1795 - Die Farbe Alenant
und sich von ihnen durch diese für Kospien lebensfeindliche Hölle aus Ammoniak und Methan tragen.
Der Medese flog förmlich durch die verschiedenen Schichten der Atmosphäre. Tauchte durch breiige Ströme wie aus gerin und bittor, wich den Sogen der Wirbelwinde aus rotierendem stroua und gakkan aus, übersprang eisige Schollen, die helle Inseln aus zirry und zarrat bildeten. Es war ein Erlebnis wie in einem Traum, in dem Schwerkraft und Körperlichkeit keinerlei Bedeutung hatten.
Plötzlich drang Raspiers Stimme in Vestibors Bewußtsein.
„Roach!" entfuhr es ihm entsetzt. „Sie sind gerade eingetroffen und formieren sich außerhalb des Cyrrim-Systems zum Angriff. Wir müssen schleunigst zurück."
„Aber wie kann man den Medesen beeinflussen?" fragte Eihlan.
„Es gibt eine sichere Möglichkeit, und die könnte für den Medesen gleichbedeutend mit dem Tod sein", sagte Raspier verkniffen. „Aber wir haben vermutlich keine andere Wahl."
Raspier hantierte am Funktionsmodul seiner linken Schulter. Plötzlich ging ein Ruck durch den Medesen. Sein Körper bekam die Farbe von sepra, wurde milchig und undurchsichtig. Er bäumte sich förmlich auf, zog sich zusammen, verkrampfte sich und schnellte sich dann wieder mit voller Wucht in die Höhe. Vestibor und Eihlan wurden gegen die weiche, nachgiebige Körperwandung geschleudert und verloren den Halt.
„Schaltet eure Schwerkraftneutralisatoren ein, darauf kommt es jetzt auch nicht mehr an!"
befahl Raspier. „Es könnte noch ungemütlicher werden. Ich muß auf Hyperfunk gehen, weil ich sonst keine Verbindung mit unseren Leuten bekomme. Das ist unsere einzige Rettung. Auf das Wohl des Medesen kann ich leider keine Rücksicht mehr nehmen."
Raspier setzte sich über alle Verhaltensregeln hinweg, die er seinen Schützlingen eingetrichtert hatte, und schrie in höchstem Ultraschall. Der Medese reagierte überhaupt nicht darauf, denn die von Raspier gesandten Hypersignale überlagerten alles andere. Vestibor mochte nicht daran denken, was für Qualen dieses Wesen durchmachte.
„Komm schon, Medese!" schrie Raspier, während er sein Schultermodul unablässig mit den Fingern behämmerte. Sein Gollup war vor Erregung strund. „Du mußt uns nach oben bringen. In die ganz dünnen Atmosphäreschichten, damit man uns auflesen kann ... Ich habe Funkkontakt mit einem Wachschiff. Man hat uns angepeilt und kommt uns zu Hilfe."
Eihlan zeigte Erleichterung. Vestibor aber dachte im Moment nur daran, was der Medese in diesen Augenblicken durchzumachen hatte. Das ballonartige Wesen mit den unzähligen Flagellen wand sich wie in Todeskrämpfen. Jedesmal wenn Raspier ihm einen Steuerimpuls sandte, ging ein Beben und Zittern durch den mächtigen und doch so luftigen Körper.
„Mußt du ihn so quälen, Raspier?" fragte Vestibor anklagend.
„Was ist dir lieber, dein Leben oder das des Medesen?" herrschte Raspier ihn an. „Glaubst du, mir macht das hier Spaß? Aber wenn es dich tröstet: Dieser Medese geht den anderen nur voran. Die Roach werden das Cyrrim-System austilgen. Ich möchte nach Möglichkeit nicht mit den Medesen schmoren."
Plötzlich erschlaffte der Körper des Medesen. Vestibor vernahm seinen qualvollen Todesschrei direkt im Strapo. Es war in diesem Moment, als stürbe etwas in ihm. Ein brennender Lichtstrahl schnitt sich seinen Weg durch das wässerige Fleisch, und dann tauchten Gestalten in Raumanzügen auf.
„Rasch, rasch!" befahlen sie hektisch über Funk. „Wir sind die letzten auf Medoz. Die Roach haben die sieben äußeren Planeten bereits verbrannt und befinden sich im Anflug."
Raspier stieß Vestibor und Eihlan in Richtung der Gestalten, und sie stolperten in deren Arme.
Die beiden wurden weitergereicht, durch eine Luftschleuse gestoßen. Bevor sich diese hinter ihnen schloß, sah Vestibor noch den schlaffen, leblosen Körper des Medesen in einer Strömung davontreiben, bis er von einem Wirbel aus magara und liont verschlungen wurde. Die verlorene Welt der Medesen versank unter ihnen.
Nachdem die Retter Vestibor und Eihlan identifiziert hatten, sagte einer von ihnen: „Übrigens, das Schulschiff ATRIBA wurde von einem versprengten Roach abgeschossen. Wir konnten nur jene retten, die wir von den Melkplattformen eingesammelt haben."
„Ist Carlemo unter ihnen?" wollte Vestibor bange wissen. „Wie soll ich das wissen? Ich führe keine Namensliste. Hier geht es ums nackte Überleben."
Das Wachschiff tauchte aus der Atmosphäre von Medoz auf. Auf den
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