1786 - Das Reparaturgehirn
erweisen. Was, wenn die ausgefallenen Operas und Stabroboter wieder zum Leben erwachten? Wenn möglicherweise ein übergeordneter Computer die Steuerung an sich riß?
„Aachthor ...?"
Tolot hob die Arme. Von einer Sekunde zur anderen herrschte völlige Stille. Keiner aus dem Kommando bewegte sich, die meisten holten nicht einmal Atem. Es war ziemlich eindeutig, daß Atlan soeben gesprochen hatte.
„Ich bin nicht Aachthor ..."
Die Stimme des Arkoniden tönte mit sehr geringer Lautstärke, und Icho Tolot war gemeinsam mit Dao-Lin-H'ay vermutlich der einzige, dessen Gehör die nötige Feinheit besaß, um das Gewisper zu verstehen.
Tolot, Tekener, Dao-Lin-H'ay und die Mitglieder des Kommandos warteten voller Spannung ab. Doch der Arkonide sagte kein einziges Wort mehr. Wie erstarrt stand er da, als zur Säule gewordener Mensch mit langen weißen Haaren und grüner Gefängniskleidung.
„Atlan, mein Kleines", grollte der Haluter. Seine Stimme war nicht übermäßig laut, doch er hoffte mit einiger Berechtigung, daß der Arkonide ihn verstand. „Was bedeutet das, Aachthor? Heißt der Erzähler so? Hat dieser Erzähler etwa einen Namen?"
Atlan reagierte zuerst nicht. Dann aber öffnete er um einen Spaltbreit die Augen. Sein Blick war verschleiert, Lichtjahre weit entfernt in einer Geisteswelt; ein Wunder, daß er es trotzdem fertigbrachte, den Haluter zu fixieren.
„Tolotos! Sei still. Ich erfahre alles über das Gehirn."
„Über was für ein Gehirn?"
„Über die Positronik. RobRepair. So nenne ich sie jetzt."
Icho Tolot wollte weitere Fragen stellen, doch der Arkonide hatte die Augen wieder geschlossen.
Seine Lippen öffneten sich ein bißchen, aus den Gliedern wich die Spannung, und die Restreaktion auf seine Umwelt hörte binnen weniger Sekunden vollständig auf.
„Das hat keinen Sinn mehr", stellte Ronald Tekener nüchtern fest. „Immerhin hat das Kind jetzt einen Namen. Es scheint so, als bekämen wir es mit >Rob Repair< zu tun. Wir müssen die Positronik schnellstens untersuchen. Mit allen Kräften, die wir haben."
„Ich stimme zu", meinte Tolot. „Aber wir dürfen Atlan nicht allein lassen. Es könnte sein, daß ihm Gefahr droht. Jemand muß dableiben, der jederzeit eingreifen und ihn befreien kann."
Unschlüssig schauten sie in die Runde. Das Kommando bestand aus knapp dreißig Personen, die Unsterblichen eingeschlossen, aber keiner zeigte große Neigung, seine Zeit als Wächter zu vergeuden.
„Ich melde mich freiwillig", zischte Dao-Lin-H'ay plötzlich. „Ich und zwei meiner Leute werden ihn bewachen. Macht euch keine Sorgen, Atlan geschieht nichts."
„Du?" Ronald Tekener wölbte überrascht die Augenbrauen. „Warum ausgerechnet du, Dao-Lin?"
In Wirklichkeit wollte er wohl sagen: Warum gibt sich eine Aktivatorträgerin mit einem simplen Bewachungsauftrag ab? Aber es wäre herabsetzend den anderen gegenüber gewesen, diese Worte offen auszusprechen.
„Weil ich will, daß Atlan nichts geschieht", sagte sie. „Und weil ich der Sache nicht traue. Ich befürchte, daß diese Erzählersäule Macht über ihn gewinnt. Er soll uns nicht in den Rücken fallen."
Tolot brummte lautstark seine Zustimmung. Jetzt zu streiten, das hatte wenig Sinn. Alle freien Kräfte nahmen unverzüglich die Erforschung des Leuchtturms auf. Er selbst und Tekener begaben sich in den zentralen Schaltsaal.
Die 24 Roboter lieferten aus ihren körpereigenen Aggregaten die nötige Energie, um die Positronik sektionsweise wieder in Betrieb zu nehmen. Tolot erteilte den Technikern im Kommando immer wieder Anweisungen, so daß er auf immer neue Bereiche des positronischen Speichers Zugriff erhielt. Bisher hatten sie alles über das Areal RAILWAY STATION erfahren, über die Organisation der fliegenden Werften und die Transmitter, über die angehäufte Siegeltechnik, teilweise beschädigt, teilweise repariert, und über die restliche High-Tech-Tauschware der Galaktiker, die auf einer separaten Fläche lagerte.
Nun aber ergab sich ein überraschender Zugriff auf die eigentlich grundlegenden Datensätze. Es brauchte wenige Minuten, dann hatte Tolot erkannt, daß die Verwaltung von RAILWAY STATION nur einen geringen Bruchteil der Aufgaben darstellte.
RobRepair gehörte offenbar zu den wichtigsten Schaltstationen im ganzen Bezirk.
„Tek", sagte er leise. „Ich habe etwas Wichtiges. Ihr Menschen besitzt ein gutes Wort dafür. Ich glaube, man nennt so etwas ein Wespennest."
2.
RobRepair 29. November 1220 NGZ Du
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