2 Die Rinucci Brüder: Mein zärtlicher Verrführer
Lucy Gordon Mein zärtlicher Verführer
2. Teil der Miniserie „Die Rinucci Brüder“
PROLOG
„Der Februar ist ein ausgesprochen langweiliger Monat“, stellte Carlo Rinucci seufzend fest. „Weil noch keine hübschen Touristinnen durch die Stadt laufen?“, fragte Ruggiero. „Kannst du denn an nichts anderes denken?“
„Nein“, antwortete Carlo. „Wage ja nicht zu behaupten, du seist besser als ich.“
„Das hatte ich auch nicht vor.“
Die attraktiven Zwillingsbrüder standen auf der Terrasse der Villa Rinucci, von wo aus man einen herrlichen Blick auf die Bucht von Neapel hatte. In der einbrechenden Dunkelheit ragte der Vesuv in der Ferne seltsam drohend empor, und in den Straßen und Häusern unter ihnen gingen die Lichter an.
„Es würde euch in England gefallen, meine Lieben.“ Ihre Mutter Hope gesellte sich zu ihnen. „Im Februar wird dort der Valentinstag gefeiert. Er ist der Schutzheilige der Liebenden. Blumen und Karten werden verschickt, und ihr wärt in eurem Element.“
„Dann sollten wir statt zu Primo nach England fliegen. Für so etwas interessiert er sich nicht, er denkt nur ans Geschäftliche“, antwortete Carlo.
„Ihr solltet auch anfangen, so ernsthaft zu arbeiten wie euer Bruder.“ Hope Rinucci versuchte, die Stimme streng klingen zu lassen. Aber ihren Söhnen war klar, dass es kein ernst gemeinter Vorwurf war.
„Primo übernimmt eine Firma nach der anderen und hat offenbar nie genug“, erklärte Ruggiero. „Kommt jetzt herein, wir wollen essen“, forderte Hope sie auf. „Es ist Primos Abschiedsessen.“ „Jedes Mal, wenn er irgendwohin fährt, findet ein Abschiedsessen statt“, beschwerte sich Carlo. „Ja, ich liebe solche Familientreffen“, erwiderte Hope.
„Kommt Luke auch?“ Carlo blickte sie skeptisch an.
„Natürlich. Er und Primo sind doch Brüder, trotz ihrer vielen Streitereien.“
„Nein, nicht wirklich“, widersprach Ruggiero seiner Mutter.
„Primo ist mein Stief- und Luke mein Adoptivsohn. Deshalb sind sie Brüder. Ist das klar?“
„Ja, mama“, antwortete Ruggiero.
Im Haus, wo es angenehm warm war und wo sich schon die ganze Familie versammelt hatte, sah Hope sich mit unzufriedener Miene um. „Für meinen Geschmack gibt es hier zu viele Männer.“ Ihr Mann und ihre Söhne blickten sich beunruhigt an, als fragten sie sich, welche drastischen Maßnahmen Hope ergreifen wollte, um die Anzahl der männlichen Familienmitglieder zu reduzieren. „Eigentlich müsste ich sechs Schwiegertöchter haben. Ich habe jedoch noch keine einzige“, fuhr sie fort. „Ich hatte mich so sehr darauf gefreut, dass Justin Evie heiraten würde, aber …“ Sie seufzte und zuckte die Schultern.
Justin war ihr ältester Sohn. Man hatte ihn ihr unmittelbar nach der Geburt weggenommen, und erst im vergangenen Jahr hatten sie sich wiedergefunden. Bei seinem ersten Besuch in Neapel hatte er Evie mitgebracht, und es war offensichtlich, dass er sie liebte. Aber sie war auf mysteriöse Weise aus seinem Leben verschwunden. Jedenfalls war sie nicht mitgekommen, als er mit seinem Sohn Mark über Weihnachten hier gewesen war, und er hatte nicht darüber reden wollen.
Nachdem sich alle im Esszimmer versammelt hatten, betrachtete Hope ihre große Familie. Ihre Söhne wohnten in Neapel in eigenen Apartments, und es war ihr immer eine große Freude, wenn sie zum Essen in die Villa kamen.
„Primo, ich habe dich lange nicht gesehen“, begrüßte sie ihren Stiefsohn, den ihr erster Mann, ein Engländer, mit in die Ehe gebracht hatte. Primos leibliche Mutter war eine geborene Rinucci
gewesen, und er hatte nach dem Tod seines Vaters den Namen seiner italienischen Verwandten angenommen.
„So lange ist es noch nicht her, mama“, erwiderte er lächelnd.
„Warum musstest du die englische Firma überhaupt übernehmen? Du hattest doch gute
Geschäftsbeziehungen mit den Leuten.“
„Die Produktpalette von Curtis Electronics ergänzt unsere, deshalb habe ich mich zur Übernahme entschlossen. Nach anfänglichem Zögern hat sich Enrico schließlich meiner Meinung angeschlossen.“ Enrico Leonate war der alleinige Besitzer des Unternehmens gewesen, als Primo vor fünfzehn Jahren in die Firma eintrat. Er hatte rasch begriffen, worauf es ankam, und die Umsätze schon bald steigern können. Dann hatte es nicht mehr lange gedauert, bis er Teilhaber geworden war. Enrico war ein älterer Mann und hatte Primo, der sehr geschäftstüchtig war, gern die Zügel in die Hände gegeben.
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