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1781 - Die Nackten und die Seherin

1781 - Die Nackten und die Seherin

Titel: 1781 - Die Nackten und die Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Selbst ich als Seherin habe es da schwer. Ich glaube, dass es Menschen waren, die darauf warten, von den Engeln in Empfang genommen zu werden, was diese aber nicht tun.«
    »Und warum tun sie das nicht?«
    Elisa legte den Kopf schief. »Ich kann daran auch nichts ändern. Die Engel meinen, dass sie es nicht wert sind. Noch sollen sie ihre Chance nicht bekommen und einfach nur da bleiben, wo sie sind.«
    »Und wo sind sie?«, fragte Glenda.
    »Im Fegefeuer...«
    ***
    Diese Antwort hätte sie fast vom Stuhl gehauen. Mit allem Möglichen hatte sie gerechnet, nur nicht damit. Ein Fegefeuer war für sie bisher immer weit weg gewesen. Glenda hatte Probleme, daran zu glauben, was man ihr als Kind eingetrichtert hatte. Das Fegefeuer, in dem die Menschen nach ihrem Tod lagen, die nicht so stark gesündigt hatten. Für die Hölle zu gut, für den Himmel zu schlecht. Eine gewisse Leidensphase sollten sie noch durchleben, dann erst waren sie bereit, die Herrlichkeit zu erlangen.
    So jedenfalls wurde es beschrieben, so wurde auch oft darüber mit Kindern gesprochen. Zumeist in Gegenden, in denen die Menschen konservativ waren und alles das wörtlich nahmen, was in der Bibel stand und in einigen der sie begleitenden Bücher.
    »Du hast gesagt, dass sie im Fegefeuer sind?«
    »Ja.«
    »Und du glaubst daran?«
    »Warum sollten sie mich anlügen? Ich habe schon einige Male mit ihnen gesprochen.«
    »Und sie haben das akzeptiert?«
    »Ja, was blieb ihnen auch anderes übrig? Jetzt sind sie wieder unterwegs.«
    »Wohin denn?«
    Elisa lachte und winkte ab. »Das kann ich dir so genau auch nicht sagen. Sie sind auf der Suche nach der Erlösung.«
    Elisa zog Glenda zur Seite.
    »Lass uns ein kleines Stück gehen.«
    »Gern. Aber warum?«
    »Das ist ganz einfach. Weil ich nicht möchte, dass man uns hört.«
    »Aber wer kann uns denn hören?«
    Elisa blieb mit ihrer Antwort unbestimmt. »Es gibt mehr Ohren in der Natur, als du es dir vorstellen kannst.«
    »Und wo willst du hin?«
    »Wir bleiben in der Nähe.«
    »Gut«, sagte Glenda, der nichts anderes übrig blieb. Allein würde sie sich hier nicht zurechtfinden, sie musste sich schon auf Elisa verlassen. Feinde waren zwar nicht zu sehen, konnten aber jederzeit auftauchen und die Menschen verscheuchen.
    Elisa stand auf, als wäre nichts gewesen. Man sah ihr nicht an, was sie hinter sich hatte. Dieser Zauber war eben etwas ganz anderes und mit normalen Maßstäben nicht zu messen.
    Auch Glenda erhob sich. Sie war innerlich aufgewühlt. Ihre Gedanken wirbelten und nahmen erst allmählich Gestalt an.
    Glenda dachte an John Sinclair. Wenn er gewusst hätte, was ihn erwartete, dann wäre er sicherlich gekommen. Denn dieses Phänomen war etwas für ihn.
    Elisa gab Glenda ein Zeichen, ihr zu folgen.
    »Und wohin gehen wir?«
    »In den Garten.«
    »Okay, der ist hier. Und weiter?«
    »Wir ruhen uns aus. Die Nacht ist lang, und da kann noch viel geschehen.«
    Glenda ging nicht. Sie blieb stehen. »Du weißt genau, was da noch passieren könnte. Oder?«
    »Nein, ich weiß es nicht. Niemand kann vorher sagen, was sie vorhaben. Sie wollen in die Zonen der Engel, aber das Fegefeuer lässt es noch nicht zu.«
    Glenda Perkins hatte dem Mädchen bisher nicht widersprochen. Jetzt aber sagte sie: »Du sprichst immer wieder vom Fegefeuer. Ich frage dich und auch mich, ob es das gibt.«
    »Aber sicher gibt es das.«
    »Dann erkläre es mir.«
    Elisa nickte. »Es ist das Gebiet zwischen Himmel und Hölle. Das nennt man Fegefeuer. Dorthin geraten Sünder, die erst noch geläutert werden müssen, bevor sie die Herrlichkeit erlangen. Auch dort sind gestürzte Engel zu finden, und zwar solche, die sich zwar aufgelehnt haben, die aber noch nicht so verdorben gewesen sind. Da hat man bei ihnen noch mal Gnade vor Recht ergehen lassen.«
    »Und wer sind sie gewesen, die ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe und die einen Kreis bilden konnten?«
    »Das waren keine Engel.«
    »Weißt du das genau?«
    »Ja.«
    »Dann sind es also Menschen gewesen.«
    »Ja.«
    »Und du hast sie geholt?«
    Elisa lächelte. »Das habe ich.«
    »Aber wie? Wie ist so etwas möglich? Ich habe dich atmen gesehen, und plötzlich wurde dein Atem sichtbar. Er verfestigte sich, und in ihm erschienen die nackten Körper. Für mich sah es so aus, als hättest du sie geschaffen.«
    »Nein, so etwas kann ich nicht.«
    »Aber wo sind sie dann hergekommen?«
    »Aus dem Fegefeuer, das sagte ich doch. Es ist für dich nicht sichtbar, nimm es einfach

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