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Die Opferung

Die Opferung

Titel: Die Opferung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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GRAHAM MASTERTON
     
     
    DIE OPFERUNG

    Aus dem Amerikanischen von Ralph Sander
      2. Auflage April 2006 Originaltitel: Prey © 1992 by Graham Masterton © dieser Ausgabe 2005 by Festa Verlag, Leipzig Titelbild: F. Fiedler Literarische Agentur: Thomas Schluck GmbH, Garbsen Druck und Bindung: PBtisk s.r.o., Pribram Alle Rechte vorbehalten
    ISBN 3-935822-99-5

    »Kleiner Junge, aß 'ne Pflaum, Cholera kam, aus der Traum. Größ'rer Junge, Möwennest: Seil gerissen, Leichenfest. Kleines Mädchen, Farbenspaß, leckt am Pinsel, biss ins Gras. All die Kinder, oh du Graus, nunmehr sind sie Jenkins Schmaus.«
      Viktorianischer Kinderreim, 1887

    »Das Objekt, das nicht größer als eine ausgewachsene Ratte war und von den Leuten im Dorf >Brown Jenkin< genannt wurde, schien die Folge einer Massenhysterie gewesen zu sein, da 1692 nicht weniger als elf Personen ausgesagt hatten, es gesehen zu haben. Es gab auch Gerüchte jüngeren Datums, die bemerkenswerte und beunruhigende Übereinstimmungen aufwiesen. Zeugen erklärten, es habe langes Haar und die Gestalt einer Ratte gehabt, während das pelzige Gesicht mit seinen spitzen Zähnen etwas bösartig Menschliches aufwies und die Pfoten an winzige menschliche Hände erinnerten. Die Stimme glich einem abscheulichen Kichern, und es konnte in allen Sprachen sprechen. Von allen bizarren Monstrositäten, die Gilman in seinen Träumen sah, erfüllte ihn keine mit größerer Panik und stärkeren Schwindelgefühlen als dieser blasphemische und winzige Hybride. Dessen Bild verfolgte ihn in seinen Visionen tausendmal hasserfüllter als alles andere, was sein Verstand aus den antiken Aufzeichnungen und neuzeitlichen Berichten abgeleitet hatte.«
      H. P. Lovecraft, The Dreams in the Witch-House

1. Fortyfoot House
    Kurz vor Sonnenaufgang wurde ich von einem verstohlenen, schlurfenden Geräusch aus dem Schlaf gerissen. Ich lag da und lauschte. Schlurf. Dann wieder. Schlurf, schlurf, schlurf. Anschließend Stille.
    Die dünnen mit Blumenmustern verzierten Vorhänge vor dem Fenster wurden von einer schwachen Brise bewegt, die auch die Fransen des Lampenschirms zucken ließ wie die Beine eines von der Decke herabhängenden Tausendfüßlers. Ich lauschte, so intensiv ich nur konnte, aber ich vernahm nur die rauschende See und das geschwätzige Flüstern der Eichen.
    Wieder ein Schlurfen. Diesmal aber so weit entfernt und so schnell, dass es alles Mögliche hätte sein können, vielleicht ein Eichhörnchen auf dem Dachboden oder eine Schwalbe unter dem Dachgiebel.
    Ich drehte mich um und vergrub mich tief in die glatte Satinbettwäsche. In fremden Häusern schlafe ich immer schlecht - seit Janie mich verlassen hatte, schlief ich nirgends mehr gut. Nach der gestrigen Fahrt von Brighton, nach dem Übersetzen von Portsmouth hierher und nach einem ganzen Nachmittag, den ich damit verbrachte, Koffer auszupacken, war ich todmüde.
    Danny war in der Nacht auch zweimal aufgewacht. Zuerst, weil er Durst hatte, und später, weil er sich fürchtete. Er sagte, er habe irgendetwas auf der anderen Seite seines Schlafzimmers gesehen, etwas Zusammengekauertes und Dunkles, aber es waren nur seine Kleider gewesen, die über der Stuhllehne hingen.
    Mir fielen die Augen zu, aber ich konnte nicht einschlafen, so sehr ich auch wollte. Ich hätte alles dafür gegeben, eine Nacht, einen Tag und, ja, noch eine Nacht einfach nur durch—
    zuschlafen. Ich döste nur, und einen Moment lang träumte ich, dass ich wieder in Brighton war, dass ich unter einem grauen Himmel durch die Straßen von Preston Park ging, entlang an Terrassen aus roten Ziegelsteinen. Ich träumte, dass ich jemanden aus meiner Parterrewohnung eilen sah, eine große männliche Gestalt mit langen Beinen, die mir ihr spitzes weißes Gesicht zuwandte und mich anstarrte, um dann davonzurennen. >Der Schneider aus dem Struwwelpeter, der dem Daumenlutscher die Daumen abschneidet<, schoss es mir durch den Kopf. >Es gibt ihn wirklich.<
    Ich versuchte, ihm nachzulaufen, aber auf irgendeine Weise hatte er es geschafft, auf die andere Seite des Zauns zu gelangen, der sich um den Park zog. Blassgraues Gras, Pfaue, die wie misshandelte Kinder schrien. Ich konnte nichts anderes machen, als auf meiner Seite des Zauns neben ihm herzulaufen und darauf zu hoffen, dass er immer noch in Sichtweite sein würde, wenn ich endlich ein Tor erreichte.
    Mein Atem dröhnte wie Donner in meinen Ohren. Meine Füße klatschten wie die eines Clowns auf dem geteerten Weg. Ich sah

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