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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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zu öffnen, doch sie war zugesperrt.
    Unter der Tür hindurch sah ich vier kleine Rinnsale.
    Ich versuchte erneut, die Tür zu öffnen, doch sie gab immer noch nicht nach.
    Ich rannte zur Hintertür hinaus und eilte zur Vorderseite des Hauses.
    Die Garage hatte keine Fenster.
    Ich versuchte das Garagentor zu öffnen, doch es war versperrt.
    Ich ging durch die Vordertür wieder ins Haus.
    Im Schlüsselloch baumelte ein Ring voller Schlüssel.
    Ich nahm die Schlüssel mit in die Küche.
    Ich versuchte den größten, den kleinsten und noch einen.
    Das Schloß ließ sich öffnen.
    Ich öffnete die Tür und atmete Abgase ein.
    Verdammt.
    Am hinteren Ende der Garage stand ein Jaguar mit laufendem Motor.
    Verdammt.
    Ich packte einen Küchenstuhl, verkeilte die Tür, um sie offenzuhalten, trat mit dem Fuß einen Stapel nasser Geschirrtücher beiseite.
    Ich rannte durch die Garage, im schwachen Licht konnte ich zwei Personen auf den Vordersitzen erkennen; ein Schlauch führte vom Auspuffrohr durch eins der hinteren Seitenfenster.
    Das Autoradio war voll aufgedreht, Elton John brüllte Goodbye Yellow Brick Road.
    Ich riß den Schlauch und weitere nasse Tücher aus dem Auspuff und probierte, die Fahrertür zu öffnen.
    Verriegelt.
    Ich stürzte zur Beifahrertür, riß sie auf und erwischte einen Lungenzug Kohlenmonoxid; dann fiel mir Mrs. Marjorie Dawson, die immer noch wie meine Mutter aussah, mit einem roten Gefrierbeutel über dem Kopf gegen die Knie.
    Ich versuchte, sie wieder aufrecht hinzusetzen, und beugte mich vor, um den Motor abzustellen.
    John Dawson lag zusammengesunken über dem Lenkrad, ebenfalls mit einem Gefrierbeutel über dem Kopf, die Hände gefesselt.
    »Schon wieder. Gedankenloses Gerede kostet Menschenleben.«
    Beide waren blau und tot.
    Verdammt.
    Ich schaltete den Motor und Elton John aus, ließ mich nach hinten auf den Garagenboden sinken, Mrs. Dawson rutschte hinter mir her, ihr Kopf im Beutel fiel in meinen Schoß. Zusammen sahen wir zu ihrem Mann hinauf.
    Der Architekt.
    John Dawson, endlich, zu spät, den Kopf in einem Gefrierbeutel.
    Der verdammte John Dawson, stets eine geisterhafte Erscheinung und nun wahrhaftig ein Geist in einem Gefrierbeutel.
    Der verdammte John Dawson. Zurück blieb nur sein Werk, türmte sich drohend auf, verfolgte einen. Und ich hatte keine Chance mehr, jemals die Wahrheit zu erfahren. Hockte nur da mit seiner toten Frau im Arm und wünschte verzweifelt, die Toten auch nur für eine Sekunde wieder zum Leben erwecken zu können, nur auf ein Wort.
    Stille.
    Ich hob Mrs. Dawson, so sanft ich konnte, wieder in den Jaguar, schob sie gegen ihren Mann, so daß die beiden ihre Gefrierbeutelköpfe zusammensteckten; noch mehr, immer noch mehr Stille.
    Verdammt.
    »Gedankenloses Gerede kostet Menschenleben.«
    Ich zog mein schmutziggraues Taschentuch aus der Tasche und wischte alles ab.
    Fünf Minuten später schloß ich hinter mir die Tür zur Garage und ging zurück ins Haus.
    Ich setzte mich neben ihre Pläne, neben ihre versauten Träume aufs Sofa und dachte mit der Schrotflinte auf dem Schoß an meine eigenen Träume.
    Im Haus war es still.
    Still.
    Ich stand auf und verließ Shangrila durch die Vordertür.
     
    Ich fuhr zurück ins Redbeck, ließ das Radio aus, die Scheibenwischer quietschten wie Ratten in der Dunkelheit.
    Ich hielt in einer Pfütze und nahm den schwarzen Müllsack aus dem Kofferraum. Ich humpelte über den Parkplatz, so steif waren meine Gliedmaßen von der Zeit unter der Erde.
    Ich öffnete die Tür und ließ den Regen hinter mir.
    Zimmer 27 war kalt, kein Zuhause, Sergeant Fraser war schon lange verschwunden.
    Ich setzte mich im Dunkeln auf den Boden, lauschte den La stern, die kamen und wieder davonfuhren, dachte an Paula und wie wir erst vor wenigen Tagen zu den Top of the Pops getanzt hatten.
    Ich dachte an AF und Jimmy Ashworth, an Teenager, die in feuchten Zimmern kauerten.
    Ich dachte an die Myshkins und Marshs, die Dawsons und Shaws, die Fosters und Box’, an ihr Leben und ihre Verbrechen.
    Dann dachte ich an die Männer im Untergrund, an die Kinder, die sie stahlen, und an die Mütter, die sie zurückließen.
    Und als ich nicht mehr weinen konnte, dachte ich an meine eigene Mutter und stand auf.
     
    Das gelbe Licht in der Lobby war heller, der Gestank stärker denn je.
    Ich nahm den Telefonhörer ab, wählte und hielt eine Münze an den Schlitz.
    »Hallo?«
    Ich ließ die Münze fallen. »Ich bin’s.«
    »Was willst du?«
    Durch die Doppelglastür

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