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18

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Titel: 18 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Luengen
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totenstill dort draußen. Pat brach mitten in der Zeile ab und schaute irritiert in Richtung des Türspalts. Dann setzte der Applaus ein, und Pat verbeugte sich leicht in Richtung des imaginären Publikums, die Bierflasche von sich gestreckt. Er rülpste laut.
    „Sag ich doch, dass es kalt genug ist“, gratulierte er sich.
    Kurz darauf begann die nächste Rede. Es war der nächste Ehemalige, der sein Geld loswerden wollte.
    „In zwanzig Jahren halte ich auch eine Rede hier. Das Thema meiner Rede wird lauten: Die größten Pfeifen spenden die dicksten Beträge. Ich werde natürlich gar nichts spenden“, sagte Pat und ließ sich wieder nieder.
    Wir hörten Schritte auf dem Flur näherkommen und ein Strebergesicht schaute herein.
    „Habt ihr den Lärm hier veranstaltet?“, fragte er.
    „Nein“, sagte ich.
    „Ihr habt doch gegrölt, oder? Man konnte es im ganzen Saal hören.“
    „Wie heißt du?“, fragte ich.
    „Ich? Ich heiße Timothy, wieso?“
    „Ok, Timotei. Mach bitte schon mal ein Fenster in der Aula auf, mir wird nachher schlecht.“
    Timothy runzelte die Stirn, zog die Tür von außen zu und wir hörten seine Schritte den Flur hinunter verschwinden.
    „Den habe ich noch nie in der Schule gesehen“, sagte ich.
    „Ihm fehlt die nötige Reife. Er macht hier den Ordner, oder was?“ Pat erhob sich schwerfällig, stützte sich auf dem Tisch ab und watschelte zur Tür. Er hatte in den letzten Jahren etwas Speck um die Hüften angesetzt.
    Er öffnete die Tür wieder einen Spalt breit, watschelte zu mir zurück, beugte sich über den Bierkasten, ließ seine leere Flasche hineinscheppern und angelte sich eine neue Flasche.
    „Frank, ich schlage eine Wette vor. Wer von uns beiden als Erstes herausbekommt, wo dieses Gesicht wohnt, gräbt seinen Garten um.“
    „Was soll daran eine Wette sein?“, fragte ich und sah schräg zu ihm hinauf.
    „Von mir aus auch keine Wette, aber ich hatte gerade eine Vision, als ich mich durch dieses hübsche geologische Zimmer hier bewegte. Ein umgegrabener Garten. Archäologie. Alte Kulturen. Das Kulturerbe der Menschheit. Ich finde, wir sollten ihn mit diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen vertraut machen.“
    „Und falls er keinen Garten hat?“
    „Verdammt, der sieht so aus, als ob er drei Gärten hat. Er ist der typische Drei-Garten-Mann. Seine Eltern werden auf jeden Fall einen verdammten Blumenkasten haben.“ Pat hielt sich am Tisch fest, öffnete umständlich seine nächste Bierflasche und nahm einen Schluck. Aus der Aula hörten wir die quäkende Stimme eines Ehemaligen. „Immer noch kalt“, sagte Pat zufrieden.
    Pat ging zu dem Vulkanmodell hinüber und ließ einige Tropfen Bier in den Schlund des Vulkans laufen. „Puuuh!“, simulierte er einen Vulkanausbruch. Dann stellte er seine Flasche ab, hob das Modell hoch und setzte es auf seinen Kopf. Er versuchte, dieses Ungetüm aus Pappe und Gips auf dem Kopf zu balancieren, doch er schaffte nur wenige Schritte, bis es ihm herunterrutschte und das Bier auf den Boden tropfte. Er fing das Modell mit unsicheren Bewegungen auf und setzte es sich nochmals auf den Kopf. Ich wechselte meine leere Flasche ebenfalls gegen eine Volle aus.
    „Ich werde der Größte sein. Der neue Meat Loaf. Der bessere Meat Loaf. Ich werde heute Abend als Star entdeckt. Der Saal wird toben, die Leute werden sich in den Armen liegen, der Rektor wird mir noch heute Abend die Ehrenschülerwürde anbieten, und ich werde auf Tournee gehen durch alle Rektorenkonferenzen unseres Schulbezirkes und darüber hinaus.“ Sein Blick glitt gen Himmel und der Vulkan auf seinem Kopf begann wieder zu rutschen, und er schaffte es diesmal nicht mehr, ihn zu halten. Ich streckte schnell mein Bein aus, um den Aufprall abzufedern, und dieses Gipsmodell schlug schmerzhaft gegen meinen Knöchel. Ich schrie auf und trat wütend gegen den Haufen Pappe und Gips.
    „Du hast einen Nebenkrater eröffnet“, sagte Pat, als er das Modell aufhob. „Das wird den nachfolgenden Generationen ganz neue geologische Erkenntnisse ermöglichen.“ Er hob das Modell auf und stellte es sorgfältig in eines der oberen Regale, wo niemand auf die Idee kommen könnte, dass wir dort oben überhaupt hingesehen hätten. „Das einzige Problem für unseren Auftritt wird dein Vater sein.“ schloss Pat.
    „Was ist mit deinen Eltern? Sind die eigentlich da?“, fragte ich ihn, während ich meinen Knöchel untersuchte. Er schmerzte höllisch und ich glaubte bereits eine Schwellung zu

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