2 Die Rinucci Brüder: Mein zärtlicher Verrführer
ihn in Erfahrung zu bringen, habe jedoch nur einige Angaben über seinen Geschäftspartner Enrico Leonate entdeckt.“ „Und was genau?“
„Er ist offenbar ein unscheinbarer Mann mittleren Alters.“ Plötzlich fiel Olympia auf, dass ihre Sekretärin immer blasser wurde. „Du bist krank, Sara.“
„Ach, das geht vorbei.“
„Nein. Du fährst sofort nach Hause. Ich könnte es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, wenn es Komplikationen mit der Schwangerschaft geben würde.“ Sie wählte die Nummer des Empfangs und bat darum, für Sara ein Taxi zu bestellen.
„Ruf den Arzt, und komm erst wieder ins Büro, wenn du ganz gesund bist“, forderte sie Sara auf. „Aber wie willst du ohne mich zurechtkommen?“
„Keine Angst, das schaffe ich schon“, erwiderte Olympia lächelnd. Dann begleitete sie Sara zum Taxi und winkte ihr nach.
Als Olympia wenig später ihr Büro betrat, runzelte sie die Stirn. Ihr war gar nicht wohl dabei, ausgerechnet jetzt ohne ihre Sekretärin auskommen zu müssen. Kurz entschlossen rief sie die Personalabteilung an und bat um eine Aushilfskraft.
„In fünf Minuten ist jemand bei Ihnen“, versprach der Personalchef.
Nach dem Gespräch atmete Olympia tief ein und aus, ehe sie die Augen schloss. „ Ich lasse mich nicht aus der Ruhe bringen. Wenn etwas schiefgeht, werde ich damit fertig. Ja, ganz bestimmt. Ich bin stark, nichts wirft mich um“, sagte sie sich.
Als sie die Augen wieder öffnete, war sie schockiert. Ein relativ junger Mann stand da und betrachtete sie interessiert. Er war sehr groß, hatte braunes Haar und dunkelbraune Augen, in denen es belustigt aufblitzte. Hoffentlich habe ich nicht laut vor mich hin geredet, schoss es ihr durch den Kopf.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie kühl.
„Ich suche Olympia Lincoln.“
Es gibt immer mehr Männer, die als Sekretär arbeiten, überlegte sie und hatte sich von dem Schock schon wieder erholt.
„Ich bin Olympia Lincoln“, stellte sie sich vor. „Schön, dass Sie so rasch kommen konnten. Man hat mir versprochen, in fünf Minuten sei eine Aushilfe da, aber man kann sich nicht unbedingt darauf verlassen.“ Sie zuckte die Schultern.
„Eine Aushilfe?“
„Ja, bis meine Sekretärin wieder gesund ist. Sind Sie schon lange in der Firma?“
„Nein.“ Der Mann betrachtete sie forschend.
„Das macht nichts. Sie werden sich sicher innerhalb kürzester Zeit eingearbeitet haben. Momentan befinden wir uns mitten in einer Umstellungsphase. Curtis ist von dem italienischen Unternehmen Leonate Europe übernommen worden, und in Kürze kreuzt einer von diesen Leuten hier auf, um uns über eventuelle Änderungen und dergleichen zu informieren. Vor Angst zitternd, warten wir darauf, zu erfahren, was uns bevorsteht.“
Er zog eine Augenbraue hoch. „Sie zittern vor Angst?“
Mit einem angedeuteten Lächeln erwiderte sie: „Na ja, ich kann zumindest so tun, falls es nötig sein sollte.“
„Wird es denn nötig sein?“
„Das weiß ich erst, wenn ich den neuen Besitzer kennenlerne.“
„Wie heißt er?“
„Primo Rinucci. Er wird hier alles durcheinanderwirbeln.“
„Sind Sie sich sicher? Vielleicht ist er ja in Ordnung.“
Plötzlich konnte sie sich nicht mehr beherrschen und machte ihrem Ärger Luft. „Nein, das ist er bestimmt nicht. Er ist so etwas wie ein Raubritter, der sich einbildet, er könnte sich alles unter den Nagel reißen, was gerade in sein Konzept passt, und sich nicht um die Folgen kümmert. Ich wünschte, er wäre hier, dann könnte ich ihm meine Meinung sagen.“
„Vor wenigen Minuten wollten Sie noch so tun, als zitterten Sie vor Angst.“
„Ja, das tue ich als Erstes, und anschließend bekommt er ganz schön was zu hören. Was denkt er sich dabei, mir die Beförderung, die zum Greifen nahe war, zu vermasseln? Er glaubt offenbar, er könnte mit seinem Geld alles kaufen“, fügte sie hinzu. Dass es unlogisch war, war ihr egal.
„Das kann man normalerweise auch“, stellte der Mann freundlich fest. „Das ist einer der Vorzüge des Reichtums.“
„Ach, zum Teufel mit diesen Vorzügen und mit Primo Rinucci.“ In ihren Augen blitzte es empört auf. Fasziniert beobachtete der Mann sie. Diese Frau mit den wunderschönen dunklen Augen hatte bestimmt schon vielen Männern den Kopf verdreht. „Das könnte eine interessante Begegnung werden“, sagte er leise.
Olympia seufzte und beruhigte sich wieder.
„Behalten Sie bitte alles für sich. Ich hätte nicht so offen darüber reden
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