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0628 - Die Geister vom Leichenbaum

0628 - Die Geister vom Leichenbaum

Titel: 0628 - Die Geister vom Leichenbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Wie der Orkan über das Land fegte, die Bäume dem Boden entgegenbog, mit ihnen machte, was er wollte und keine Rücksicht darauf nahm, ob sie nun zehn oder dreihundert Jahre alt waren.
    Er toste, er vernichtete und war nicht aufzuhalten. Halifax, ein abgebrühter Bursche, bekam es plötzlich mit der Angst zu tun. Okay, in den Tropen hatte er Tornados erlebt oder Hurrikane, aber das hier war schlimmer.
    Es konnte auch daran liegen, daß er sich allein auf weiter Flur befand und sein Fahrzeug über einen Weg preschte, der nicht mehr als ein alter Pfad war. Noch hatte er Glück, weil die Strecke nicht direkt in den Wald hineinführte. Was sich als langer Streifen an seiner linken Seite entlangzog und durch den Sturm in ein wildes Kulissenspiel geraten war, hatte früher einmal den Namen Wald verdient. Jetzt war es nur mehr eine wogende, tosende knatternde Masse, aus der sich ab und zu Teile lösten, die ihre Reise durch die Luft antraten und auch den daherschleifenden Lancia nicht verschonten.
    Bei jedem Schlag, den der Wagen mitbekam, verzog Halifax das Gesicht und keuchte einen Fluch.
    Er verfluchte sich, er verfluchte den gesamten Umstand der Reise, und er verfluchte das Wetter.
    An die Geräusche würde er sich nie gewöhnen können, weil sie ständig wechselten.
    Manchmal hatte er den Eindruck, von schreienden und heulenden Tieren umgeben zu sein, die an seinem Wagen zerrten und ihn aus der Spur bringen wollten.
    Dann wieder fuhr er hinein in das heftige Brausen aus dem tiefsten Höllenschlund, das seinen Lancia zu einem Spielball machte und das gleiche mit den Wolken tat, die der Wind über den Himmel jagte, als wollte er sie zerstören.
    Es war schon eine Hölle, durch die er fuhr, und er hätte viel Geld dafür gegeben, jetzt an einem sicheren Ort zu hocken, mit einer Flasche Rum oder Gin, einem Weib und einem breiten Bett.
    Das war nicht möglich. Er mußte weiter. Bis zum Landsitz seines Onkels waren es nocheinige Meilen.
    Der Sturm nahm zu.
    Halifax meinte, daß er sich nur auf ihn zu konzentrieren schien. Er räumte auch am Boden auf, denn er schleuderte gewaltige Staubfontänen in die Höhe, die vor dem Wagen tanzten und so aussahen wie gefährliche Windhosen.
    Die hätten ihm gerade noch gefehlt. In Florida hatte er gesehen, welche Verwüstungen Windhosen hinterlassen konnten.
    Windhosen entstanden dann zwar doch nicht, aber dieser Sturm peitschte und wühlte sich ebenfalls durch.
    Urplötzlich erwischte er den Wagen. Zuerst hatte sich der Fahrer ablenken lassen, weil an der linken Seite aus dem Wald ein gewaltiges Krachen erklang.
    Ein unsichtbarer Riese schien dort seine Axt zu schwingen und wahllos Bäume zu fällen.
    Da waren Kronen, die sich nicht nur dem Boden entgegenbeugten, nein, sie fielen auch.
    Krachend sprangen mächtige Stämme in der Mitte entzwei. Bäume wurden halbiert - und kippten!
    Halifax saß wie erstarrt, als er den gewaltigen Baum sah, der eine Drehung bekommen hatte und ihm praktisch entgegenfiel. Das Geäst erinnerte ihn an Arme, die erst umfingen, dann zerstörten.
    Halifax wollte sich in Sicherheit bringen. Er riß das Lenkrad nach rechts um Distanz zwischen sich und dem fallenden Baum zu bringen, aber der von rechts kommende Windstoß erwischte seinen Wagen und hob ihn kurz an.
    Dabei blieb es nicht, denn er schleuderte ihn in die entgegengesetzte Richtung, dem fallenden Baum entgegen.
    »Scheiße!« brüllte Halifax und tat das einzig richtige in seiner Lage. Er stieß die Tür auf, hechtete aus dem Fahrzeug, mitten hinein in den Sturm und konnte sich nicht halten, denn die Bö packte ihn, als wäre er nur ein Stück Papier.
    Sie schleuderte ihn hoch, drückte ihn zu Boden, wo er weiter um sich selbst rollte, dabei aber eine genügende Distanz zwischen sich und dem Lancia bekam.
    Das war sein Glück.
    Der Baum war auf den Wagen gefallen und hatte ihn zerdrückt wie eine Blechschachtel. Unter den gewaltigen Zweigen lag das Gebilde aus Blech, Glas, Reifen und Polstern.
    Halifax schaute nicht hin. Er wollte sich nur so schnell wie möglich aus der Gefahrenzone bringen.
    Laufend schaffte er das nicht. So mußte er auf dem Boden bleiben, dem Sturm so wenig Widerstand bieten wie möglich und sich wie ein Rekrut kriechend weiterbewegen.
    Der aufgewirbelte Staub hüllte ihn ein wie beißender Nebel. Er konnte nicht sehen, wohin er kroch, aber im Gegensatz zu vielen anderen Menschen besaß Halifax einen eisernen und gut trainierten Überlebenswillen, das hatte man ihm beigebracht.

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