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18

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Titel: 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Luengen
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Sporttasche. Ich holte aus und trat ihm mit meinem lädierten Fuß in den für sein Alter zu breiten Hintern. Pat zeigte keinerlei Reaktion. Vielleicht hatte sein Polster den Tritt auch völlig absorbiert.
    „Wir sind quitt“, sagte ich. „Keine offenen Rechnungen vor Auftritten.“
    „Dumme Angewohnheit von dir. Bevor du mich umlegst, brichst du mir auch noch das Steißbein“ nuschelte Pat und tat so, als ob er schon keine Zähne mehr im Mund hätte. Er zog die T-Shirts aus der Tasche. Sie waren schwarz und hatten in orangefarbener Schrift unseren Bandnamen im Originalschriftzug der Arzneimittelpackung aufgedruckt, ergänzt um das Wort ‚Pretty’.
    „Im kommenden Jahr sind wir der Abschlussjahrgang. Die nächste Generation wird diese Fete bestreiten. Ist das nicht deprimierend? Was kommt noch groß nach uns? Solche Pfeifen wie dieses Timotei-Gesicht vorhin. Die Leute werden doch immer schmaler. Ich wette, Timmi wird in fünfzehn Jahren hunderttausend Möpse spenden“, sagte ich. Draußen war wieder Applaus zu hören und danach setzten leise Gitarrenklänge ein. Ein Mädchen mit Notendurchschnitt eins Komma zwei übte anscheinend für den Eurovision de la Chanson.
    „Mir reicht es schon, wenn ich mal zwei Möpse in natura sehe“, sagte Pat. Ich zwängte mich in mein T-Shirt. Ich trug Größe M, während Pat XXL für sich angefordert hatte. Wir gingen im Gänsemarsch den Flur hinunter zur Toilette. Wir pinkelten simultan, wobei Pat seine Hose bis auf die Knöchel runterließ. Es gab wieder Applaus, und Pat verbeugte sich und strullerte freihändig, und dann begann ein Typ auf seiner Querflöte zu üben. Uns blieb nichts erspart. Wir gingen in unseren Raum und ich nahm den Kassettenrecorder unter den Arm.
    Mitten in dem Gedudel stand dieser Timothy wieder in der Tür und kündigte an, dass wir gleich unseren Auftritt hätten. Wir schickten ihn weg und schlossen die Tür des Kartenraumes von innen. Dann öffneten wir das Fenster, schwangen uns auf die Fensterbank und sprangen hinunter in ein Blumenbeet. Bei der Landung schmerzte mein Knöchel wieder höllisch.
    Wir gingen gemessenen Schrittes um das Gebäude herum. Es war ein warmer Frühlingsabend. Pats Kreidler Flori 3-Gang stand neben der Doppeltür, die in die Halle führte. Er schob die Flori in die Mitte des Schulhofes. Ich öffnete leise die beiden Doppeltüren. Innen hing ein schwarzer Dekorationsvorhang herunter. Ich lugte hinein und konnte den Typen sehen, der immer noch in sein Gerät tutete.
    Dann hörte er auf, frenetischer Applaus brandete auf und ich gab Pat ein Zeichen. Er startete die Flori mit einem Tritt und ich sah noch, wie drinnen das Licht heruntergedimmt wurde. Das hatten wir für den Auftritt vereinbart. Ich lief schnell zu Pat, er stieg ab und ich schwang mich auf die kurze Sitzbank. Zwischen meinen Beinen lag der Kassettenrekorder und Pat wuchtete sich mit Schwung hinten halb auf die Sitzbank und den Gepäckträger. Er stand sicher und aufrecht und hielt sich an meiner Schulter fest.
    „Fertig, Los!“, sagte er und ich drückte auf die Start-Taste des Recorders, schaltete in den ersten Gang und beschleunigte. Pat verkrampfte den Griff an meiner Schulter, doch er blieb aufrecht stehen. Wir hatten es letzten Sonntag hundertmal auf dem Supermarktparkplatz geübt. Genau zwei Meter vor dem Eingang begann die Musik mit ihrem Titit titi titi titiiiii in voller Lautstärke und ich schaffte es, den Vorhang genau in der Mitte zu zerteilen, fuhr in die tief dunkle Aula, die Flori knatterte, das schwache Frontlicht zitterte über die Wände, Fischer Z spielten besser denn je (... first impressions often lie ...) und Pat stand hinter meinem Rücken und salutierte in die Menge. Er hatte bei den Proben gesagt, es könnte nichts passieren, denn wir hätten ein hellgrünes bio-mystisches Schutzschild aufgespannt.
    Ich konnte nicht zum Publikum sehen ohne zu stürzen, also ließ ich es bleiben. ( … I am looking through my glasses …) Ich konnte nicht mal sehen, ob Josefine in der ersten Reihe saß. Ich fuhr stur bis zum Ende der Aula, umrundete in einem fast makellosen Wendebogen dieses Gesicht Timothy, dessen Mund offen stand. (... my pretty paaaaaracetamol …) Ich schrie ihm zu: „Wir kommen noch ein zweites Mal!“ und fuhr zurück durch die Halle. Ich roch den Zweitaktqualm, hörte die übersteuerte Musik und wusste, dass alles glatt laufen würde.
    Ich durchschnitt den schwarzen Vorhang wieder exakt in der Mitte, Pat bückte sich unter

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