1974 - Hetzjagd am Black Hole
ausgedehnten Binnenmeeren zu tanzen. An einer mehr oder weniger scharfen Grenze, zehn bis zwanzig Kilometer über der Scheibenlandschaft, zogen vereinzelte Wolkenfasern und - türme vorüber von denen manche an wirr aufgeschichtete Wattehaufen erinnerten.
Die atembare Atmosphäre in der Kuppel ist maximal hundert Kilometer stark, besagte die Planhirnanalyse. Weiter oben dünnt sie rasch aus; im Bereich der Kunstsonne herrscht zweifellos Vakuum. Im Vergleich zur Ausdehnung der Scheibenwelt und der Kuppel war die Atmosphärendicke kaum mehr als eine hauchdünne Schicht. Mit Beginn der siebten Sekunde bemerkte ich schräg hinter und oberhalb von Wanderer, halb von der bläulichen Wölbung des Energieschirms verdeckt, zwei kleine Objekte. Unter der Voraussetzung, dass sich die Größe Wanderers nicht maßgeblich von den bekannten Werten unterschied, ließ sich ihre Ausdehnung grob ermitteln. Leider blieb ihr Äußeres sehr verschwommen...
... starke Antiortungswirkung, die gegen die hochentwickelten Systeme MATERIAS schützt, meldet das Planhirn. Länge rund hundert Kilometer, Basisdurchmesser etwa siebzig. Sonderbares Leuchten, gleicht UV-Fluoreszenz. Terranischen Tannenzapfen vergleichbar, ergänzt das Ordinärhirn.
Schwarzlicht-Zapfen! Zwei weitere Zehntelsekunden sind verstrichen, als vielfarbige Strahlen zu Wanderer hinüberzucken. Und obwohl Wanderer deutlich größer als MATERIA ist, scheint die Kosmische Fabrik die Oberhand zu gewinnen: Eine Art Rucken verzerrt die Konturen der Kunstwelt, versetzt sie in Vibrationen. Dann gibt es einen Sprung - Wanderer bewegt sich abrupt innerhalb einer halben Sekunde um etliche tausend Kilometer auf MATERIA zu, die leuchtenden Strahlen gewinnen Regenbogenglanz...
Das Planhirn erkennt: Optische Simulation - Streustrahlung von sonst unsichtbaren, superstarken Traktorfeldern! Prognose: MATERIA versucht Wanderer aus der grauen Zone herauszuziehen. Weil es sich bei dieser um eine nicht näher klassifizierbare Region handelt, dürfte die Kunstwelt nur so lange sicher sein, wie sie Teil dieses Bereichs bleibt. Der große Kampf! Innerliches Stöhnen kommt vom Ordinärhirn. MATERIA versus ES!
Das Planhirn bestätigt diese Einschätzung. Wir können nur sekundäre Randbedingungen beobachten. Die Primärmechanismen bleiben unbekannt.
Der Endzustand ist nicht zu bestimmen; noch scheinen die ausgetauschten Kräfte eher auf ein Patt hinauszulaufen. Vermutung: Verlässt Wanderer die Schutzsphäre, dürfte das mit einer Niederlage von ES identisch sein! Erneut ruckt die Kunstwelt, diesmal springt sie jedoch Richtung Linsenzentrum zurück, entzieht sich somit dem Zugriff der Kosmischen Fabrik.
Diese reagiert augenblicklich. Orangefarbene Bahnen, die ebenfalls nur eine optische Simulation sind, stehen plötzlich in der grauen Umgebung.
Fünf, zehn, fünfzehn Strahlen richten sich auf die Zapfenkonstruktionen. .Es müssen jene Offensivwirkungen sein, als deren Ursprung wir ein- und ausfahrbare Antennenkonstruktionen entlang den Oberseitenrändern der fünfeckigen Hauptplattform MATERIAS erkannt haben. Sie „beschießen"die Schwarzlicht-Zapfen. Diese zeigen jedoch nicht die geringste Reaktion, scheinen die Waffen strahlen einfach zu verschlucken.
Was immer ES dort „geparkt" hat - es besitzt besseren Schutz als Wanderer selbst! signalisiert das Ordinärhirn freudig. Bestätigung - hohe Wahrscheinlichkeit! gibt das Planhirn zurück. Und die bislang stets beobachteten 9,554 Sekunden sind vorbei... Eine deutliche Erschütterung durchzieht den riesigen Körper der Kosmischen Fabrik, die unvermittelt zur Grenzschicht der grauen Zone zurückgeschleudert wird und offensichtlich bemüht ist, nicht über den Ereignishorizont hinausgetrieben zu werden. Für mehrere Zehntelsekunden umlodert mich ein blauweißes Funken- und Flammenmeer, von dem vage erkennbare Jet-Ströme sprühen - sie weisen radial vom Mittelpunkt der Schutzsphäre fort.
Das Beschleunigungsvermögen MATERIAS beträgt im Standarduniversum 1950 Kilometer pro Sekundenquadrat, erinnert das Planhirn. Unabhängig von den sonstigen Fortbewegungsmöglichkeiten - im Bereich unterhalb des Ereignishorizonts scheint innerhalb der grauen Linse zumindest teilweise eine konventionelle Raum-Zeit-Struktur vorhanden zu sein. Die normalen Sublichttriebwerke können zum Einsatz kommen. MATERIA versucht, den Aufenthalt hier zu stabilisieren! Konsequenz: Die ermittelte Dauer pro Abtauchphase ergibt sich aus den hier herrschenden
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