1883 - Die schiffbrÃŒchige Stadt
beiden Frauen saßen sich gegenüber, und zwischen ihnen schien sich die Barriere aus gegenseitiger Abneigung zu verfestigen.
Loura Gaikunth erhob sich, setzte den protestierenden Matoto auf den Boden und trat ans Fenster. Sie schaute lange auf die Stadt hinaus.
„Ich anstelle der Fremden würde auf dieselben Gedanken kommen wie du", sagte sie. „Wenn die Funkund Computerstörungen mit dem Faktorelement aufgetaucht sind, dann könnte man an einen Angriff glauben.
Vielleicht bereiten sie in diesem Moment schon eine Offensive gegen uns vor."
„Das wäre allerdings fatal. Wir besitzen in Kalkutta kein Militär. Höchstens die Polizeischweber."
Loura antwortete eisig: „Ich habe keinesfalls die Absicht, Lentini und seine Leute als Kanonenfutter zu opfern."
„Opferst du lieber die Bevölkerung?"
„Keineswegs. Wir gehen noch mal nach draußen, und dann versuchen wir, Kontakt aufzunehmen."
Tyra Noram lachte plötzlich. „Du willst also dasselbe tun, was für mich und die Karabani-Leute heute morgen noch verboten war?"
„Jawohl!" rief Loura wütend. „Genau das."
„Und wann?"
„Ich habe nicht die Absicht zu warten. Wir tun es jetzt. Sofort, gleich und auf der Stelle."
„Wenn ich vorher noch auf die Toilette dürfte ..."
Tyra Ndoram verschwand auf den Korridor. Lourä trommelte währenddessen Dimo und ein paar Leute zusammen; per Funk beorderte sie Lentini und einige Polizisten zum Ausgang der Bügermeisterei.
Zehn Minuten später hatte sie ihren Trupp beisammen.
Nicht gerade terranische Elite, dachte sie. Aber Kalkutta-Nord war Provinz. Wer hatte wohl geahnt, daß diese Stadt einmal auf die eine Reise zu fernen Galaxien gehen würde?
11.
Blick zurück: Wieder hilflos Aagenfelt brauchte eine Weile, bis er den ersten Schock verdaut hatte. Gut, er saß also bei den Nonggo fest. Also schön, seine Gastgeber hatten mit Problemen zu kämpfen.
Schwierigkeiten hatte er ebenfalls. Das schien dieser Tage nichts Besonderes zu sein.
Und die Explosion ...? Immerhin, so redete er sich ein, war seit fünf Minuten nichts mehr passiert. Es gab keinen vernünftigen Grund, auf dem Boden zu liegen und sich die letzten Haare vom Kopf zu raufen.
Er drehte sich langsam auf den Rücken. Als nichts passierte, kam er vorsichtig hoch.
Die Nonggo standen apathisch im Raum, an beliebigen Stellen. Sie wiegten sanft ihre Oberkörper vor und zurück. Aagenfelt hatte den Eindruck, daß sie ihre gesamte Konzentration in sich kehrten; als horchten sie auf innere Stimmen, die ihnen Geschichten erzählten.
Aus den Gesichtern war vollständig jede Spannung gewichen. Er konnte sich des furchtbaren Eindrucks nicht erwehren,daß die Nonggo verblödet waren. Jede Intelligenz schien ihnen abhanden gekommen zu sein.
Envyvil war zu Boden gesunken.
Aagenfelt kniete neben ihm nieder. „Envyvil", drängte er leise. „Kannst du mich hören?"
„Ja", vernahm er zu seiner Überraschung die Stimme.
„Was ist passiert, Envyvil?"
„Das Neuron."
„Ja, ich weiß", meinte Aagenfelt ungeduldig. „Es ist instabil."
„Nein."
„Was heißt das, nein?"
„Es ist nicht instabil. Es ist zusammengebrochen."
„Aber was heißt das überhaupt? Was habe ich mir unter einem Neuron vorzustellen?"
Der Nonggo antwortete düster: „Tautmo, es kommen dunkle Tage voller Tod und Vergessen."
Von hinten warnte ihn ein Gepolter. Aagenfelt fuhr herum.
Einer der weggetretenen Fremden war zum Leben erwacht. Der Nonggo begann um sich zu schlagen, er drosch auf Instrumente ein und trat mit den Füßen gegen eine der Wände, dann gegen einen seiner Artgenossen.
Dabei schrie er Wortfetzen auf nod, die für einen Terraner nicht zu verstehen waren.
Aagenfelt hatte Angst, daß der Nonggo sich die Beine brechen würde. Kaum anzunehmen, daß so dünne Gliedmaßen einer hohen Belastung standhielten.
Im selben Moment fielen andere in die Raserei ein. Sie schlugen sich nicht gegenseitig - jedenfalls nicht bewußt -, dafür zerlegten sie mit bemerkenswerter Akribie eine Schaltanlage nach der anderen.
Es dauerte nicht lange, bis das erste Blutfloß. Aagenfelt konnte kein Blut sehen; auch nicht das klebrige braune Zeug, das in Nonggo-Adern pulsierte. Er wandte sich schaudernd ab.
Was hier passiert war, würde er nicht herausbekommen. Sicher schien ihm nur, daß die Nonggo von dem unbekannten Vorgang betroffen waren, er als Terraner jedoch nicht.
Wenn er den Leuten in der Schaltzentrale helfen wollte, mußte er aus dem Gebäude hinaus und Unterstützung
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