, denn vom Sensenmann war nichts mehr zu sehen.
Er hatte sich versteckt. Dass er geflohen war, daran glaubte ich nicht.
An Bill und Johnny dachte ich ebenfalls. Ich wusste ja, woher ich gekommen war. Ich blickte nach rechts, und wieder wurde ich enttäuscht.
Man konnte zwar in die Welt hineinschauen, aber nicht aus ihr hervor, und so musste ich passen, weil ich von meinen Freunden einfach nichts mehr sah.
Egal, es gab keinen Grund für mich, die Suche einzustellen. Weit würde ich sowieso nicht gehen. Ich wollte mich nicht zu weit vom Ausgang entfernen.
Meine Sicht war gut. Der große Vollmond leuchtete mit seinem kalten Licht diese Welt aus, und ich fragte mich, ob es der Mond war, den wir kannten.
Ich wartete weiterhin auf eine Bewegung, die aber nicht erfolgte. Dafür ging ich weiter und erreichte bald den Punkt, an dem ich den Kuttenträger gesehen hatte. Dort stand auch der schlanke Turm, der wie eine Zigarre in den Himmel ragte. Hier hatte ich den Schnitter gesehen, doch jetzt sah ich nichts mehr von ihm.
Er hatte sich zurückgezogen, versteckt, was auch immer. Aber warum hatte er das getan? Was hatte ihn dazu bewogen? War es meine Ankunft in seiner Welt, dass er sich so benahm? Ich wusste keine Antwort darauf und nahm mir vor, nicht auf ihn zu warten. Ich wollte mich ein wenig umschauen, und so steuerte ich den Turm an, der unten einen Zugang hatte, dessen Eingang nicht geschlossen war.
Ich holte meine kleine Leuchte hervor, um besser sehen zu können. Auch hier funktionierte die Taschenlampe, deren heller Kegel über die Mauer des Baus glitt.
Das Licht der Lampe war sehr stark und erreichte fast das Ende des Turms. Auf dem Weg dorthin waren mir einige Fenster aufgefallen. Allerdings so schmal, dass sie schon mehr Schießscharten glichen. Viel Licht konnte auch tagsüber nicht in den recht schmalen Turm hineinfallen. Sein Inneres würde immer recht düster bleiben.
Mit steinernen Türmen hatte ich meine Erfahrungen gemacht. Die waren nicht immer positiv gewesen. Manches Mal hatte es Stress bis zur Oberkante Unterlippe gegeben.
Dass ich bisher nichts davon bemerkt hatte, darüber war ich froh und hoffte, dass es noch eine Weile so bleiben würde.
Der Eingang des Turms war offen, keine Tür versperrte mir den Weg, und diese Einladung nahm ich gern an.
Der Strahl der kleinen Lampe riss eine Treppe aus der Dunkelheit.
Hochgehen oder hier unten bleiben?
Ich tat etwas anderes. Ich baute mich dicht neben den ersten Stufen auf und schickte den Strahl meiner Lampe in die Höhe. Nicht über die Stufen hinweg, sondern durch die Lücke an der Innenseite der Stufen.
Der Strahl riss das Gestein aus der Dunkelheit, aber er zeigte mir nicht das, auf das ich wartete.
Der Sensenmann ließ sich nicht blicken, obwohl die Eingangstür weit offen stand.
Ich war vorsichtig, als ich das Haus wieder verließ. Draußen hatte sich das Bild nicht verändert. Alles wies auf eine friedliche Nacht hin.
Was war hier noch zu entdecken? Ich hatte mich auf den Sensenmann konzentriert, musste mir aber nun eingestehen, dass es ihn nicht gab, und das ärgerte mich schon.
Ich schaute mich vor dem Turm um. Mein Kreuz blieb untätig. Mit einem Angriff musste ich nicht rechnen, und so dachte ich darüber nach, diese Welt wieder zu verlassen. Der Gedanke allerdings war rasch vorbei, denn dann passierte doch etwas. Ich spürte ein leises Vibrieren und dann wellenartige Bewegungen des Bodens, als wären diese die Vorboten eines Erdbebens.
Das machte mich schon nervös. Ich ging einige Meter zur Seite und spürte auch an dieser Stelle die Vibrationen. Es blieb dabei, es zeigte sich nichts Neues, und die Bodenbewegungen schwächten sich auch ab. Ich konnte wieder Luft holen.
Der Turm stand fest. Nichts wackelte. Auch bei den anderen Gebäuden verhielt es sich so. Weshalb waren dann die Vibrationen aufgetreten? Da kam ich nicht mit. Es gab auch kein Monster, das aus dem Boden gekrochen wäre.
Und doch hatte sich etwas verändert. Zwischen mir und dem Turm sah ich die Bewegungen. Sie liefen vor meinen Füßen auf dem Boden ab und ich sah, dass es sich um pechschwarze Schlangen handelte, die ihren Weg aus der Tiefe an die Oberfläche gefunden hatten. Und ich hörte ein leises Lachen.
So lachte
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