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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wissen. Da kamen sie an die Stelle, wo ihr ihn ergriffen habt. Hat er sich gewehrt?“
    „Ja, doch nur mit den Händen; es hat ihm aber nichts gefruchtet.“
    „Durch diese Gegenwehr sind aber Spuren entstanden, welche seine Gefährten finden werden.“
    „Wir gaben uns Mühe, keine deutlichen Eindrücke zu machen!“
    „Pshaw! Und wenn niemand sie bemerkte, Old Shatterhand würde sie doch sehen! Nun sind sie gewarnt, und es wird uns wohl nicht möglich sein, sie zu fangen. Der böse Geist hat euch den schlechtesten Gedanken eingegeben, den es geben kann. Am liebsten möchte ich euch zur Strafe eure Medizinen nehmen! Was sollen wir nun tun?“
    Es war kurze Zeit nichts zu hören; wahrscheinlich dachte er nach. Ich befand mich jedenfalls ganz nahe bei dem Versteck der Roten; es konnten nur einige Sträucher zwischen mir und ihnen stehen. Wäre ich nur eine einzige Minute eher gekommen, so hätte ich die drei noch unterwegs getroffen und Dschafar befreien können!
    Da hörte ich die Stimme des Häuptlings wieder:
    „Ihr seht, daß niemand kommt. Old Shatterhand ist gewarnt. Wahrscheinlich wird er uns mit seinen Leuten entgehen, denn unter allen Füchsen, welche auf der Savanne umherstreichen, ist er der listigste. Dafür aber halten wir diesen Weißen hier um so fester; wenigstens er soll am Makik-Natun bei den Häuptlingsgräbern sterben! Jetzt müssen wir vor allen Dingen erfahren, wo die Bleichgesichter stecken.“
    „Soll ich gehen, sie zu suchen?“ fragte einer. „To-kei-chun mag es mir erlauben.“
    „Nein; ich gehe selbst. Meine roten Brüder mögen sehr vorsichtig sein und sehr aufpassen, während ich fort bin! Old Shatterhand wird auch Späher senden, um uns aufzusuchen; ja, er wird das wohl selbst tun. Wenn wir vorsichtig sind, läuft er uns dabei in die Hände. Also ich gehe jetzt und –“
    Mehr hörte ich nicht, denn ich durfte keinen Augenblick länger bleiben; ich mußte schleunigst fort, obgleich ich gern noch näher gekrochen wäre, weil ich bis jetzt zwar gehört, aber nichts gesehen hatte.
    Ich kalkulierte in folgender Weise: Der Häuptling wollte nach uns spähen; es fragte sich, welche Richtung er dabei einschlagen würde. Er hatte angenommen, daß auch ich mich auf die Suche machen würde, und mußte sich dieselbe Frage nach der Richtung vorlegen. Es war ganz selbstverständlich, daß ich nicht auf das Geratewohl suchen, sondern der Spur folgen würde, welche die drei Comanchen mit Dschafar gemacht hatten. Das mußte er sich sagen, und wenn er mich erwischen oder überhaupt uns entdecken wollte, so mußte auch er sich nach dieser Fährte richten. Es stand also mit voller Sicherheit zu erwarten, daß er grad da, wo ich lag, erscheinen werde. Ich wollte ihn festnehmen; aber da, wo ich jetzt lag, konnte dies nicht geschehen; es war zu nahe bei den Roten, die auf seinen Ruf ihm schnell zu Hilfe gekommen wären. Darum kehrte ich jetzt schnell so weit zurück, daß sie, wenn ich mit ihm zusammentraf, seinen Ruf nicht so leicht hören konnten.
    Nun lag ich still und wartete. Es vergingen fünf Minuten, zehn Minuten – er kam nicht. Sollte er doch eine andere Richtung eingeschlagen haben? Das war kaum zu denken. So ein alter erfahrener Krieger mußte doch genauso kalkulieren, wie ich berechnet hatte. Vielleicht stand er noch bei seinen Leuten, um ihnen über ihr Verhalten Befehle zu erteilen. Ich wartete also noch weitere fünf Minuten, und als er sich da noch immer nicht sehen ließ, wurde ich besorgt. Er hatte doch gesagt: „Ich gehe jetzt – – –“ und ich durfte nicht annehmen, daß er noch eine volle Viertelstunde stehengeblieben sei. Darum blieb ich nicht länger nutzlos auf der Lauer, sondern beeilte mich, zu meinen Gefährten zu kommen, die leider nicht mein volles Vertrauen besaßen. Wie leicht konnten sie sich, oder wenigstens einer von ihnen, zu irgendeiner neuen Dummheit verleiten lassen!
    Ja richtig! Wie gedacht, so geschehen! Als ich sie erreichte, sah ich, daß Jim fehlte.
    „Was ist denn das, Mr. Snuffle? Euer Bruder ist nicht da! Wo ist er hin?“ fragte ich Tim.
    „Fort“, antwortete er in seiner einsilbigen Weise.
    „Das sehe ich! Aber wohin denn?“
    „Zu den Roten. Will sehen, wo sie stecken.“
    „Wer hat ihm das befohlen?“
    „Niemand.“
    „Ja, niemand! Was seid ihr doch für Menschen! Es gibt eine Dummheit nach der anderen! Es durfte sich keiner entfernen; er hatte unbedingt hierzublieben!“
    „Wird wiederkommen!“
    „Das wäre ein Glück, auf

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