1305 - Im Schloss der Zombie-Frauen
Raue Wände, eine niedrige Tür. Ein Boden aus Stein, der die Feuchtigkeit auszuatmen schien, sodass sie fror.
Dass ihr Kopf dabei noch schmerzte, nahm sie nur wie nebenbei wahr. Es war nicht das Schlimmste. Sie fand die Dunkelheit so schrecklich, und auch, dass es ihr nicht gelang, ihr zu entkommen und dass sie besiegt worden war.
Nicht von einer Truppe aus Gangstern, die einen Überfall begangen hatten, sondern von einer Frau. Einer gefährlichen Frau, die in der Nähe von Dundee in einer alten Festung lebte.
Die Voodoo-Gräfin.
Eigentlich hieß sie Alexandra di Baggio, doch unter diesem Namen war sie nicht bekannt. Sie wurde nur die Voodoo-Gräfin genannt. Das wusste Maxine Wells von einer Frau namens Helen Pride, der eine Flucht aus der Festung gelungen war. Weit wäre sie nicht gekommen, denn die Gräfin hatte ihre Bluthunde auf sie gehetzt. Bevor die Bestien sie allerdings zu fassen bekommen hatten, war der rettende Engel in Gestalt des Vogelmädchens Carlotta erschienen und hatte den Hunden die sicher geglaubte Beute entrissen.
Carlotta war die Ziehtochter der Tierärztin. Sie lebte zusammen mit ihr im Haus mit der angeschlossenen Praxis. Helen Pride hatte über die Voodoo-Gräfin berichtet, und so hatte Maxine Wells erfahren, dass sie nicht die einzige Frau in der Festung war. Es gab dort noch mehrere. Allerdings waren sie nicht entführt worden, sondern freiwillig in dieses alte Schloss gekommen, denn es fungierte als Frauenhaus. Alexandra di Baggio bot Frauen, deren Ehe zu einer Hölle geworden war, den entsprechenden Schutz, wobei die Frauen nicht ahnten, dass sie vom Regen in die Traufe geraten waren. Einmal dort, kamen sie nicht so leicht wieder weg. Oder gar nicht, wenn es die Chefin nicht wollte. [1]
Dass Helen die Flucht gelungen war, sah Maxine als kleines Wunder an. Aber beide hatten die Voodoo-Gräfin unterschätzt.
Dieser Frau war es gelungen, ihre Zeichen zu setzen. Maxine hatte nichts gegen ihre Entführung unternehmen können. Sie war von der Gräfin in ihrem eigenen Haus niedergeschlagen worden. Was mit Carlotta und Helen Pride geschehen war, wusste sie nicht, wollte das Schlimmste allerdings nicht ausschließen.
Gab es Hoffnung?
Ja, einen dünnen Strohhalm und nicht mehr. Dieser Strohhalm besaß einen Namen. John Sinclair, ein Freund der Ärztin. Der Mann aus London. Der Polizist und Geisterjäger. Ihn hatte Maxine noch in der Nacht angerufen und ihm erklärt, was ihr widerfahren war. Als hätte sie geahnt, dass hinter Helens Flucht ein Kosmos des Schreckens lag. So war John alarmiert worden, und er hatte versprochen, mit der ersten Maschine von London nach Dundee zu fliegen.
Maxine Wells wusste, dass ihr Freund sein Versprechen einhalten würde. Aber konnte sie auch sicher sein, dass er sie fand? Aufgeben würde er nie. Er war fantasievoll genug, um jeder Spur nachzugehen. Möglicherweise musste er das nicht, denn es konnte durchaus sein, dass er die entsprechenden Auskünfte bekam. Wenn Helen Pride und Carlotta noch lebten.
Wenn…
Die Tierärztin wusste nicht, ob sie Hoffnung haben sollte. Sie beschloss es einfach, denn Carlotta, das Vogelmädchen, war in ihrem Zimmer geblieben und hatte es hoffentlich nicht verlassen. Das wäre schlauer gewesen, als sich gegen die Gräfin zu stellen.
Maxine Wells aber blieben nur die Dunkelheit und die verdammten Mauern ihres Gefängnisses. Es gab keinen Stuhl, keinen Tisch, keine Bank. Es gab weder etwas zu trinken noch zu essen. In einem derartigen Verlies waren in früheren Jahrhunderten Menschen verdurstet und verhungert. Maxine glaubte, dass es dazu bei ihr nicht kommen würde, denn die Gräfin wollte etwas von ihr. Sonst hätte sie die Gefangene schon längst töten können.
Aber was hatte sie vor?
Kopfschmerzen hin, Kopfschmerzen her. Maxine riss sich zusammen. Sie musste sich bewegen, um nicht steif zu werden, und so drehte sie kleine Kreise in ihrem Gefängnis und grübelte, um eine Lösung zu finden.
Das Haus war eine Fluchtburg für misshandelte Frauen. Menschen, die eine Ehehölle hinter sich hatten. Aber es wurde geleitet von einer Person, die der Macht und dem Zauber des Voodoo sehr nahe stand, und das auf eine negative Art und Weise.
Einzelheiten wusste Maxine nicht. Für sie lag allerdings auf der Hand, dass sie manipuliert werden sollten. Die Gräfin besaß die Macht. Sie würde die Frauen, die bei ihr lebten, allmählich in diesen bösen Zauber mit hineinziehen, sodass sie in eine verfluchte Abhängigkeit gerieten. An
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