2011 - komplett
würde zügeln können, wurde vollkommen durch Addies glühendes Entgegenkommen zunichte gemacht. Auch sie strich ihm über das Haar, presste die vollen Brüste fest an ihn und umklammerte seine Schultern, als wolle sie ihn nie wieder loslassen.
Wieder und wieder küsste er sie, und jeder Kuss drückte all die Liebe und das Verlangen, die Enttäuschung und Leidenschaft aus, die sich in zehn langen Jahren in ihm angestaut hatten. Er konnte nicht genug von ihr bekommen. Ungeduldig zerrte er an dem Gürtel ihres Morgenrocks und fuhr mit beiden Händen unter den Stoff.
Mit einer Hand streichelte er ihren Rücken, mit der anderen öffnete er gleichzeitig die winzigen Perlmuttknöpfe an ihrem Nachtkleid. Er küsste ihren Hals an der Stelle, wo ihr Puls heftig pochte, und ließ die Lippen tiefer gleiten zum Ausschnitt ihres Nachthemds. Schließlich schloss er die Lippen um eine der Brustspitzen, die sich deutlich unter dem dünnen Stoff abzeichneten.
Addie schnappte hörbar nach Luft und stöhnte dann leise auf. „Sebastian ...“
Ihre Stimme riss ihn ein wenig aus seiner lustvollen Versunkenheit. Und plötzlich fielen ihm die Worte ein, die sie vorhin zu ihrer Schwester gesagt hatte: Ich werde alles tun, um dich glücklich zu machen, Schätzchen .
Teufel noch mal! Die Erinnerung wirkte auf ihn wie ein Schlag ins Gesicht, und er erstarrte. Ganz offensichtlich war Addie wirklich bereit, alles zu tun, um ihrer Schwester zu helfen – selbst wenn es hieß, ihn mitten in der Nacht aufzusuchen und mit diesem Kuss zu verwirren. All das in der Hoffnung, ihn von der Tatsache abzulenken, dass seine Verlobte in seinen eigenen Bruder verliebt war.
Eine Welle der Wut und Verachtung drohte ihn zu überwältigen. Wut auf Addie, weil sie ihn voller Leidenschaft geküsst hatte, obwohl sie seinen Bruder liebte. Und auf sich, weil er es zugelassen hatte.
Er atmete tief ein und stieß sie entschlossen von sich. Noch nie war ihm etwas so schwergefallen. Lieber Himmel, sie sah so wunderschön aus! Erregt, mit geröteten Wangen, zerzausten Locken und flehenden Augen. Trotz seines Zorns konnte er sich nur mit Mühe zurückhalten, sie wieder in die Arme zu reißen und sich zu nehmen, was sie ihm anbot – aus welchem Grund auch immer. Seine Schwäche machte ihn noch wütender. Abrupt wandte er sich von ihr ab und brachte sicheren Abstand zwischen sie beide.
Schwer atmend stützte Addie sich an der Wand ab, da die Beine unter ihr nachzugeben drohten. Als sie den geringschätzigen Ausdruck auf Sebastians Gesicht bemerkte, setzte ihr Herz einen Schlag aus. Noch nie hatte er sie so kühl und verächtlich angesehen. Tiefe Demütigung schnürte ihr die Kehle zu.
Was hatte sie nur getan! Sie war doch lediglich gekommen, um wegen Grace mit ihm zu sprechen, aber kaum hatte sie ihn gesehen, war sie von der Sehnsucht, die sie all die Jahre unterdrückt hatte, überwältigt worden. Sie hatte an ihren Traum gedacht und den rosafarbenen Engel der gegenwärtigen Weihnacht – und seine Worte: ... ist jene Frau verloren, die zu lange zögert .
Also hatte Addie in dem Moment beschlossen, nicht länger zu zögern, und sich dem Mann, den sie liebte, seit sie denken konnte, an den Hals geworfen.
Doch die beschämende Wirklichkeit hatte sie eingeholt. Sie war nicht besser gewesen als eine gewöhnliche Dirne. Der Kuss hatte ihre Sinne und eine verzweifelte Sehnsucht in ihr geweckt, die sie jetzt erröten ließ. Lieber Himmel, sie hatte Sebastian ja fast angefleht, nicht aufzuhören. Was sie allerdings besonders demütigte, war die Art, wie er sie zurückgewiesen hatte – als hätte er sich an ihr verbrannt. Sein Blick machte ihr nur allzu deutlich, dass die Leidenschaft bloß einseitig gewesen war. Sie musste ein für alle Mal alle Hoffnung begraben, sie könne je wieder in seinen Armen liegen.
Sie hatte nicht gezögert, und dennoch war sie verloren.
Jetzt wünschte sie nur, sie könnte im Erdboden versinken, und versuchte vergebens, ihr Nachtkleid zuzuknöpfen. Doch ihre Finger zitterten zu sehr. Ihre Halskette hatte sich an einem der Knöpfe verfangen, und sie schob sie achtlos in den Ausschnitt.
„Entschuldige“, flüsterte sie bebend. Unfähig, ihm in die Augen zu sehen, fügte sie hinzu: „Ich muss gehen.“ Dann floh sie aus dem Raum und konnte die Tränen nur mühsam zurückhalten, bis sie die Tür zu ihrem Zimmer hinter sich geschlossen hatte.
10. KAPITEL
Addie saß in der Bahnstation von Buntingford und nahm den Blick keinen Moment von der
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