Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1988 - Die Diener der Materie

Titel: 1988 - Die Diener der Materie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
nahm seine Arbeit mit einem Eifer in Angriff, den er seit zahlreichen Jahrtausenden nicht mehr entwickelt hatte.
    In den Orchesterdom wurden zwanzigtausend Balkone eingezogen, allesamt halbkreisförmig, so daß die linke Seite des Doms vollständig von einem Spantenmuster aus Balkonen bedeckt war. Jeder der Ränge diente als Arbeitsplatz für einen einzigen hochbegabten Musiker. Die Balkone boten nicht nur dem Künstler und seinem Instrument einen Platz, sondern auch einem Stasisprojektor.
    Hinzu kamen die technischen Anlagen, die einen Fluchtversuch oder einen Selbstmord des Musikers während der Musik verhindern sollten, außerdem medizinische Einrichtungen, um die Lebenserwartung eines jeden Ensemblemitglieds soweit wie möglich zu verlängern.
    Besondere Aufmerksamkeit verdiente ein physikalisches Problem. Die Ränge des obersten und des untersten Musikers lagen sechzig Kilometer auseinander, was schier unüberwindliche akustische Schwierigkeiten aufwarf. Samaho beauftragte das Fabrikgehirn und die Erranten, eine Möglichkeit der überlichtschnellen Schallübertragung zu entwickeln. Alle hörbaren Töne sollten im Mittelpunkt des Turms zusammenstreben, am schwerelosen Dirigentenpult.
    Kurz vor Fertigstellung des Orchesterdoms - noch bevor er den ersten Musiker gefunden hatte -, nahm eine katastrophale Entwicklung ihren Anfang.
    Torr Samaho stieß auf Hinweise, daß die Errichtung eines Thoregon geplant wurde.
    Er hatte nicht die Zeit, sich persönlich mit der Angelegenheit zu befassen, schließlich war er nicht der einzige, der in den umliegenden zehntausend Galaxien im Sinn der Kosmokraten tätig sein sollte. Von Khrat aus operierte mit überragender Effizienz der Orden der Ritter der Tiefe; die Diener der Materie hatten Sporenschiffe und Schwärme erschaffen; weitere Werkzeuge der Hohen Mächte waren ihm nicht einmal bekannt.
    Schließlich beauftragte er den Roboter Cairol, sich um die lästige Angelegenheit zu kümmern.
    Als der Roboter nicht zurükkehrte, als statt dessen seine Vernichtung gemeldet wurde, hätte Torr Samaho aufmerken müssen.
    Doch er hatte sich zu einem ewigen Wesen entwickelt, das nur schwer in der Lage war, sich mit aktuellen Ereignissen auseinanderzusetzen.
    In einer Galaxis, die von Erranternohre 200 Millionen Lichtjahre entfernt lag, stieß er auf den ersten Musiker, den er in sein Stasisorchester aufnahm. Der Name jenes Musikers lautete Olökujrfhhb Qwpolkjmnvcfdr, und auch wenn er nicht imstande war, eine solche Folge mit den Lautbildungswerkzeugen eines Zyklopen ansatzweise auszusprechen, merkte er sich den Namen, weil es der erste war.
    Olökujrfhhb Qwpolkjmnvcfdr spielte ein Instrument, das hauchzarte, klagende Töne mit einem unvergleichlichen Timbre zu erzeugen vermochte. Samaho hängte sich schwerelos in der Mitte des Orchesterdoms auf, Qwpolkjmnvcfdr in Sichtweite, und dirigierte mit ihm den „Abendschein der Cro-Schwestermonde", eine wunderbare Sphärenmusik seiner Heimatwelt.
    Er empfand den Augenblick als unvergleichbar mit jedem anderen, der sich einmal ereignet hatte.
    Und als der letzte Ton verklungen war, ließ er den Musiker Olökujrfhhb Qwpolkjmnvcfdr in Stasis versetzen, für die nächsten hundert Jahre.
    Samaho legte an die Auswahl seiner Musiker die höchsten Maßstäbe an, er reiste häufig unerkannt und unsichtbar durch die bewohnten Planetensysteme der ihm anvertrauten Galaxien. Ein Ensemble zusammenzustellen erwies sich bald als schwieriges Geschäft, schwieriger noch als beim ersten Mal, weil es diesmal ein Ensemble für die Ewigkeit sein sollte.
    Zahlreiche Musiker, denen er bereits einen Platz im Orchesterdom von MATERIA zugewiesen hatte, entpuppten sich nach einer ausgiebigen Testphase als ungeeignet. Er sah sich gezwungen, diese Individuen von ihren kostbaren Plätzen wieder zu entfernen.
    Weil er den Gedanken nicht ertragen konnte, ihre einzigartigen Talente an einem sachunkundigen Kosmos verschwendet zu sehen, ließ er sie töten und ihre Leiber in Särgen aus Caritglas in den Weltraum schießen.
    Nach einer halben Ewigkeit - selbst für Torr Samahos Verhältnisse eine lange Zeit - waren achtzig Prozent der zwanzigtausend verfügbaren Stasisränge belegt. Das Orchester spielte in einer überirdischen Perfektion zusammen, die es an keinem anderen Ort des Universums geben konnte.
    Samaho befand sich in einem Leistungstest, der seit hundert Tagen währte, im „Zyklus Markoham-Somna-Strandade" aus dem M-87-Sternennebel, da brach ein dissonanter Klang in das

Weitere Kostenlose Bücher