2012 - Die Prophezeiung - Alten, S: 2012 - Die Prophezeiung - Phobos
Snack-Buchten mit offenen Büfetts.
Für Gäste, die es gerne etwas ruhiger haben, gibt es »intelligente Liegestühle«, die um eine Lagune herum aufgestellt wurden, sowie abgeschiedene Bereiche, zu denen nur Erwachsene Zutritt haben. Die Liegestühle schweben zwanzig Zentimeter über einem gitterförmigen Boden, der ein magnetisches Levitationskissen (Maglev) erzeugt; sie sind nicht nur luxuriös, sondern verhindern auch, dass der Passagier seekrank wird. Rollen und Roboterfinger innerhalb des Mikrofasermaterials der Stühle bieten alles – von einem sanften Kneten bis zu einer Shiatsu-Tiefenmassage. Wenn man den »Körperspritzer« des Liegestuhls bedient, kann man sich mit einer Wolke aus reinem Wasser abkühlen, dem sich gegen einen kleinen Aufpreis ein vitaminreiches Pflegemittel zusetzen lässt. (Sonnenschutzcremes sind überflüssig, seit ein Jahrzehnt zuvor das sogenannte »Body Dipping« entwickelt wurde, das Hautschäden durch Sonneneinstrahlung verhindert.)
Für die 2400 Passagiere an Bord der Paradise Lost ist die achttägige Kreuzfahrt von Fort Lauderdale zu den Bermudas kein verlorenes, sondern ein wiedergefundenes Paradies.
Die Privatdecks um die Delfinlagune sind bis auf den letzten Platz belegt. Fünfhundert Passagiere räkeln sich auf den Liegestühlen, nicken ein und kommen wieder zu sich, während sie darauf warten, zur ersten Mahlzeit des Abends gerufen zu werden.
Jennifer Ventrice liegt auf dem Rücken, den Kopf der Abendsonne zugewandt. Ihr Liegestuhl befindet sich zwischen der Steuerbordreling und dem träge vorbeiströmenden Fluss. Die Dreiundsiebzigjährige, die aus
Brooklyn stammt, sieht sich einen Opti-Vision-Film an, der auf das Innere ihrer an den Seiten geschlossenen Smart-Brille projiziert wird. Trotz des alle Sinne ansprechenden Komforts ist Jennifer nervös. Es ist jetzt vierzehn Jahre her, dass sie und ihr Ehemann gezwungen waren, aus den Vereinigten Staaten zu fliehen, und obwohl ihr Pass und ein in ihren Körper implantierter Smart-Chip ihre neue Identität bestätigen, weiß sie, dass die Feinde ihres Mannes großen Einfluss und andere, weniger konventionelle Mittel haben, um sie beide aufzuspüren.
Entspann dich, Eve. Du hast es bereits problemlos durch die internationalen Checkpoints in London und Miami geschafft. Die Sicherheitskontrollen auf den Bermudas sollten eigentlich kein …
Nein! Sie kneift die Augen zusammen, und die Bewegung, mit der sie sich heftig zur Ordnung ruft, sorgt dafür, dass der Film unterbrochen wird. Ich heiße Jennifer, nicht Eve. Jennifer … Jennifer!
Sie schaltet den Film aus und ist für einen Augenblick vom Sonnenlicht geblendet, das vom Ozean reflektiert wird, bevor die Smart-Linsen die Tönung neu eingestellt haben. Das war ganz allein Daves Schuld. Warum hatte er ihr nicht erlaubt, in ihrer neuen Identität auch weiterhin ihren wirklichen Vornamen zu benutzen? Hatte er denn nicht begriffen, wie schwierig es für sie war, wenn sie – sobald sie an sich selbst dachte – sich etwas anderes als den Namen »Eve« vorstellen musste?
Zum tausendsten Mal denkt sie an das entscheidende Datum zurück, an den 25. November 2033, als Evelyn Mohr aufgehört hatte zu existieren – an jenen Tag, als
Lilith Mabus ihren Mann und alle, die ihnen beiden nahestanden, ins Exil gezwungen hatte. Die energische Witwe des Milliardärs Lucian Mabus war damals erst zwanzig Jahre alt gewesen und hatte sich schnell und entschlossen zur Vorstandsvorsitzenden von Mabus Tech Industries und dessen weltraumtouristischem Projekt gemacht – des Projekts HOPE. Innerhalb weniger Monate hatte Lilith ihren neu gewonnenen Einfluss in Washington ausgenutzt und Präsident John Zwawa dazu gebracht, ihrem Konzern die Kontrolle über Golden Fleece zu sichern, eines Geheimprojekts der NASA, das von Evelyns Mann Dave geleitet worden war.
Was Lilith Mabus in Wahrheit suchte, war der Zugang zu Nullpunktenergie, einem Warp-Antriebssystem, das von dem außerirdischen Raumschiff benutzt worden war, das man im Jahr 2013 geborgen hatte. Lilith hoffte, diese Technologie für ihre Shuttles nutzen zu können, die zur Marskolonie flogen.
Doch stattdessen hatte sie ihren lange verloren geglaubten Seelengefährten Jacob Gabriel gefunden.
Jacob und sein Zwillingsbruder Immanuel hatten vor einigen Jahren ihren angeblichen Tod öffentlich inszeniert. Doch zuvor hatte Jacob, berauscht von Liliths Pheromonen, jenen einen Akt begangen, vor dem ihn sein Vater ausdrücklich gewarnt hatte: Er
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