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18

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Titel: 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Luengen
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Station und sah ein Telefon am Eingang. Josefine meldete sich bald.
    „Ich gehe jetzt zu der Wohnung“, sagte ich.
    „Meine Briefe werden dadurch nicht besser.“
    „Der Zug nach Essex ist im Prinzip weg.“
    „Im Prinzip.“
    „Ich ruf dich wieder an.“
    „Für dich bleibe ich die ganze Nacht wach. Aber denk dran, du wirst von niemandem sonst solche Briefe bekommen. Niemals wieder im Leben.“
    „Dass weiß ich und das weißt du.“
    Harbord Road war eine ruhige Querstraße der Kings Road. Die Häuser waren zweistöckig und reichlich mit viktorianischen Verzierungen ausgestattet. Ich fand das Haus. Kein Fenster war erleuchtet, und ich stand eine Weile unschlüssig herum, doch ein Blick auf die Uhr brachte mich dazu, die paar Stufen zur Haustür hochzustiegen. Erster Stock hatte sie gesagt. Die Haustür ließ sich einfach aufdrücken und ich spähte in den dunklen Hausflur und konnte nichts erkennen.
    „Ach Scheiße“, sagte ich und drückte auf den Lichtschalter, betrat vollends den jetzt hell erleuchteten Flur und schloss die Tür hinter mir. Die Treppe bestand aus Holz, und meine Schuhe polterten. Hinzu kam das Bier in meinem Magen. Meine Feinmotorik ließ zu wünschen übrig.
    Im ersten Stock gab es nur eine Wohnungstür, und die stand einen Spalt offen. Ich bewunderte ihren Mut. Ich trat in die dunkle Wohnung und schloss die Tür hinter mir. Ich stand still, es rührte sich nichts. Ich bemerkte einen intensiven süßlichen Geruch in der Luft. Ich rief leise ihren Namen, doch es rührte sich immer noch nichts. Ich tastete nach dem Lichtschalter, konnte ihn nicht finden, machte einige Schritte vorwärts und stieß im Dunkeln gegen etwas Weiches auf dem Boden und prallte einen Schritt zurück. Mein Herz wummerte. „Sue?“, fragte ich, doch es blieb ruhig. Ich blieb unbeweglich stehen und wartete, bis sich mein Pulsschlag beruhigt hatte, suchte in meinen Taschen nach einer Schachtel Streichhölzer. Ich strich eins an. Der Flur der Wohnung erhellte sich etwas, und ich bückte mich und trat näher an dieses weiche Etwas. Es war ein grober Jutesack mit irgendeinem Inhalt, den ich nicht untersuchen wollte. Ich erhob mich langsam und machte ein paar Schritte zur Tür, die anscheinend ins nächste Zimmer führte. Außer dieser Tür gab es in dem Flur noch eine weitere, schmalere Tür, die wohl ins Bad oder in eine Abstellkammer führte. Das erste Streichholz verlosch. Ich schnippte es in die Dunkelheit.
    Mit Hilfe des Scheins des zweiten Streichholzes betrat ich den nächsten Raum. Es war der Wohnraum. Er war nicht besonders groß, doch im flackernden Licht konnte ich ein Sofa, einen Tisch mit drei Stühlen und einige Regale erkennen. In einer Ecke waren eine Spüle und ein Herd. Benutztes Geschirr stapelte sich. Die Fenster waren mit dicken Vorhängen verdeckt. Hier drinnen war der süßliche Geruch noch stärker.
    Ich sah zwei Kerzen auf dem Tisch und zündete sie an. Das abgebrannte Streichholz legte ich in den Aschenbecher, in dem bereits mehrere Stummel von dicken selbstgedrehten Zigaretten lagen.
    Die Kerzen erhellten das Zimmer einigermaßen und ich sah mich etwas um. Eine weitere Tür führte aus dem Zimmer heraus, wahrscheinlich ins Schlafzimmer. Die Tür war geschlossen. Ansonsten wirkte das Zimmer, als ob jemand halbherzig versucht hätte, Ordnung zu schaffen, doch dann auf halbem Weg wieder aufgegeben hätte. Einige Bücher in den Regalen waren ordentlich gestapelt, andere lagen wild verstreut auf dem Boden. Neben dem Sofa lag ein aufgerissenes Six-Pack mit noch drei Flaschen Bier. Die restlichen Flaschen standen leer auf dem Tisch neben dem Aschenbecher.
    „Sue?“, rief ich leise in Richtung Schlafzimmer. „Ich bin's. Frank (Fränk).“ Doch es kam keine Antwort. Alles blieb vollkommen ruhig. Ich ging rüber zu dem Sofa und setzte mich darauf. Es war nicht besonders komfortabel und zu kurz, so dass meine Füße in der Luft hängen würden.
    Ich nahm mir ein Bier aus dem Pappkarton, öffnete es und trank einen Schluck. Es war zu warm. Ich stellte es auf den Tisch. Die Stille drückte auf meine Ohren. Ich stand auf und fand das Telefon neben dem Herd. Ich zog die Schnur bis zum Sofa.
    „Sie ist nicht da“, sagte ich.
    „Wie viel hast du getrunken?“, fragte sie.
    „Ich kann nicht in das Schlafzimmer, um dort mal nach ihr zu suchen. Die Wohnungstür stand offen. Das Bier hier ist auch warm.“ Ich nahm noch einen Schluck Bier, stellte es wieder auf den Tisch. Ich nahm eins der auf dem Boden

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