2:0 für Oma
Lehne, sang mit rauher Stimme und dirigierte dazu mit der Suppenkelle. Die anderen tanzten rund um die Bank herum.
„Na wartet“, murmelte Jan, „ihr werdet bald nicht mehr tanzen und lachen!“
Sie beschlossen, die Italiener von möglichst vielen Seiten her anzugreifen. Frieder und Karoline wollten den Hügel von rückwärts ersteigen, sich durch den Wald bis dicht an die Bank heranschleichen, und Karoline würde dort wieder auf einen Baum klettern. Peter sollte sich auf die linke Seite des Hügels begeben und Brigitte auf die rechte. Wenn die vier an Ort und Stelle angekommen wären, würden sie als Signal wie Katzen miauen. Jan, der mit Rolf zusammen erst einmal bei der Weide bleiben würde, wollte dann mit einem „ Muuu “ das Zeichen zum Angriff geben. Wie würden die „Spaghettis“ staunen, wenn plötzlich von vorne, links, rechts, hinten und oben Geschosse auf sie herniederprasselten! Ihre Verwirrung ausnutzend, wollte man sich dann mit Kriegsgeschrei der Bank nähern und sie erobern.
Die Italienerkinder waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um die Bewegungen der feindlichen „Truppen“ zu beobachten. Bei dem vierfachen „Miau“ horchte Mario zwar kurz auf, glaubte aber, daß die Katzen vor den Baracken um ihr Mittagsbrot bettelten. Es schien alles ausgezeichnet zu klappen.
„ Muuu “, schrie Jan. Zwar klang es nicht nach Kuhgebrüll, doch ehe sich die Italienerkinder wundern konnten, ging ein Hagel von Geschossen auf sie hernieder.
„ Aiuto — Hilfe!“ schrie ein Junge und hielt sich den Kopf, ein Mädchen im roten Rock hüpfte auf einem Bein und rieb sich das Knie, und ein kleiner Junge fing sogar an zu weinen. Als mehr und mehr Kienäpfel und Eicheln herabregneten, stolperten die Winzigen den Hügel hinab, und trotz der Protestschreie von Maria folgten die Kleinen, die Mittleren und die Größeren und waren im Nu hinter den Baracken verschwunden. Nur Mario und Maria hielten noch die Stellung. Jan, Peter und Brigitte stürmten jetzt den Hügel hinauf. Frieder brach wie ein Elefant durch das Unterholz, und Karoline rutschte mit Windeseile vom Baum herab. Jan, Peter und Brigitte packten Mario und versuchten ihn vom Hügel zu werfen, genauso, wie man es vorhin mit Jan gemacht hatte. Frieder und Karoline wollten Maria von der Bank fortziehen. Sie klammerte sich eisern daran fest: „ Idioti , bestie !“ zischte sie.
Plötzlich ertönte ein Schrei, der so grell und klagend war, daß die Kämpfenden erschrocken stillhielten. Aber als sie merkten, daß von ihnen niemand geschrien hatte, wollten sie wieder weiterkämpfen.
Doch Brigitte drehte sich noch einmal um und ließ entsetzt Marios Arm los. „Jan“, rief sie, „sieh mal den Rolf an! Was ist mit Rolfi los?“
Sie lief den Hügel hinab, wo auf halber Höhe der kleine Junge im Gras zusammengesunken war, kreidebleich und mit Blut im blonden Haar. „Jan!“ schrie Brigitte grell. „Jan, komm schnell!“ Die Kämpfenden ließen voneinander ab, und bald umstanden alle, auch Mario und Maria, den kleinen, schlaff im Grase liegenden Körper mit dem kalkweißen Gesichtchen, der leise vor sich hin wimmerte.
„Rolf“, schluchzte Brigitte, „ Rolfi , was ist denn?“
Maria hatte sich niedergebeugt und versuchte mit einem schmutzigen Taschentuch das Blut zu stillen, das aus der Stirnwunde unter den blonden Locken sickerte.
„Laß das“, fuhr Jan sie an. Er drängte sie beiseite und nahm sein eigenes Taschentuch, das noch ein bißchen schmutziger war als das von Maria. Plötzlich aber stutzte er. „Was ist denn das?“ Er hob einen Stein auf, der neben dem in das Gras gefallenen zerdrückten Hut lag. Er sprang auf und schrie Mario und Maria an: „Also mit einem Stein hat einer aus eurer Bande geworfen. So gemein seid ihr — werft mit Steinen — so gemein!“ Ein dünnes Stimmchen unterbrach ihn: „Ich habe auch mit Steinen geworfen, weil die Kienäpfel alle waren!“ Rolf hatte sich aufgesetzt, immer noch blaß und mit Blut über der Stirn, aber mit weit offenen, stolz blitzenden Augen. Brigitte umarmte ihn glücklich.
Die kleinen und die winzigen Italiener waren jetzt neugierig hinter der Barackenecke hervorgekommen und umstanden Rolf ebenfalls. Mit einem Schwall von italienischen Worten redete Maria auf sie ein. Es klang wie das Knattern eines Maschinengewehres. Sie antworteten ebenso geschwind und gestikulierten und zeigten immer wieder auf Rolf. Maria wandte sich an Jan: „ Ecco — so, also: Deine feine Bruder hat
Weitere Kostenlose Bücher