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Titel: 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Luengen
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Wohnung, die er sich angesehen hat, als er nicht zum Kistenschleppen erschienen ist.
    „Ich habe Bands gesehen“, sagte ich in den Hörer und wartete, doch hörte ich nur ein gleichmäßiges Gluckern. „Wir können nie mehr mit gutem Gewissen auf der Bühne stehen“, fügte ich hinzu.
    „Ich werde dann wohl das Kneipen-Projekt verfolgen“, sagte er schließlich, als er die Flasche abgesetzt hatte.
    „Es ist nicht mal Verzweiflung, weißt du. Es sind eher Momente des Glücks.“
    „Du bist also noch nicht erwachsen. Die Wette läuft noch.“
    „Das verbindet uns, schätze ich.“ Und dann: „Und Josefine?“
    „Häuslich geworden, denke ich. Hässlicher allerdings nicht gerade. Habe sie lange nicht gesehen.“
    „Was sagt sie zu deiner neuen Wohnung?“
    „Sie findet sie prima. Alle finden es prima, jemanden zu kennen, der eine eigene Wohnung hat.“
    Dann gab es eine längere Pause. „Fair bleiben. Sonst bist du tot“, sagte ich.
    „Pat ist immer fair“, sagte er. „Bald sind Sommerferien. Ich werde in dieser Wohnung umkommen vor Dreck. Molly muss mir helfen.“
    „Ich habe mir hellblaue Hosen gekauft. Wildleder. Ich habe alle gekauft, die sie dort hatten. Und gelbe Hemden. Mehrere gelbe Hemden. Auch alle, die sie dort hatten in meiner Größe.“

 
    Ich lernte Sue kennen, als ich wieder mal einen Abend lang einer Live-Band zuhörte. Ich hielt mein zweites Pint in der Hand, und Sue sprach mich an, ohne dass ich wusste warum. Sie war die bestaussehende Engländerin, die ich in London getroffen hatte, und sie sollte auch die bestaussehendste bleiben. Erst nach einigen Treffen im Club erfuhr ich, dass sie gar keine Engländerin, sondern Amerikanerin war. Sie schien ihre Zeit in London genauso ziellos zu verbringen wie ich. Ihre Eltern lebten in einer kleinen Stadt in Utah in Amerika, die mit G anfing. Manchmal erzählte sie auch, dass sie aus Idaho käme, doch da wohnte anscheinend nur ihr Bruder. Solche Sachen erzählte sie mir den ganzen Abend lang, ohne dass ich danach gefragt hätte. Ihr Vater schien eine Menge Geld zu verdienen und ihren Londonaufenthalt zu finanzieren. Wir hatten scheinbar identische Voraussetzungen.
    Ich erzählte Sue von meiner Band und erfand einige Auftritte, und sie hörte mir zu wie einem Erlöser und nannte mich 'Fränk'. Natürlich erkannte sie, dass ich nicht gerade zum Urgestein des Punks gehörte, doch sie war froh, jemanden gefunden zu haben, der nicht sofort zudringlich wurde und keine Horde betrunkener Engländer dabei hatte, die sie anstarrte.
    „Ich habe jemanden kennen gelernt“, sagte ich zu Josefine am Telefon.
    „Das ist gut“, sagte sie.
    „Weiblich.“
    „Ist das auch gut?“
    „Deine Briefe sind chaotisch.“
    „Warst Du schon in ihrer Wohnung?“
    „Warst Du schon bei Pat?“
    „Er ist bei Molli eingeschlafen. Außerdem waren wir zu zehnt.“
    „Es ist nichts. Ich war noch nie in der Wohnung.“
    „Das ist keine Wette jetzt.“
    „Ein Versprechen.“
    „Indianer.“
    Es ergab sich eher beiläufig, dass Sue auch ein Treffen am Freitag vorschlug, weil die neuen Bands keine Samstags-Termine bekamen. Ich erklärte ihr meine Situation und das Problem mit den nächtlichen Zugverbindungen nach Essex. Während ich es ihr erklärte, bekam die Vorstellung einer Wochenendbehausung in London einen gewissen Reiz. Sie sagte: „Mein Schlafzimmer ist absolut tabu.“ Ich war erleichtert, dass sie es wie aus der Pistole geschossen sagte. Wir waren uns einig.
    Ich war an dem betreffenden Freitag etwas aufgekratzter als üblich und trank ein paar Pint auf Vorrat und die Zeit verging, doch Sue erschien nicht in dem verabredeten Club. Die Bands waren sehr gut, doch auch eine vielversprechende Band versüßt nicht die Aussicht auf eine nächtliche Zugfahrt zurück zur Tante.
    Sie konnte es vergessen haben. Ihr Bruder aus Idaho konnte plötzlich aufgetaucht sein. Oder irgendein anderer Typ, den sie mir als Bruder aus Idaho vorstellen würde, wenn ich sie jemals wiedersehen würde. Gegen Mitternacht rutschte ich von meinem Thekenplatz und begab mich zum Clubtelefon. Es ist natürlich blödsinnig, in einem Club ein Telefon aufzuhängen, doch dort hing eins. Ich wählte Sues Nummer. Es meldete sich jemand. Durch die dröhnende Musik nahm ich an, dass sie es sei. Ich hielt mir das andere Ohr zu und schrie in den Hörer und sie antwortete etwas, und ich schrie wieder etwas und ich hängte einfach auf.
    Draußen auf der Straße marschierte ich zur nächsten U-Bahn

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