Bleib doch für immer!
1. KAPITEL
„Habe ich’s doch gewusst!“ Gavin Callahan richtete die Gabel auf seine Schwester Shana. „Ich hätte mir denken können, dass du mich nicht ohne Hintergedanken zum Mittagessen eingeladen hast.“
In dem kleinen Bistro im Zentrum von Sacramento herrschte Hochbetrieb. Lautes Stimmengewirr lag in der Luft. Gavin hatte seinen gemischten Salat mit Appetit verspeist – bis seine Schwester die Bombe platzen ließ.
„Hör mir doch erst mal zu, ehe du ablehnst.“ Shana schob sich eine goldblonde Haarsträhne aus dem Gesicht. „Du brauchst doch nur so zu tun, als wärst du zwei Tage ihr Ehemann. Mehr nicht. Zwei kurze Tage in deinem Leben. Im Moment hast du doch ohnehin nichts zu tun. Du bist freigestellt von der Arbeit – und du bist ledig. Vielleicht macht es dir sogar Spaß.“
„Aber ich bin nicht interessiert. Auch wenn ich gerade nichts zu tun habe. Und was meine Freistellung angeht …“
„Bitte! Hast du damals nicht sogar einen Schauspielpreis in der Highschool gewonnen, weil du so überzeugend warst? Außerdem würdest du mir einen Riesengefallen tun. Denk nur mal an die Karrieremöglichkeiten, die ich deinetwegen in der Agentur bekommen könnte! Bitte, Gavin. Du wirst doch bestimmt einer alleinerziehenden Mutter eines Babys helfen wollen? Und deiner kleinen süßen Nichte …“
Shana klang so dramatisch, dass Gavin lachen musste. Zu Teenagerzeiten war ihr Verhältnis nie besonders gut gewesen. Erst vor Kurzem hatten sie sich nach mehr als zehn Jahren wiedergesehen. Inzwischen war sie neunundzwanzig und er fünf Jahre älter.
„Du weißt, was ich im vergangenen Jahr durchgemacht habe“, wiegelte er ab. „All diese Lügen, die man über mich erzählt hat … Und jetzt soll ich selbst welche erzählen? Außerdem habe ich Respekt vor der Ehe. Abgesehen davon: Wie stellst du dir das eigentlich vor, Ehemann zu spielen – selbst wenn es nur für zwei Tage ist?“
Shana griff nach seiner Hand. „Es hilft meiner Karriere wirklich auf die Sprünge“, wiederholte sie ernst. „Julia Swanson, meine Chefin, weiß sich keinen Rat mehr. Der Ruf ihrer Vermittlungsagentur steht auf dem Spiel.“ Das war zwar etwas übertrieben, aber der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel … „Und, wenn ich ihr jetzt einen Mann präsentieren kann, der den Job übernimmt, wird sie mich bei der nächsten Beförderung nicht übergehen. Gavin, ich brauche das Geld, um unabhängiger zu werden. Ich will auf eigenen Füßen stehen.“
„Und dafür lässt du dich jetzt schon auf emotionale Erpressung ein?“
„Hat es denn funktioniert?“, fragte sie erwartungsvoll. In ihren Augen lag ein spitzbübisches Funkeln.
Unwillkürlich musste er lachen. Um sie noch ein bisschen zappeln zu lassen, trank er einen Schluck Wasser. Schließlich antwortete er: „Na schön, ich werde mich also mit dieser Julia Swanson treffen und hören, was sie zu bieten hat.“
Shana sprang von ihrem Stuhl, rannte um den Tisch und umarmte ihren Bruder so heftig, dass ihm fast die Luft wegblieb.
„Ich habe noch nichts versprochen“, wehrte er ab.
„Julia kann jeden zu allem überreden.“ Zufrieden setzte sie sich wieder hin. „Um eins hast du einen Termin mit ihr. Iss schnell auf.“
„Du hast schon einen Termin vereinbart? Da warst du dir deiner Sache ja wohl ziemlich sicher.“ Er machte der Kellnerin ein Zeichen, dass er zahlen wollte.
„Optimismus ist mein zweiter Vorname“, witzelte sie. „Ihr Büro liegt im zweiten Stock in dem Gebäude auf der anderen Straßenseite. Ich komme mit dir.“
„Ist nicht nötig. Das schaffe ich schon allein.“
Sie zog die Nase kraus. „Ruf mich an, wenn du dich entschieden hast – egal wie, okay?“
„Du erfährst es als Erste.“ Gemeinsam verließen sie das Bistro. Shana zeigte auf das Bürohaus. „Mach dir nicht zu viel Hoffnung“, warnte er sie, während er sie zum Abschied umarmte.
Gavin schlenderte zum Büro der Vermittlungsagentur „Stets zu Diensten“, für die Shana seit einigen Monaten arbeitete. Sie hatte ihm erzählt, dass einige ihrer Kunden sie spöttisch „Frauen zur Miete“ nannten. In seinem Fall war es eher „Männer zur Miete“, überlegte er.
„Miss Swanson wird Sie gleich empfangen“, erklärte ihm die attraktive brünette Empfangsdame, nachdem er das geschmackvoll eingerichtete Büro betreten hatte. „Bitte nehmen Sie doch solange Platz.“
Gavin war zu nervös, um sich hinzusetzen. Stattdessen trat er ans Fenster und schaute hinunter auf die
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