Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
193 - Kurs in den Untergang

193 - Kurs in den Untergang

Titel: 193 - Kurs in den Untergang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn
Vom Netzwerk:
Gesellschaft anderer Schiffsgören auf dem Dach des Kommandoturms verbummelt.
    Irgendwann war sie eingeschlafen. Beim Erwachen war sie allein gewesen. Nun knurrte ihr Magen. Alle Messen waren längst geschlossen, die Kombüsen verrammelt. Sie musste sich anderswo etwas zu Futtern suchen. Sie wusste auch schon, wo.
    Für die grünen Inselchen, an denen der Moloch seit Tagen vorbeifuhr, hatte sie keinen Blick übrig. Sie war auf einem Eiland aufgewachsen. Ihre Erfahrungen waren nicht so, dass sie sich festen Boden ersehnte. Der wankende Boden, auf dem sie nun lebte, war gewöhnungsbedürftig gewesen. Doch nun wusste sie an Bord Bescheid. Im Moment musste sie nur darauf achten, keinem MP-Mann in die Arme zu laufen.
    Die MP sorgte für Ordnung. Was ganz gut war, denn hin und wieder kriegte jemand einen Koller. Dann stürzte die MP sich auf ihn, zog ihm eins über den Schädel und ließ ihn ein paar Tage im Kerker schmoren.
    Zarah wusste, dass viele Jungs und Mädchen, die den Koller kriegten, gelegentlich eine unter dem Namen Kao-Z bekannte Substanz einnahmen. Leute, die im Dunkeln blieben, tauschten Kao-Z gegen andere Leistungen. Das Kao-Z kam aus einem Land auf der anderen Seite der Welt. Ein Captain, der schon bei den Shargatoren war, hatte früher Massen von dem Zeug an Bord gebunkert.
    Der jetzige Captain, Jack Ibrahim, hatte es kistenweise ins Meer gekippt. Aber offenbar hatte er nicht alles gefunden: Wer wollte, konnte Kao-Z kriegen. Welche Gegenleistungen man dafür erbringen musste, wusste Zarah nicht. Sie konnte es sich aber vorstellen.
    Unter Deck war die Welt anders als an der Sonne: Bei den Schiffsgören war immer was los. Da brodelte es. Zarah hörte sich oft ihr Geschwafel an: Viele Halbwüchsige, die nicht wussten, wie gut es ihnen ging, schwärmten neuerdings von einem Leben an Land. Kaum einer wusste, was ihn dort erwartete, wo es keine MP gab. Aber alle wussten, dass es an Land toll war. Blödsinnigerweise war Land nicht gleich Land.
    Hier, in dem Meer, durch das sie jetzt fuhren, gab es zwar Millionen Inseln, aber keine war groß genug, um mehr als eine Familie zu ernähren.
    Doch bald, hatte der Steuermann verkündet, werde man Australien erreichen: ein riesiges Land, in dem Milch und Honig flossen!
    Zarah kannte keinen Honig. Sie wusste aber, wie Milch schmeckte. Bei dem Gedanken daran spürte sie, wie durstig sie war.
    Halt… Bewegte sich da ein Schatten? Zarah verharrte, hielt den Atem an und huschte in eine Nische zwischen zwei Hütten.
    Hier stand irgendwo ein Fenster offen. Sie hörte Schnarchgeräusche.
    Eigentlich brauchte sie sich nicht zu verstecken. Sie hatte ja nichts verbrochen. Aber manche Wachen waren nicht besser als der Abschaum ihrer Heimatinsel. Sie war froh, dass sie dort weg, dass Corporal Joe-Bob Esterhazys Blick auf sie gefallen war. Joe-Bob hatte sie gefragt, ob sie Lust hätte, sich auf einem großen Schiff die restlichen Inseln der Welt anzuschauen. Sie war mit ihm gegangen. Auf dem Moloch lebten auch viele andere Menschen, die Joe-Bob und seine Freunde unterwegs aufgelesen hatten. Leider war er in den Wirren nach dem Ausfall des Reaktors umgekommen…
    Zarah hatte keine Ahnung, was ein Reaktor war: Sie wusste nur, dass er den Moloch fahren ließ und das Licht anmachte.
    Jetzt fuhr der Moloch mit Segeln – beziehungsweise er schlich.
    Die Lampen gingen nicht mehr an. Jetzt leuchtete man mit Fischölfunzeln…
    Sie hatte sich wohl getäuscht. Da war niemand.
    Zarah verließ die Nische und eilte geduckt weiter. Ihr Ziel war ein zweistöckiges Gebäude aus Holz und Metall. Es stand, damit es nicht verfaulte, wie fast alle anderen auf Pfählen und war mit Metallstiften auf dem Schiffsrücken verankert, damit Stürme es nicht über Bord wehten. Laut Joe-Bob sah es aus
    »wie ein Herrenhaus vor dem nuklearen Winter in den Südstaaten«.
    Zarah wusste weder von einem nuklearen Winter, noch hatte sie je etwas von den Südstaaten gehört. Allerdings gefiel ihr der solide Kasten mit dem Balkon über der Eingangstür. Hinter den Fenstern brannten Kerzen.
    Das Herrenhaus wurde von aufgelesenen Frauen und Froditen bewohnt. Laut Joe-Bob hatte man sie aufgenommen, »um das Blut aufzufrischen – damit wir nicht verblöden«. Die Frauen waren angeblich ausnahmslos gern mitgekommen. Die meisten hatten in ziemlichen Sauställen gelebt und als Kinder Rüsseltiere gehütet.
    Jetzt war Joe-Bob tot. Über Bord gegangen. Zarah nahm an, dass die Shargatoren ihn gefressen hatten. Das war das

Weitere Kostenlose Bücher