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19 - Am Jenseits

19 - Am Jenseits

Titel: 19 - Am Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ich diese Kunde so spät, daß es mir unmöglich war, zur rechten Zeit zu kommen. Sosehr ich mich auch beeilte, ich kam doch erst dann dort an, als ihr euch schon entfernt hattet. Aber ein zweiter Läufer war euch gefolgt, und der dritte und letzte hatte gewartet, bis ich eintraf. Er erzählte mir alles und nannte mir auch die Zeit und den Ort, wann und wo der zweite wieder zu uns stoßen wollte, um mir zu sagen, wo wir euch während der Nacht finden würden. Dorthin ritten wir natürlich und trafen dabei auf die Fährte von sechs Kamelen, welche genau in unserer Richtung lief.“
    „Maschallah!“ rief Halef aus. „Gewiß die Spur des Ghani!“
    „Ja, sie war es.“
    „Habt ihr diese Halunken eingeholt?“
    „Davon später. Als es dunkel geworden war, stieß der zweite Läufer zu uns und beschrieb mir euern Lagerplatz, den also, auf welchem wir uns jetzt befinden. Ihr seid sehr vorsichtig gewesen, er aber auch. Er ist stets hinter euch her und hat sich so eingerichtet, daß er stets erst dann eine Höhe erklommen hat, wenn ihr euch im übernächsten Tal befandet. Darum wäre er unentdeckt geblieben, selbst wenn ihr euch noch so oft umgeschaut hättet.“
    „Das war ungeheuer klug von ihm!“ lobte Halef. „Dieser Krieger wäre wirklich wert, ein Haddedihn zu sein!“
    „Ich kann ihn auch brauchen!“ lachte der Scheik in gütiger Weise. „Dieser Läufer führte uns später bis in die Nähe eures Lagers hier, und ich gab meinen zwei gewandtesten Kundschaftern, nämlich denen, welche bei euch am Bir Hilu waren, den Auftrag, sich das Lager anzusehen.“
    „Aber unsere Posten?“ fragte Halef.
    „Es handelt sich bloß um den von ihnen, bei welchem sie vorüberkamen, und der hat nichts gesehen.“
    „Welcher war es? Ich werde ihn so bestrafen, daß –!“
    „Sei still!“ unterbrach ihn der Scheik. „Grad weil du ihn bestrafen willst, werde ich dir nicht sagen, welcher es gewesen ist. Du selbst würdest auch nichts bemerkt haben!“
    „Ich –?“ fragte der Hadschi, sich gekränkt fühlend.
    „Ja, du! – Wenn du des Abends oder Nachts kundschaften gehst, so kommt es auf die Farbe des Sandes an. Leg also möglichst viele Haïks ausgebreitet in den Sand. Denjenigen, den du am schwersten vom Sande unterscheiden kannst, weil seine Farbe am meisten mit derjenigen des Sandes stimmt, den nimmst du um, in den hüllst du dich ein. Wenn du dann recht leise, so daß man dich nicht hört, am Boden hinkriechst und dabei den Haïk so weit wie möglich ausbreitest, kann man dich nur sehr schwer oder wohl auch gar nicht bemerken. Begreifst du das?“
    „Gewiß begreife ich es, denn ich muß dir sagen, daß mein Verstand kein Haïk ist, den man nicht entdecken kann!“
    „Auf diese Weise erfuhr ich“, erklärte der Scheik weiter, „daß auf der hinter dem Tachterwahn aufsteigenden Steilung, wo die beiden Talwände zusammenstoßen, keine Wache stehe, und entschloß mich also, auf dieser Stelle herunterzukommen.“
    „Aber die fällt ja zu jäh ab!“
    „Wo man nicht klettern kann, da rutscht man; der Sand eignet sich dazu ganz vortrefflich, und das geht auch so schnell, daß wir unten waren, ehe das Geräusch des mit abstürzenden Sandes euch aufgeweckt hatte.“
    „Erlaube mir, dir in der aufrichtigsten Höflichkeit mitzuteilen, daß es mir, wenn nicht ihr es gewesen wäret, unendlich lieb sein würde, wenn ihr alle die Hälse gebrochen hättet!“
    Da aber reichte ich dem Scheik die Hand hin und bat:
    „Gib mir deine Hand; ich muß sie drücken! Das ist eine Kühnheit gewesen, welche mich zur Hochachtung zwingt!“
    Ich mußte diesen Mann wirklich achten, daß er den Kampf in die Wüste verlegt hatte, um die Bewohner der bebauten Gegend zu schonen, und daß er den nachlässigen Posten nicht verraten hatte, das waren zwei Züge von ihm, die ihm meine Zuneigung gewannen, obwohl er nach dem Kanz el A'da trachtete.
    „Ich danke dir, Effendi!“ antwortete er. „Du wirst noch weiter hören, daß ich nicht so schlimm bin, wie ich euch erscheine. Doch still! Da kommen sie. Schaut hin, denn das ist etwas für euch!“
    Es nahte nämlich von der Talenge her ein kleiner Zug. Voran gingen zwei Beni Lam, hinterher auch zwei. Zwischen ihnen sahen wir zwei Kamele. Auf dem ersten saß ein einzelner Mann; das zweite aber schien zwei Personen zu tragen. Man konnte das noch nicht deutlich erkennen, weil sie noch nicht nahe genug waren. Der erste Reiter saß zusammengedrückt im Sattel. Da aber richtete er seinen

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