1869 - Gesang der Kleinen Mütter
Hals schaffen konnten, würden sich die Chancen auf einen Erfolg um ein Gewaltiges erhöhen.
Der Kommandant des 800-Meter-Raumers meldete per Funk, daß die Herreach sich bereits zum Gebet zusammengefunden hätten und kurz davor stünden, das Tor zu öffnen.
Sobald dies gelungen sei, würden sie feuern, und zwar alle zusammen, in alle Richtungen. Irgend jemanden würde es schon treffen.
Die Kleine Mutter schien zu abgelenkt oder fühlte sich zu sicher, jedenfalls ergriff sie, laut Hyperraum-Resonator, nicht die Flucht.
Ein seltsames Flimmern entstand dort, wo die Hyperraumblase lokalisiert worden war.
Um Atlan herum verstummten plötzlich alle Geräusche, er schaltete sie einfach ab. Ebenso verengte sich der Blickwinkel seiner Augen. Er schien allein in einem dunklen Raum zu stehen und wie gebannt auf ein Licht zu starren, das ihm alles versprach.
Er sah nur noch das Flimmern, das sich erweiterte, und erkannte in der Vergrößerung einen feinen Riß, der zu einem Spalt wurde, und ein Leuchten strahlte von dem Dahinter hindurch.
„Jeden Moment", murmelte er. Er war sich gar nicht bewußt, daß er gesprochen hatte.
Das Geschehnis um ihn herum verlief im Zeitlupentempo, er war blind und taub dafür, auf einer anderen Ebene.
Nur noch er und das Flimmern.
„Ein paar Sekunden", flüsterte er.
Dann fuhr er durch den schrillen Alarm zusammen. Der zauberische Moment war vergangen, die Realität zurückgekehrt.
„Sofort weg hier!" schrie Cistolo Khan.
Der Arkonide stand wie betäubt da, immer noch unfähig, zu begreifen oder sich zu rühren, was da vor sich ging.
„Was ...", begann er, vollendete die Frage aber nicht.
Atlan konnte es schließlich selbst sehen.
Aus dem Hyperraum war eine riesige Flotte von 5000 Tolkanderschiffen aufgetaucht und warf sich sofort in die Schlacht.
Gegen diese Übermacht hatten die Galaktiker keine Chance, das erkannte jeder Kommandant. In wilder Flucht zogen sie sich aus dem WegaSystem zurück, allen voran das Schiff der NOVA-Klasse mit den Herreach an Bord.
*
Während die RICO Fahrt aufnahm, beobachtete Atlan in hilflosem Zorn den chaotischen Rückzug der Allianz. Manche, die nicht mehr rechtzeitig beschleunigen konnten, stürzten sich wie Kamikaze-Flieger auf die Igelschiffe. Den meisten aber gelang die Flucht. Dennoch hatten sie viele Schiffe und gute Leute verloren.
„Vorbei", sagte der Arkonide resigniert.
Er sah die verlorene Schlacht als beispielgebend für das Schicksal der gesamten Milchstraße an.
Seine Schultern sanken nach vorn. Für diesen Augenblick wurde er zu einem alten, gebeugten Mann.
In der Zentrale war es fast still geworden, wie gelähmt schauten alle auf die Schirme.
Nur beim Funk tat sich plötzlich etwas.
„Atlan, da kommt von der GILGAMESCH ein Ruf herein, der an dich gerichtet ist", meldete der Funker.
„Sicher Homer G. Adams, der wissen will, ob wir’s geschafft haben", vermutete der Arkonide mit müder Stimme.
„Nein, es ist eine Frau namens Bré Tsinga", erwiderte der Mann, der natürlich keine Ahnung haben konnte, wer diese Person war.
Atlans Kopf ruckte hoch, und das Leben kehrte in seine rötlichen Augen zurück.
„Bre?" fragte er, nachdem das Gespräch durchgestellt worden war.
„Atlan", sagte sie atemlos, „ein Glück, ihr seid entkommen!"
„Ihr wißt schon ..."
„Na klar, wir bekommen hier doch alles sofort mit! Ich bin so froh! Habt ihr große Verluste?"
„Ja", sagte er kurz. „Wir kommen jetzt zurück und überlegen uns etwas Neues."
Wie gut es war, ihre Stimme zu hören und zu wissen, daß sie heil zurückgekehrt war! Das tröstete ihn wenigstens so weit, daß sich in ihm wieder der Wille zum Widerstand regte. Es mußte einfach weitergehen.
Wesen wie sie durften nicht sterben, nur weil er die Hoffnung aufgegeben hatte.
„Deswegen rufe ich dich ja an!" rief sie. „Ich bin gerade zurückgekehrt und habe mich sofort bei dir gemeldet; nicht mal mit Myles habe ich darüber gesprochen, obwohl er hier neben mir steht. Hör zu, Atlan, ich weiß, wie wir die Kleinen Mütter erledigen können - und zwar alle miteinander und ein für allemal!"
ENDE
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