2001 Himmelsfeuer
Sache auf sich beruhen zu lassen, schon um dem Klatsch nicht noch weiter Vorschub zu leisten.
»Und ich brauche
Sie
wohl nicht darauf hinzuweisen, Dr. Carter«, sagte er zu Sam, »dass ich hier bin, um sicherzustellen, dass Sie Ihre Schändung auf ein Minimum beschränken, und dass ich, sobald die MLD feststehen, Sie und Ihre Mitgrabräuber persönlich und mit besonderer Freude von diesem Gelände begleiten werde.«
Als sie seinen Abgang beobachteten, bohrte Sam die Hände in die Taschen und brummte: »Dieser Kerl ist wirklich nicht mein Fall.«
»Dann tun Sie wohl gut daran«, meinte Erica, »mich in dieses Projekt nicht einzubinden. Denn das würde bei Jared Black das Fass zum Überlaufen bringen.«
Sam sah sie an und bemerkte den Anflug eines Lächelns um ihre Mundwinkel. »Sie wollen diesen Job unbedingt, wie?«
»War ich zu ironisch?«
»Also gut«, sagte er und rieb sich den Nacken. »Eigentlich bin ich dagegen, aber ich denke doch, dass Gaviota ein anderer übernehmen kann.«
»Sam!« Sie konnte nicht anders, als ihm um den Hals zu fallen. »Sie werden es nicht bereuen, Ehrenwort!« Und dann packte sie ihren Assistenten am Arm, schlug ihm dadurch die angeknabberte Bärentatze aus der Hand und sagte: »Luke, an die Arbeit!«
»Es überrascht mich, dass Sam Carter Sie mit diesem Projekt betraut hat, Dr. Tyler«, sagte Jared Black kühl, als sie sich oben auf der Klippe einfanden.
»Ich verstehe einiges von Felsmalerei.«
»Wenn ich mich recht erinnere, auch von chinesischen Schiffswracks.«
Noch ehe Erica antworten konnte, fuhr er fort: »Ich gehe davon aus, dass Sie sich mit der jüngsten Ergänzung des Native American Graves Protection and Repatriation Act vertraut gemacht haben, der zufolge die Entnahme und Analyse von historischen Artefakten zu wissenschaftlichen Zwecken zwar gutgeheißen wird, mit besagten Analysen aber
keine Beschädigung
einhergehen darf und …«
Sie blieb betont ruhig, gerade wegen seines überheblichen Tons und weil sie wusste, dass er es auf eine Konfrontation mit ihr anlegte. Allein schon seine Unterstellungen ärgerten sie. Jared Black wusste genau, dass Erica in dem Ruf stand, im Umgang mit Artefakten so vorsichtig zu sein wie kaum ein anderer Anthropologe und dass bei
allen
ihren Untersuchungen von Zerstörung nicht die Rede gewesen sein konnte.
Sie unterdrückte ihren Zorn. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als Jared zuzugestehen, jeden Schritt ihrer Arbeit zu überwachen. Wenn es Ericas Job war zu bestimmen, zu welchem Stamm die Knochen und die Höhlenmalerei gehörten, war es Jareds Aufgabe, die MLD – die höchstwahrscheinlichen Nachkommen – zu eruieren und ihnen auszuhändigen, was immer Erica fand.
Sie spürte Jareds Blick auf sich ruhen und fragte sich, ob er noch wusste, wie sie sich kennen gelernt hatten. Das war im Bezirksgericht gewesen, als Erica zum ersten Mal im Fall Reddman aussagen sollte. Sie und Black waren sich noch nie begegnet; sie waren zwei Fremde, die sich den Lift teilten. Beim ersten Halt stieg eine schwangere Frau zu, beim zweiten eine Frau mit einem etwa fünfjährigen Jungen. Als sich der Aufzug wieder in Bewegung setzte, starrte der kleine Junge mit großen Augen die Schwangere an. Sie bemerkte seine Neugier und sagte nachsichtig: »Ich erwarte ein Baby. Ein kleines Mädchen oder einen kleinen Jungen wie dich.« Der Junge dachte angestrengt nach und fragte dann: »Meinst du, du könntest es dann später gegen ein Pony eintauschen?« Worauf die Schwangere begütigend lächelte und die Mutter des Jungen einen roten Kopf bekam. Beim nächsten Halt stiegen die drei aus, und nachdem sich die Türen wieder geschlossen hatten, prusteten Erica und der Fremde los. Erica erinnerte sich, dass sie seine ausgeprägten Grübchen wahrgenommen hatte und dass er unverschämt gut aussah. Er wiederum hatte sie mit einem bewundernden Blick bedacht. Dann hatten sich die Türen geöffnet, und sie waren begrüßt worden. Als sie hörte, dass er mit »Mr. Black« angesprochen wurde, war sie wie angewurzelt stehen geblieben. Und als der Anwalt für das Reddman-Anwesen sie Erica nannte, war auch Jared jählings versteinert. Sie hatten sich angestarrt, im selben Augenblick die peinliche Situation erkannt. Sie waren Feinde, Generäle in gegnerischen Kriegslagern. Dennoch hatten sie unabsichtlich ihren Spaß zusammen gehabt, hatten gemeinsam gelacht, sogar ein bisschen geflirtet.
Es erschreckte Erica, verunsicherte sie, wenn sie daran dachte, dass
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