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1974

1974

Titel: 1974 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Peace
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sah ich den menschenleeren Billardraum.
    »Ich wollte nur sagen, daß es mir leid tut.«
    »Was haben sie mit dir gemacht?«
    Ich sah mich zu den braunen Sesseln in der Lobby um und suchte nach der alten Frau.
    »Nichts.«
    »Einer von denen hat mich geohrfeigt, weißt du?«
    Ich spürte, wie mir die Augen wieder zu brennen begannen.
    »In meinem eigenen Haus, Edward.«
    »Es tut mir leid.«
    Sie weinte. Ich konnte die Stimme meiner Schwester im Hintergrund hören. Sie schrie meine Mutter an. Ich starrte die Namen und Versprechen an, die Drohungen und Telefonnummern, die neben das Telefon gekritzelt worden waren.
    »Bitte komm heim.«
    »Ich kann nicht.«
    »Edward!«
    »Es tut mir wirklich leid, Ma.«
    »Bitte!«
    »Ich liebe dich.«
    Ich legte auf.
    Ich nahm erneut den Hörer ab und wollte Kathryn anrufen, aber mir fiel die Nummer nicht mehr ein, also legte ich auf und rannte durch den Regen zurück ins Zimmer.
     
    Der Himmel war weit und blau und wolkenlos.
    Sie war draußen auf der Straße, zog eine rote Strickjacke um sich und lächelte.
    Sie hatte blondes Haar, das im Wind wehte.
    Sie streckte die Hand nach mir aus, legte mir ihre Arme um Hals und Schultern.
    »Ich bin kein Engel«, flüsterte sie mir ins Haar.
    Wir küßten uns, ihre Zunge fest an meiner.
    Ich ließ meine Hände über ihren Rücken nach unten gleiten und drückte sie fester an mich.
    Der Wind wehte mir ihre Haare ins Gesicht.
    Als ich kam, brach sie unseren Kuß ab.
    Ich wachte auf dem Fußboden auf, die Hose voller Sperma.
     
    Nackt bis auf die Unterhose stand ich am Waschbecken in meinem Zimmer im Redbeck, lauwarmes graues Wasser schwappte mir über die Brust auf den Fußboden, ich wollte nach Hause gehen, aber niemandes Sohn sein. Und die Photos von Töchtern lächelten im Spiegel.
    Ich saß im Schneidersitz auf dem Boden in meinem Zimmer im Redbeck und wickelte den schwarzen Verband von meiner Hand, hörte kurz vor dem Eiter und dem rohen Fleisch auf, zerriß mit den Zähnen ein weiteres Laken, verband mir die Hand mit den Streifen. In der Wand über mir grinsten noch viel schlimmere Verletzungen.
    Ich stand in meinen schlammigen Klamotten an der Tür zu meinem Zimmer im Redbeck, schluckte Pillen und zündete mir Zigaretten an, wollte schlafen, aber nicht träumen, dachte, This shall be the day that I die, und die Bilder von Paula winkten mir zum Abschied.

12. K APITEL
    Ein Uhr nachts.
    Rock On.
    Dienstag, 24. Dezember 1974.
    Heiligabend.
    Sleigh bells ring, are you listening?
    Ich fuhr die Barnsley Road in Richtung Wakefield, vor den Häusern wurden die Weihnachtsbeleuchtungen ausgeschaltet, The Good Old Days waren vorüber.
    Im Kofferraum lag die Schrotflinte.
    Ich überquerte den Calder, fuhr am Markt vorbei in den Bull Ring, und die Kathedrale über mir war am schwarzen Himmel gefangen.
    Alles war tot.
    Ich hielt vor einem Schuhgeschäft.
    Ich öffnete den Kofferraum.
    Ich nahm die Schrotflinte aus dem schwarzen Müllsack.
    Ich lud die Waffe im Kofferraum.
    Ich steckte mir noch ein paar Patronen in die Tasche.
    Ich nahm die Schrotflinte aus dem Kofferraum.
    Ich schloß den Kofferraum.
    Ich überquerte den Bullring.
    Im ersten Stock des Strafford brannte Licht, unten war alles dunkel.
    Ich öffnete die Tür und ging die Treppe hinauf, jede Stufe einzeln.
    Sie waren an der Bar, alle mit Whisky und Zigarre bewehrt:
    Derek Box und Paul, Sergeant Craven und PC Douglas.
    In der Jukebox lief Rock’n’Roll, Part 2.
    Arthur Francis Anderson tanzte allein in einer Ecke, das Gesicht schwarz und blau.
    Ich hatte eine Hand am Lauf und einen Finger am Abzug.
    Sie blickten auf.
    »Scheiße«, sagte Paul.
    »Lassen Sie die Waffe fallen«, sagte einer der Polizisten.
    Derek Box lächelte: »Guten Abend, Eddie.«
    Ich sagte ihm, was er schon wußte. »Sie haben Mandy Wymer umgebracht?«
    Box drehte sich um und zog kräftig an einer dicken Zigarre.
    »Wirklich?«
    »Und Donald Foster?«
    »Na und?«
    »Ich möchte wissen, warum.«
    »Der nimmermüde Enthüllungsjournalist. Na, dann raten Sie mal, Sie Zeilenschinder.«
    »Wegen eines beschissenen Einkaufszentrums?«
    »Ja, wegen eines beschissenen Einkaufszentrums.«
    »Und was zum Teufel hatte Mandy Wymer mit einem Einkaufszentrum zu tun?«
    »Soll ich es Ihnen buchstabieren?«
    »Tun Sie das.«
    »Kein Architekt, kein Einkaufszentrum.«
    »Also wußte sie davon?«
    Box lachte. »Keine Ahnung.«
    Ich sah tote kleine Mädchen, tolle neue Einkaufsmöglichkeiten und skalpierte tote Frauen.
    »Sie

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