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20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

20 - Im Reiche des silbernen Löwen I

Titel: 20 - Im Reiche des silbernen Löwen I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Hazelstraits wirklich und ganz verlassen hatten. Es konnte sich ja auch um eine Kriegslist handeln, nämlich daß sie uns nur glauben machen wollten, sie seien fort, und uns wieder einen Hinterhalt legten. Ich nahm allerdings als sicher an, daß sie sofort den Rückweg nach dem Makik-Natun angetreten hatten; aber es war für alle Fälle besser, mir vollständige Gewißheit zu holen.
    Eben war ich, ihrer neuen Fährte folgend, hinaus an das Wasser gekommen, als ich den zweimaligen Ruf Jims „Mr. Shatterhand, Mr. Shatterhand!“ hörte. Da er so laut rief, mußte er überzeugt sein, von den Indianern nicht gehört zu werden; darum antwortete ich ebenso laut:
    „Was gibt es? Warum ruft Ihr mich?“
    „Ihr sucht vergeblich. Kommt schnell her, wenn Ihr etwas sehen wollt!“
    Ich folgte dieser Aufforderung, indem ich am Wasser hinuntereilte. Als Jim mich kommen sah, deutete er hinaus nach der offenen Ebene und sagte:
    „Sir, da draußen jagen sie. Sie haben die Flucht ergriffen. Ist das nicht jämmerlich feig von ihnen?“
    Ja, da draußen ritten sie so schnell, wie ihre Pferde sie tragen konnten, in genau nördlicher Richtung davon.
    „Feig ist es allerdings“, antwortete ich; „doch bezieht sich ihre Angst nur auf mein Repetiergewehr. Besäße ich dieses nicht, so würden sie sich ganz gewiß über uns hergemacht haben.“
    „Pshaw! Sie fürchten sich nicht bloß vor Eurem Stutzen, sondern vor uns überhaupt. Mit den beiden Snuffles bindet nicht gern ein Roter an, wenn er nicht grad dazu gezwungen ist. Ob sie wohl Mr. Dschafar mithaben?“
    „Natürlich!“
    „Das ist nicht so ganz natürlich, wie Ihr zu denken scheint. Sie können ihn auch umgebracht haben, um ihn nicht mit sich herumschleppen zu müssen.“
    „Sie haben ihn mit; ich weiß es gewiß.“
    „Well. Wenn Ihr es behauptet, wird es wohl so sein. Was aber tun wir? Wir müssen ihn doch retten?“
    „Allerdings.“
    „Also wollen wir ihnen nach?“
    „Ja.“
    „Wann? Gleich?“
    „Sogleich, nachdem unsere Pferde getrunken haben werden. Es wird wahrscheinlich bis morgen abend für sie kein Wasser geben.“
    „Das glaube ich nicht. Die Roten reiten grad nach Norden, und wenn ich mich nicht irre, stoßen sie dort auf den Cimaronefluß, an den wir ja auch kommen werden, wenn wir ihnen folgen. Dort gibt es Wasser.“
    „Wie Ihr das nur so wißt!“ lächelte ich.
    „Dazu gehört keine sehr große Klugheit, Sir. Die Pfiffigkeit wird erst morgen früh von uns verlangt.“
    „Warum?“
    „Weil die Roten es sich wieder einmal ausgerechnet haben, daß wir morgen ihre Spur nicht mehr sehen können. Sie werden es so machen, wie wir es gestern gemacht haben: sie reiten von jetzt an die Nacht hindurch, während wir beim Anbruch der Dunkelheit zu halten gezwungen sind. Dadurch bekommen sie Vorsprung, und wenn es morgen früh Tag wird, ist ihre Fährte für uns verschwunden. Mir ist um Mr. Dschafar bange.“
    „Mir nicht.“
    „So? Wie können wir ihn befreien, wenn wir nicht wissen, wohin sie mit ihm sind?“
    „Ich weiß, wohin sie wollen.“
    „Ah, wirklich? Wohin denn?“
    „Nach dem Makik-Natun zurück.“
    „Unmöglich.“
    „Warum unmöglich?“
    „Weil sie nordwärts reiten, während der ‚gelbe Berg‘ von hier aus genau im Osten liegt.“
    „Das ist doch grad ein Grund, mir recht zu geben!“
    „So? Erklärt mir das, Mr. Shatterhand! Wer nach rechts will, dem kann es doch nicht einfallen, nach links zu laufen!“
    „Unter Umständen, ja. Meint Ihr nicht, daß die Comanchen annehmen, daß wir ihnen folgen werden?“
    „Das tun sie sicher.“
    „Werden sie da so dumm sein, zu zeigen, wohin sie wollen?“
    „Ah, richtig! Sie haben die Absicht, uns irrezuführen.“
    „Gewiß. Ihr habt ganz richtig gesagt, daß ihre Fährte morgen nicht mehr zu finden sein wird; wenn wir uns täuschen ließen, würden wir dann immer weiter nordwärts reiten, und Mr. Dschafar wäre verloren und würde bei den Häuptlingsgräbern totgemartert.“
    „Beabsichtigen sie das also doch mit ihm?“
    „Ja.“
    „Ihr vermutet es?“
    „Nein, ich weiß es. Als Ihr den außerordentlich klugen Gedanken ausführtet, nach den Indsmen zu suchen, lag ich ganz in ihrer Nähe und belauschte sie. Da sagte der Häuptling, daß, wenn wir nicht auch ergriffen würden, doch wenigstens Mr. Dschafar nach dem ‚gelben Berge‘ geschafft und dort totgemartert werden solle.“
    „Wetter! Da müssen wir hin, sofort hin, um womöglich noch eher dort zu sein als sie. Denkt Ihr

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