18
der Tür durch und draußen waren wir. Ich wendete in flottem Tempo in einer großen Kurve über den gesamten Schulhof und schoss erneut auf die Tür zur Aula zu, als sich Pats Hand an meiner Schulter plötzlich wieder verkrampfte und er schrie: „Halt an!“ Dann sprang er in voller Fahrt ab.
Ich zog an den Bremsen, die noch nie besonders gut funktioniert hatten und schaffte es gerade noch, vor der Tür zu stoppen. Sie war geschlossen. Jemand hatte die Doppeltür hinter uns geschlossen. Ich war sogar so idiotisch, mich über den Lenker zu beugen und zu probieren, ob die Tür abgeschlossen war. Sie war abgeschlossen.
„So eine Scheiße“, sagte ich zu Pat, der angehumpelt kam. „Hast Du Dich verletzt?“
„Nein, nein.“
Wir standen in der Dunkelheit des Schulhofs. Ich schaltete den Kassettenrecorder ab und auch den Motor der Flori. Mit einem Mal war es sehr still, und drinnen konnte man die lautsprecherverstärkte Ansage für die nächste Darbietung leise durch die Tür hören. Wahrscheinlich Triangel. Keine Bemerkung über unsere Show.
„Hast Du Josefine in der ersten Reihe gesehen?“, fragte ich.
„Lass uns heimfahren. Ja, sie saß in der ersten Reihe“, sagte Pat und bedeutete mir, von seinem Mofa zu steigen. Er schwang sich auf die Sitzbank, startete, und wartete bis ich mich hinter ihn gequetscht hatte. Er fuhr los. Der Kassettenrecorder zwischen seinen Beinen blieb stumm, doch irgendwann setzte sich die trötende 6 Volt Hupe des Mofas selbstständig in Gang. Wir unternahmen nichts dagegen.
Rückblickend denke ich, dass unser Auftritt für die Gäste der Abschlussparty faszinierend gewesen sein muss. Einige Tage später eröffnete mir mein Vater, dass er sich mit mir unterhalten wollte. Wir hatten gerade eine verspätete Kaltfront über Deutschland, doch es war klar, dass es bei dem Gespräch nicht darum gehen würde, wer von uns beiden im Sommer den Rasen mähen dürfte.
Mein Vater hatte sich die Mühe gemacht, für unser Gespräch ein Feuer im Kamin anzuzünden. Er trug eine Strickjacke und ein frisch gebügeltes Hemd, stand mit dem Rücken zum Zimmer und sah durch die Panoramascheiben hinaus in den Garten, vielleicht auch über die Hecke und die Straße hinweg bis zu unseren Nachbarn, die letzte Woche ihren Gartenteich neu gestaltet hatten.
„Günzburgs haben ihren Teich neu gestaltet“, bemerkte mein Vater, ohne sich umzudrehen. Er begann seine Gespräche immer mit solchen Nebensächlichkeiten. Das hatte er wahrscheinlich auf einem seiner Rhetorikseminare gelernt.
Ich saß in einem der Ledersessel, die irgendein italienischer Designer mal berührt hatte. Mein Vater hatte im Laufe seiner Karriere ein Faible für italienisches Design, offene Kamine und Panoramascheiben entwickelt. Deshalb sind wir in dieses Haus gezogen. Sein Faible für Angelegenheiten der Nachbarn hatte er schon immer.
„Wir sollten einen Schlauchanschluss für den Rasensprenger installieren lassen“, fuhr er fort. Ich musterte die Sammlung farbiger Glasflaschen, die meine Mutter im Laufe der Zeit zusammengetragen hatte. Angeblich gab es außer ihr noch andere Leute, die für blaue und rote Glasflaschen eine Menge Geld bezahlten. Auf jeden Fall hatte mein Vater ein Spezialregal spendiert, und meine Mutter sortierte die Flaschen vor jedem Besuch ihrer Freundinnen um. Einer italienische Möbel, die andere bunte Glasflaschen.
Mein Vater drehte sich um, und ich konnte sehen, dass er sich sogar eine Krawatte umgebunden hatte. Er ging bedächtig und ohne Hast durch den Raum zu seinem Lieblingssessel und setzte sich vorsichtig hinein. Sein Rücken berührte die Lehne, und mit einem leichten Seufzer klappte er die Beine übereinander.
„Wir müssen miteinander reden“, sagte er und ließ den Blick weiter über die Szenerie draußen gleiten. „Du kannst dir bestimmt vorstellen, dass dieses Gespräch nicht einfach für mich ist. Ich habe oft auf diesem Platz hier gesessen und aus dem Fenster in diesen Garten geschaut und mir Gedanken gemacht, ob du das alles zu schätzen weißt. Ein eigenes Haus, in dem wir wohnen, der bequeme Lebensstandard, die Reisen, die wir zu dritt unternommen haben. Dir hat es an nichts gefehlt, und darauf sind wir, deine Mutter und ich, sehr stolz. Zu Recht, wie ich meine.“ Er senkte seinen Kopf etwas und stützte sein Kinn auf die gefalteten Hände.
„Zu Recht. Zu Recht“, wiederholte er langsam seine eigenen Worte. Er sah kurz zu mir herüber, doch da ich die Glasflaschensammlung
Weitere Kostenlose Bücher